Es entsteht nämlich eine grössere Geschwindigkeit, wenn der Kanal gerade ist: kleiner wird sie, wofern der- selbe gebogen ist (b). Es findet sich zwischen den Win- keln, welche Aeste mit ihren Stämmen machen, ein Unterscheid, und es teilen kleine Winkel (c) ihrem Flüssi- gen eine grössre, grosse, eine kleinere Geschwindigkeit mit. Es äussert aber sowol eine grössre, als eine klei- nere Geschwindigkeit ihre Wirkung in der Aenderung der Saftabsonderung (d). Jn den verschiednen Schlaga- dernezzen des menschlichen Körpers herrschen bald gerade, bald gebogne Kanäle; die meisten haben spizzige, aber einige auch rechte Winkel. Folglich schienen sie aus eben dieser Verschiedenheit folgern zu können, daß das Blut in einigen Theilen des Körpers denen Scheidungs- gefässen schneller, andern träger zuflissen müsse, und dies sey der Quell von allen Erfolgen und von allen verschied- nen abgesonderten Säften, so wie wir gezeigt haben, daß diese Verschiedenheit von der Geschwindigkeit und Trägheit ihren Ursprung her hat. Sie vermuten aber auch noch, daß die verschiedne Grösse der Schlagadern, auf die Verschiedenheit der Nezze und die ungleiche Na- tur der übrigen Eigenschaften einen grossen Einflus ha- be, und daß daraus Säfte von verschiednen Arten ent- stünden.
Um nun die Sache stükkweise durchzugehen, so lau- fen gerade Schlagäderchen durch die Aderhaut des Au- ges (e). Gerade sind die, welche in der Milz (f) durch Ruyschens Handgriffe bekannt geworden: gerade sind die, welche sich aus der dünnen Gehirnhaut (g) in die
graue
(b)[Spaltenumbruch]
6. Buch. 1. Abschn. §. 19.
(c) Ebendas. §. 21.
(d) 7. Buch. 3. Abschn. §. 4.
(e)Jcon. anat. fascic. VII. tab. arter. oculi. f. 4.
(f)ruysch Epist. T. IV. f. 4. [Spaltenumbruch]
Thes. II. t. 6. f. 5. Thes. VII. T. I. f. 1.
(g) Ebenders. Epist. XII. t. 14. f. 13. Thes. VI. prodrom. f. 6. albin adnotat. L. I. T. II. f. 5.
v. Hall. Phis.II.Th. X x
der Verſchiedenheit der Saͤfte.
Es entſteht naͤmlich eine groͤſſere Geſchwindigkeit, wenn der Kanal gerade iſt: kleiner wird ſie, wofern der- ſelbe gebogen iſt (b). Es findet ſich zwiſchen den Win- keln, welche Aeſte mit ihren Staͤmmen machen, ein Unterſcheid, und es teilen kleine Winkel (c) ihrem Fluͤſſi- gen eine groͤſſre, groſſe, eine kleinere Geſchwindigkeit mit. Es aͤuſſert aber ſowol eine groͤſſre, als eine klei- nere Geſchwindigkeit ihre Wirkung in der Aenderung der Saftabſonderung (d). Jn den verſchiednen Schlaga- dernezzen des menſchlichen Koͤrpers herrſchen bald gerade, bald gebogne Kanaͤle; die meiſten haben ſpizzige, aber einige auch rechte Winkel. Folglich ſchienen ſie aus eben dieſer Verſchiedenheit folgern zu koͤnnen, daß das Blut in einigen Theilen des Koͤrpers denen Scheidungs- gefaͤſſen ſchneller, andern traͤger zufliſſen muͤſſe, und dies ſey der Quell von allen Erfolgen und von allen verſchied- nen abgeſonderten Saͤften, ſo wie wir gezeigt haben, daß dieſe Verſchiedenheit von der Geſchwindigkeit und Traͤgheit ihren Urſprung her hat. Sie vermuten aber auch noch, daß die verſchiedne Groͤſſe der Schlagadern, auf die Verſchiedenheit der Nezze und die ungleiche Na- tur der uͤbrigen Eigenſchaften einen groſſen Einflus ha- be, und daß daraus Saͤfte von verſchiednen Arten ent- ſtuͤnden.
Um nun die Sache ſtuͤkkweiſe durchzugehen, ſo lau- fen gerade Schlagaͤderchen durch die Aderhaut des Au- ges (e). Gerade ſind die, welche in der Milz (f) durch Ruyſchens Handgriffe bekannt geworden: gerade ſind die, welche ſich aus der duͤnnen Gehirnhaut (g) in die
graue
(b)[Spaltenumbruch]
6. Buch. 1. Abſchn. §. 19.
(c) Ebendaſ. §. 21.
(d) 7. Buch. 3. Abſchn. §. 4.
(e)Jcon. anat. faſcic. VII. tab. arter. oculi. f. 4.
(f)ruyſch Epiſt. T. IV. f. 4. [Spaltenumbruch]
Theſ. II. t. 6. f. 5. Theſ. VII. T. I. f. 1.
(g) Ebenderſ. Epiſt. XII. t. 14. f. 13. Theſ. VI. prodrom. f. 6. albin adnotat. L. I. T. II. f. 5.
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der Verſchiedenheit der Saͤfte.
Es entſteht naͤmlich eine groͤſſere Geſchwindigkeit,
wenn der Kanal gerade iſt: kleiner wird ſie, wofern der-
ſelbe gebogen iſt (b). Es findet ſich zwiſchen den Win-
keln, welche Aeſte mit ihren Staͤmmen machen, ein
Unterſcheid, und es teilen kleine Winkel (c) ihrem Fluͤſſi-
gen eine groͤſſre, groſſe, eine kleinere Geſchwindigkeit
mit. Es aͤuſſert aber ſowol eine groͤſſre, als eine klei-
nere Geſchwindigkeit ihre Wirkung in der Aenderung der
Saftabſonderung (d). Jn den verſchiednen Schlaga-
dernezzen des menſchlichen Koͤrpers herrſchen bald gerade,
bald gebogne Kanaͤle; die meiſten haben ſpizzige, aber
einige auch rechte Winkel. Folglich ſchienen ſie aus
eben dieſer Verſchiedenheit folgern zu koͤnnen, daß das
Blut in einigen Theilen des Koͤrpers denen Scheidungs-
gefaͤſſen ſchneller, andern traͤger zufliſſen muͤſſe, und dies
ſey der Quell von allen Erfolgen und von allen verſchied-
nen abgeſonderten Saͤften, ſo wie wir gezeigt haben,
daß dieſe Verſchiedenheit von der Geſchwindigkeit und
Traͤgheit ihren Urſprung her hat. Sie vermuten aber
auch noch, daß die verſchiedne Groͤſſe der Schlagadern,
auf die Verſchiedenheit der Nezze und die ungleiche Na-
tur der uͤbrigen Eigenſchaften einen groſſen Einflus ha-
be, und daß daraus Saͤfte von verſchiednen Arten ent-
ſtuͤnden.
Um nun die Sache ſtuͤkkweiſe durchzugehen, ſo lau-
fen gerade Schlagaͤderchen durch die Aderhaut des Au-
ges (e). Gerade ſind die, welche in der Milz (f) durch
Ruyſchens Handgriffe bekannt geworden: gerade ſind
die, welche ſich aus der duͤnnen Gehirnhaut (g) in die
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(b)
6. Buch. 1. Abſchn. §. 19.
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(d) 7. Buch. 3. Abſchn. §. 4.
(e) Jcon. anat. faſcic. VII. tab.
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(f) ruyſch Epiſt. T. IV. f. 4.
Theſ. II. t. 6. f. 5. Theſ. VII. T. I.
f. 1.
(g) Ebenderſ. Epiſt. XII. t. 14.
f. 13. Theſ. VI. prodrom. f. 6.
albin adnotat. L. I. T. II. f. 5.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 689. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/709>, abgerufen am 22.11.2024.
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