Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite
der Verschiedenheit der Säfte.

Die Trägheit wird alle dikke Stoffe zurükkeweisen,
und nur reine Säfte hervorbringen, weil nunmehr die
dikken Materien von den kleinen Mündungen ausge-
schlossen werden. Nachdem ein dikker, schwerer Harn
vorangegangen, so wird nunmehr, wenn das Blut wie-
der natürlich langsam flisset, wieder ein zitronenfarbner
und wäßriger Urin abgesondert werden. Auf das Mo-
natsblut folget, sobald die treibende Gewalt nachläst,
ein gewönlicher Schleim aus der Mutter. Wir nennen
aber reine Säfte, wenn sie gleichartig sind. Und diese
werden auf vielfache Weise von einer trägen Absonde-
rung unterstüzt.

Es ist eine bekannte Sache, daß sich gleichartige
Säfte einander anziehen, und daß sie Theilchen von ent-
gegengesezzter Art zurükke stossen. Wenn man Wasser,
Schleim und Fett vermischt, so sondern sie sich schon
durch die blosse Ruhe ab, und es sammlen sich alle zä-
hen Stoffe zum Schleime, die öligen zum Fette (h),
die wässrigen zum Wasser. Jn Kügelchen versammelt
sich nicht nur ein zähes Fett oder Oel, sondern auch das
höchst flüssige Queksilber, und so gar das Wasser. Wenn
also die Geschwindigkeit des Blutes vermindert worden,
so wird zu gleicher Zeit auch die Ursache gehemmt, wel-
che die Verbindung änlicher Theilchen hindert. Flist
daher das Blut einer Schlagader, wenn es sich zu ei-
nem absondernden Werkzeuge hinwendet, mit Trägheit,
so werden sich die schleimigen, öligen, und fetten Theile
in der That im Blute selbst versammeln, und sich von
den Theilchen einer fremden Art trennen, und nun kehrt
diese Thätigkeit wieder zu demjenigen Geschäfte zurükke,
wovon wir erst geredet haben; es wird nämlich zu dem
(i)

bestimm-
(h) [Spaltenumbruch] Keil S. 98. u. f. waine-
wright.
Propos.
16.
(i) Wilh. cole de secret. S. 101.
lancis Diss III. Spoletus, wie ich
aus andern Dingen sehe. hales
[Spaltenumbruch] Haemastatiks.
S. 125. willard
und macqver in thes. Ergo ab
imminuta in capillaribus sangui-
nis velocitate facilior secretio.
Paris. 1740. hamberger de secret.

überhaupt u. f.
der Verſchiedenheit der Saͤfte.

Die Traͤgheit wird alle dikke Stoffe zuruͤkkeweiſen,
und nur reine Saͤfte hervorbringen, weil nunmehr die
dikken Materien von den kleinen Muͤndungen ausge-
ſchloſſen werden. Nachdem ein dikker, ſchwerer Harn
vorangegangen, ſo wird nunmehr, wenn das Blut wie-
der natuͤrlich langſam fliſſet, wieder ein zitronenfarbner
und waͤßriger Urin abgeſondert werden. Auf das Mo-
natsblut folget, ſobald die treibende Gewalt nachlaͤſt,
ein gewoͤnlicher Schleim aus der Mutter. Wir nennen
aber reine Saͤfte, wenn ſie gleichartig ſind. Und dieſe
werden auf vielfache Weiſe von einer traͤgen Abſonde-
rung unterſtuͤzt.

Es iſt eine bekannte Sache, daß ſich gleichartige
Saͤfte einander anziehen, und daß ſie Theilchen von ent-
gegengeſezzter Art zuruͤkke ſtoſſen. Wenn man Waſſer,
Schleim und Fett vermiſcht, ſo ſondern ſie ſich ſchon
durch die bloſſe Ruhe ab, und es ſammlen ſich alle zaͤ-
hen Stoffe zum Schleime, die oͤligen zum Fette (h),
die waͤſſrigen zum Waſſer. Jn Kuͤgelchen verſammelt
ſich nicht nur ein zaͤhes Fett oder Oel, ſondern auch das
hoͤchſt fluͤſſige Quekſilber, und ſo gar das Waſſer. Wenn
alſo die Geſchwindigkeit des Blutes vermindert worden,
ſo wird zu gleicher Zeit auch die Urſache gehemmt, wel-
che die Verbindung aͤnlicher Theilchen hindert. Fliſt
daher das Blut einer Schlagader, wenn es ſich zu ei-
nem abſondernden Werkzeuge hinwendet, mit Traͤgheit,
ſo werden ſich die ſchleimigen, oͤligen, und fetten Theile
in der That im Blute ſelbſt verſammeln, und ſich von
den Theilchen einer fremden Art trennen, und nun kehrt
dieſe Thaͤtigkeit wieder zu demjenigen Geſchaͤfte zuruͤkke,
wovon wir erſt geredet haben; es wird naͤmlich zu dem
(i)

beſtimm-
(h) [Spaltenumbruch] Keil S. 98. u. f. waine-
wright.
Propoſ.
16.
(i) Wilh. cole de ſecret. S. 101.
lanciſ Diſſ III. Spoletus, wie ich
aus andern Dingen ſehe. haleſ
[Spaltenumbruch] Haemaſtatiks.
S. 125. willard
und macqver in theſ. Ergo ab
imminuta in capillaribus ſangui-
nis velocitate facilior ſecretio.
Paris. 1740. hamberger de ſecret.

uͤberhaupt u. f.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0703" n="683"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">der Ver&#x017F;chiedenheit der Sa&#x0364;fte.</hi> </fw><lb/>
            <p>Die Tra&#x0364;gheit wird alle dikke Stoffe zuru&#x0364;kkewei&#x017F;en,<lb/>
und nur reine Sa&#x0364;fte hervorbringen, weil nunmehr die<lb/>
dikken Materien von den kleinen Mu&#x0364;ndungen ausge-<lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en werden. Nachdem ein dikker, &#x017F;chwerer Harn<lb/>
vorangegangen, &#x017F;o wird nunmehr, wenn das Blut wie-<lb/>
der natu&#x0364;rlich lang&#x017F;am fli&#x017F;&#x017F;et, wieder ein zitronenfarbner<lb/>
und wa&#x0364;ßriger Urin abge&#x017F;ondert werden. Auf das Mo-<lb/>
natsblut folget, &#x017F;obald die treibende Gewalt nachla&#x0364;&#x017F;t,<lb/>
ein gewo&#x0364;nlicher Schleim aus der Mutter. Wir nennen<lb/>
aber reine Sa&#x0364;fte, wenn &#x017F;ie gleichartig &#x017F;ind. Und die&#x017F;e<lb/>
werden auf vielfache Wei&#x017F;e von einer tra&#x0364;gen Ab&#x017F;onde-<lb/>
rung unter&#x017F;tu&#x0364;zt.</p><lb/>
            <p>Es i&#x017F;t eine bekannte Sache, daß &#x017F;ich gleichartige<lb/>
Sa&#x0364;fte einander anziehen, und daß &#x017F;ie Theilchen von ent-<lb/>
gegenge&#x017F;ezzter Art zuru&#x0364;kke &#x017F;to&#x017F;&#x017F;en. Wenn man Wa&#x017F;&#x017F;er,<lb/>
Schleim und Fett vermi&#x017F;cht, &#x017F;o &#x017F;ondern &#x017F;ie &#x017F;ich &#x017F;chon<lb/>
durch die blo&#x017F;&#x017F;e Ruhe ab, und es &#x017F;ammlen &#x017F;ich alle za&#x0364;-<lb/>
hen Stoffe zum Schleime, die o&#x0364;ligen zum Fette <note place="foot" n="(h)"><cb/><hi rendition="#fr">Keil</hi> S. 98. u. f. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">waine-<lb/>
wright.</hi> Propo&#x017F;.</hi> 16.</note>,<lb/>
die wa&#x0364;&#x017F;&#x017F;rigen zum Wa&#x017F;&#x017F;er. Jn Ku&#x0364;gelchen ver&#x017F;ammelt<lb/>
&#x017F;ich nicht nur ein za&#x0364;hes Fett oder Oel, &#x017F;ondern auch das<lb/>
ho&#x0364;ch&#x017F;t flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ige Quek&#x017F;ilber, und &#x017F;o gar das Wa&#x017F;&#x017F;er. Wenn<lb/>
al&#x017F;o die Ge&#x017F;chwindigkeit des Blutes vermindert worden,<lb/>
&#x017F;o wird zu gleicher Zeit auch die Ur&#x017F;ache gehemmt, wel-<lb/>
che die Verbindung a&#x0364;nlicher Theilchen hindert. Fli&#x017F;t<lb/>
daher das Blut einer Schlagader, wenn es &#x017F;ich zu ei-<lb/>
nem ab&#x017F;ondernden Werkzeuge hinwendet, mit Tra&#x0364;gheit,<lb/>
&#x017F;o werden &#x017F;ich die &#x017F;chleimigen, o&#x0364;ligen, und fetten Theile<lb/>
in der That im Blute &#x017F;elb&#x017F;t ver&#x017F;ammeln, und &#x017F;ich von<lb/>
den Theilchen einer fremden Art trennen, und nun kehrt<lb/>
die&#x017F;e Tha&#x0364;tigkeit wieder zu demjenigen Ge&#x017F;cha&#x0364;fte zuru&#x0364;kke,<lb/>
wovon wir er&#x017F;t geredet haben; es wird na&#x0364;mlich zu dem<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">be&#x017F;timm-</fw><lb/><note place="foot" n="(i)"><hi rendition="#aq">Wilh. <hi rendition="#k">cole</hi> de &#x017F;ecret.</hi> S. 101.<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">lanci&#x017F;</hi> Di&#x017F;&#x017F; III.</hi> <hi rendition="#fr">Spoletus,</hi> wie ich<lb/>
aus andern Dingen &#x017F;ehe. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">hale&#x017F;</hi><lb/><cb/>
Haema&#x017F;tatiks.</hi> S. 125. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">willard</hi></hi><lb/>
und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">macqver</hi> in the&#x017F;. Ergo ab<lb/>
imminuta in capillaribus &#x017F;angui-<lb/>
nis velocitate facilior &#x017F;ecretio.<lb/>
Paris. 1740. <hi rendition="#k">hamberger</hi> de &#x017F;ecret.</hi><lb/>
u&#x0364;berhaupt u. f.</note><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[683/0703] der Verſchiedenheit der Saͤfte. Die Traͤgheit wird alle dikke Stoffe zuruͤkkeweiſen, und nur reine Saͤfte hervorbringen, weil nunmehr die dikken Materien von den kleinen Muͤndungen ausge- ſchloſſen werden. Nachdem ein dikker, ſchwerer Harn vorangegangen, ſo wird nunmehr, wenn das Blut wie- der natuͤrlich langſam fliſſet, wieder ein zitronenfarbner und waͤßriger Urin abgeſondert werden. Auf das Mo- natsblut folget, ſobald die treibende Gewalt nachlaͤſt, ein gewoͤnlicher Schleim aus der Mutter. Wir nennen aber reine Saͤfte, wenn ſie gleichartig ſind. Und dieſe werden auf vielfache Weiſe von einer traͤgen Abſonde- rung unterſtuͤzt. Es iſt eine bekannte Sache, daß ſich gleichartige Saͤfte einander anziehen, und daß ſie Theilchen von ent- gegengeſezzter Art zuruͤkke ſtoſſen. Wenn man Waſſer, Schleim und Fett vermiſcht, ſo ſondern ſie ſich ſchon durch die bloſſe Ruhe ab, und es ſammlen ſich alle zaͤ- hen Stoffe zum Schleime, die oͤligen zum Fette (h), die waͤſſrigen zum Waſſer. Jn Kuͤgelchen verſammelt ſich nicht nur ein zaͤhes Fett oder Oel, ſondern auch das hoͤchſt fluͤſſige Quekſilber, und ſo gar das Waſſer. Wenn alſo die Geſchwindigkeit des Blutes vermindert worden, ſo wird zu gleicher Zeit auch die Urſache gehemmt, wel- che die Verbindung aͤnlicher Theilchen hindert. Fliſt daher das Blut einer Schlagader, wenn es ſich zu ei- nem abſondernden Werkzeuge hinwendet, mit Traͤgheit, ſo werden ſich die ſchleimigen, oͤligen, und fetten Theile in der That im Blute ſelbſt verſammeln, und ſich von den Theilchen einer fremden Art trennen, und nun kehrt dieſe Thaͤtigkeit wieder zu demjenigen Geſchaͤfte zuruͤkke, wovon wir erſt geredet haben; es wird naͤmlich zu dem beſtimm- (i) (h) Keil S. 98. u. f. waine- wright. Propoſ. 16. (i) Wilh. cole de ſecret. S. 101. lanciſ Diſſ III. Spoletus, wie ich aus andern Dingen ſehe. haleſ Haemaſtatiks. S. 125. willard und macqver in theſ. Ergo ab imminuta in capillaribus ſangui- nis velocitate facilior ſecretio. Paris. 1740. hamberger de ſecret. uͤberhaupt u. f.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/703
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 683. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/703>, abgerufen am 05.06.2024.