wohl vermuten, daß sie, wegen des änlichen Baues, vie- les unter einander gemein haben, und daß der Unter- scheid auf das häufige Oel der Galle und dem faulen, aus dem Gedärme eingesognen Dunste ankomme, indem diese beide Säfte zusammengenommen durch ihr Still- stehen bitter werden. Bei dem Saamen befindet sich weniger Oel und mehr zähes, so wie zu selbigem weit mehr Verweilungsmaschinen zusammenkommen; indessen enthält er auch mehr subtile Stoffe, weil die ersten Aus- wurfsgänge an sich enger sind.
Bei dem Geschlechte der gallerartigen Säfte ist die Einfachheit so gros, daß blos, Kraft der Verengerung der fürs Blut offenstehenden Mündungen, statt des Blutes, Flieswasser hindurchgeht, wie man an dem Wo- chenflusse (lochia) und an den Wunden ein Exempel hat (s); oder es lässet auch die blosse Erweiterung der fürs Eiweis bestimmten Schweislöcher, bald Blut, bald, nach den anatomischen Versuchen, Fett durch, wie davon der oft rotgefärbte Dunst in der Brust, im Herzbeu- tel, in den Gehirnkammern und so gar in den Flieswas- sergefässen, welche sich oft genung mit einer roten Flüs- sigkeit beladen, ein Exempel davon gibt.
§. 27. Ein Beispiel an der wäßrigen Flüßigkeit.
Erwägt man dagegen die Absonderung in den Nie- ren, oder der wäßrigen Flüßigkeit im Auge, so wird man finden, daß in der Niere die gröste Schlagader, und folglich eine häufige und geschwinde Absonderung vorkomme. 2. Daß die Aeste der Schlagader gewun- den sind, um die Geschwindigkeit des Blutes in etwas zu vermindern und vielleicht einige Theilchen zurükke zu weisen, welche in gedachten Windungen sich verspäten,
und
(s) 4. Buch.
Siebendes Buch. Die Urſachen
wohl vermuten, daß ſie, wegen des aͤnlichen Baues, vie- les unter einander gemein haben, und daß der Unter- ſcheid auf das haͤufige Oel der Galle und dem faulen, aus dem Gedaͤrme eingeſognen Dunſte ankomme, indem dieſe beide Saͤfte zuſammengenommen durch ihr Still- ſtehen bitter werden. Bei dem Saamen befindet ſich weniger Oel und mehr zaͤhes, ſo wie zu ſelbigem weit mehr Verweilungsmaſchinen zuſammenkommen; indeſſen enthaͤlt er auch mehr ſubtile Stoffe, weil die erſten Aus- wurfsgaͤnge an ſich enger ſind.
Bei dem Geſchlechte der gallerartigen Saͤfte iſt die Einfachheit ſo gros, daß blos, Kraft der Verengerung der fuͤrs Blut offenſtehenden Muͤndungen, ſtatt des Blutes, Flieswaſſer hindurchgeht, wie man an dem Wo- chenfluſſe (lochia) und an den Wunden ein Exempel hat (s); oder es laͤſſet auch die bloſſe Erweiterung der fuͤrs Eiweis beſtimmten Schweisloͤcher, bald Blut, bald, nach den anatomiſchen Verſuchen, Fett durch, wie davon der oft rotgefaͤrbte Dunſt in der Bruſt, im Herzbeu- tel, in den Gehirnkammern und ſo gar in den Flieswaſ- ſergefaͤſſen, welche ſich oft genung mit einer roten Fluͤſ- ſigkeit beladen, ein Exempel davon gibt.
§. 27. Ein Beiſpiel an der waͤßrigen Fluͤßigkeit.
Erwaͤgt man dagegen die Abſonderung in den Nie- ren, oder der waͤßrigen Fluͤßigkeit im Auge, ſo wird man finden, daß in der Niere die groͤſte Schlagader, und folglich eine haͤufige und geſchwinde Abſonderung vorkomme. 2. Daß die Aeſte der Schlagader gewun- den ſind, um die Geſchwindigkeit des Blutes in etwas zu vermindern und vielleicht einige Theilchen zuruͤkke zu weiſen, welche in gedachten Windungen ſich verſpaͤten,
und
(s) 4. Buch.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0780"n="760"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Siebendes Buch. Die Urſachen</hi></fw><lb/>
wohl vermuten, daß ſie, wegen des aͤnlichen Baues, vie-<lb/>
les unter einander gemein haben, und daß der Unter-<lb/>ſcheid auf das haͤufige Oel der Galle und dem faulen,<lb/>
aus dem Gedaͤrme eingeſognen Dunſte ankomme, indem<lb/>
dieſe beide Saͤfte zuſammengenommen durch ihr Still-<lb/>ſtehen bitter werden. Bei dem Saamen befindet ſich<lb/>
weniger Oel und mehr zaͤhes, ſo wie zu ſelbigem weit<lb/>
mehr Verweilungsmaſchinen zuſammenkommen; indeſſen<lb/>
enthaͤlt er auch mehr ſubtile Stoffe, weil die erſten Aus-<lb/>
wurfsgaͤnge an ſich enger ſind.</p><lb/><p>Bei dem Geſchlechte der gallerartigen Saͤfte iſt die<lb/>
Einfachheit ſo gros, daß blos, Kraft der Verengerung<lb/>
der fuͤrs Blut offenſtehenden Muͤndungen, ſtatt des<lb/>
Blutes, Flieswaſſer hindurchgeht, wie man an dem Wo-<lb/>
chenfluſſe (<hirendition="#aq">lochia</hi>) und an den Wunden ein Exempel<lb/>
hat <noteplace="foot"n="(s)">4. Buch.</note>; oder es laͤſſet auch die bloſſe Erweiterung der<lb/>
fuͤrs Eiweis beſtimmten Schweisloͤcher, bald Blut, bald,<lb/>
nach den anatomiſchen Verſuchen, Fett durch, wie davon<lb/>
der oft rotgefaͤrbte Dunſt in der Bruſt, im Herzbeu-<lb/>
tel, in den Gehirnkammern und ſo gar in den Flieswaſ-<lb/>ſergefaͤſſen, welche ſich oft genung mit einer roten Fluͤſ-<lb/>ſigkeit beladen, ein Exempel davon gibt.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 27.<lb/>
Ein Beiſpiel an der waͤßrigen Fluͤßigkeit.</head><lb/><p>Erwaͤgt man dagegen die Abſonderung in den Nie-<lb/>
ren, oder der waͤßrigen Fluͤßigkeit im Auge, ſo wird<lb/>
man finden, daß in der Niere die groͤſte Schlagader,<lb/>
und folglich eine haͤufige und geſchwinde Abſonderung<lb/>
vorkomme. 2. Daß die Aeſte der Schlagader gewun-<lb/>
den ſind, um die Geſchwindigkeit des Blutes in etwas<lb/>
zu vermindern und vielleicht einige Theilchen zuruͤkke zu<lb/>
weiſen, welche in gedachten Windungen ſich verſpaͤten,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">und</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[760/0780]
Siebendes Buch. Die Urſachen
wohl vermuten, daß ſie, wegen des aͤnlichen Baues, vie-
les unter einander gemein haben, und daß der Unter-
ſcheid auf das haͤufige Oel der Galle und dem faulen,
aus dem Gedaͤrme eingeſognen Dunſte ankomme, indem
dieſe beide Saͤfte zuſammengenommen durch ihr Still-
ſtehen bitter werden. Bei dem Saamen befindet ſich
weniger Oel und mehr zaͤhes, ſo wie zu ſelbigem weit
mehr Verweilungsmaſchinen zuſammenkommen; indeſſen
enthaͤlt er auch mehr ſubtile Stoffe, weil die erſten Aus-
wurfsgaͤnge an ſich enger ſind.
Bei dem Geſchlechte der gallerartigen Saͤfte iſt die
Einfachheit ſo gros, daß blos, Kraft der Verengerung
der fuͤrs Blut offenſtehenden Muͤndungen, ſtatt des
Blutes, Flieswaſſer hindurchgeht, wie man an dem Wo-
chenfluſſe (lochia) und an den Wunden ein Exempel
hat (s); oder es laͤſſet auch die bloſſe Erweiterung der
fuͤrs Eiweis beſtimmten Schweisloͤcher, bald Blut, bald,
nach den anatomiſchen Verſuchen, Fett durch, wie davon
der oft rotgefaͤrbte Dunſt in der Bruſt, im Herzbeu-
tel, in den Gehirnkammern und ſo gar in den Flieswaſ-
ſergefaͤſſen, welche ſich oft genung mit einer roten Fluͤſ-
ſigkeit beladen, ein Exempel davon gibt.
§. 27.
Ein Beiſpiel an der waͤßrigen Fluͤßigkeit.
Erwaͤgt man dagegen die Abſonderung in den Nie-
ren, oder der waͤßrigen Fluͤßigkeit im Auge, ſo wird
man finden, daß in der Niere die groͤſte Schlagader,
und folglich eine haͤufige und geſchwinde Abſonderung
vorkomme. 2. Daß die Aeſte der Schlagader gewun-
den ſind, um die Geſchwindigkeit des Blutes in etwas
zu vermindern und vielleicht einige Theilchen zuruͤkke zu
weiſen, welche in gedachten Windungen ſich verſpaͤten,
und
(s) 4. Buch.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 760. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/780>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.