§. 18. Noch andre Mutmaßungen von der Ursache der Röthe im Blute.
Da alles Obige nicht völlig hinlänglich zu seyn scheint, so mus man versuchen, etwas warscheinlicheres vorzutra- gen. Wir wollen uns also erstlich wieder ins Gedächt- nis bringen, daß von der muntern Kraft des Herzens eine Röthe entsteht (h), daß sich diese im Blute mindere, und ins Gelbe abfalle, so oft die Kraft des Herzens im Menschen, im bebrüteten Hünchen (i), oder im Frosche abnimmt (k), und ermattet. Es schlägt aber auch Blut, welches sich ausser seine Gefässe ergossen, und das erst rot war, nunmehr ins Gelbe um. Hingegen ge- langt ein gelbes Flieswasser leicht am Feuer (l), oder vom Weingeiste (m), oder irgend einem Laugensalze, oder von zur Zeit noch nicht völlig bekannten Ursachen (n), zu sei- ner roten Farbe. Endlich so ist ohne Zweifel das Blut aus dem Eigelben entstanden, und das ursprüngliche Thierblut an sich gelb, bis es endlich durch verschiedne Graden einer Rostfarbe, seine Röthe erreicht (o). Es hat folglich das Ansehn, daß wir der Warheit näher kommen würden, wofern man die Ursachen der gelben Farbe entdekken könnte, die sich auch an sich leichter ent- dekken lassen.
Es theilt dannenhero die calcinirte gelbe Erde des Bluts (p), die mit dem Eisensafrane (crocus martis) ver-
(l) Vom Flieswasser des Brust- kanals, devsing de functione mi- crocosm. Diss. 7.
(m)duvernoy Comment. Acad. Petropolit. T. I. S. 269.
(n) Es kömmt ein rotes Flies- wasser häufig vor. peyer obs. 13. [Spaltenumbruch]pechlin Obs. 60. L. I. S. 145. Syl- vius de le boe Diss. VIII. n. 7. du- vernoy angef. Ort. Sehr oft wird der ins Zellgewebe ergossene Gal- lert rot, und ich werde durch dieses Argument versichert, daß Flieswas- ser nicht blos von der Beimischung des Bluts seine Rothe herhabe.
(o) 5. Buch. 1. Abschn. §. 7.
(p) 5. B. 2. Abschn. §. 43.
bewegten Blutes, in den Schlagadern.
§. 18. Noch andre Mutmaßungen von der Urſache der Roͤthe im Blute.
Da alles Obige nicht voͤllig hinlaͤnglich zu ſeyn ſcheint, ſo mus man verſuchen, etwas warſcheinlicheres vorzutra- gen. Wir wollen uns alſo erſtlich wieder ins Gedaͤcht- nis bringen, daß von der muntern Kraft des Herzens eine Roͤthe entſteht (h), daß ſich dieſe im Blute mindere, und ins Gelbe abfalle, ſo oft die Kraft des Herzens im Menſchen, im bebruͤteten Huͤnchen (i), oder im Froſche abnimmt (k), und ermattet. Es ſchlaͤgt aber auch Blut, welches ſich auſſer ſeine Gefaͤſſe ergoſſen, und das erſt rot war, nunmehr ins Gelbe um. Hingegen ge- langt ein gelbes Flieswaſſer leicht am Feuer (l), oder vom Weingeiſte (m), oder irgend einem Laugenſalze, oder von zur Zeit noch nicht voͤllig bekannten Urſachen (n), zu ſei- ner roten Farbe. Endlich ſo iſt ohne Zweifel das Blut aus dem Eigelben entſtanden, und das urſpruͤngliche Thierblut an ſich gelb, bis es endlich durch verſchiedne Graden einer Roſtfarbe, ſeine Roͤthe erreicht (o). Es hat folglich das Anſehn, daß wir der Warheit naͤher kommen wuͤrden, wofern man die Urſachen der gelben Farbe entdekken koͤnnte, die ſich auch an ſich leichter ent- dekken laſſen.
Es theilt dannenhero die calcinirte gelbe Erde des Bluts (p), die mit dem Eiſenſafrane (crocus martis) ver-
(l) Vom Flieswaſſer des Bruſt- kanals, devſing de functione mi- crocoſm. Diſſ. 7.
(m)duvernoy Comment. Acad. Petropolit. T. I. S. 269.
(n) Es koͤmmt ein rotes Flies- waſſer haͤufig vor. peyer obſ. 13. [Spaltenumbruch]pechlin Obſ. 60. L. I. S. 145. Syl- vius de le boe Diſſ. VIII. n. 7. du- vernoy angef. Ort. Sehr oft wird der ins Zellgewebe ergoſſene Gal- lert rot, und ich werde durch dieſes Argument verſichert, daß Flieswaſ- ſer nicht blos von der Beimiſchung des Bluts ſeine Rothe herhabe.
(o) 5. Buch. 1. Abſchn. §. 7.
(p) 5. B. 2. Abſchn. §. 43.
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Noch andre Mutmaßungen von der Urſache der
Roͤthe im Blute.
Da alles Obige nicht voͤllig hinlaͤnglich zu ſeyn ſcheint,
ſo mus man verſuchen, etwas warſcheinlicheres vorzutra-
gen. Wir wollen uns alſo erſtlich wieder ins Gedaͤcht-
nis bringen, daß von der muntern Kraft des Herzens
eine Roͤthe entſteht (h), daß ſich dieſe im Blute mindere,
und ins Gelbe abfalle, ſo oft die Kraft des Herzens im
Menſchen, im bebruͤteten Huͤnchen (i), oder im Froſche
abnimmt (k), und ermattet. Es ſchlaͤgt aber auch
Blut, welches ſich auſſer ſeine Gefaͤſſe ergoſſen, und das
erſt rot war, nunmehr ins Gelbe um. Hingegen ge-
langt ein gelbes Flieswaſſer leicht am Feuer (l), oder vom
Weingeiſte (m), oder irgend einem Laugenſalze, oder von
zur Zeit noch nicht voͤllig bekannten Urſachen (n), zu ſei-
ner roten Farbe. Endlich ſo iſt ohne Zweifel das Blut
aus dem Eigelben entſtanden, und das urſpruͤngliche
Thierblut an ſich gelb, bis es endlich durch verſchiedne
Graden einer Roſtfarbe, ſeine Roͤthe erreicht (o). Es
hat folglich das Anſehn, daß wir der Warheit naͤher
kommen wuͤrden, wofern man die Urſachen der gelben
Farbe entdekken koͤnnte, die ſich auch an ſich leichter ent-
dekken laſſen.
Es theilt dannenhero die calcinirte gelbe Erde des
Bluts (p), die mit dem Eiſenſafrane (crocus martis) ver-
want
(h)
Vorhergeh. §. 10.
(i) 5. Buch. 2. Abſchn. §. 13.
5. Buch 1. Abſchn. §. 7.
(k) Ebendaſ.
(l) Vom Flieswaſſer des Bruſt-
kanals, devſing de functione mi-
crocoſm. Diſſ. 7.
(m) duvernoy Comment. Acad.
Petropolit. T. I. S. 269.
(n) Es koͤmmt ein rotes Flies-
waſſer haͤufig vor. peyer obſ. 13.
pechlin Obſ. 60. L. I. S. 145. Syl-
vius de le boe Diſſ. VIII. n. 7. du-
vernoy angef. Ort. Sehr oft wird
der ins Zellgewebe ergoſſene Gal-
lert rot, und ich werde durch dieſes
Argument verſichert, daß Flieswaſ-
ſer nicht blos von der Beimiſchung
des Bluts ſeine Rothe herhabe.
(o) 5. Buch. 1. Abſchn. §. 7.
(p) 5. B. 2. Abſchn. §. 43.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 511. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/531>, abgerufen am 22.11.2024.
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