aber darinnen vom Primirose(x) ab, daß er nicht mit eben so beredten Ausdrükken den Queerdurchmesser sich vermindern läst. Allein es ist ausgemacht, daß die Schlagadern an einem lebendigen Thiere nicht im ge- ringsten flachgestrekkt, sondern in der That cilindrisch (y) oder kegelartig sind, so lange sie voll Blut sind, sie mögen sich nun im Zustande der Zusammenziehung, oder der Er- weiterung befinden. Wir finden auch in dem vor kur- zem erteiltem Beweise nichts (z), warum der Seiten- drukk auf einige Punkte der Schlagader nachdrükklicher auffallen sollte.
Eben so wenig kann ich die gar zu eingeschränkte Er- klärung des Josias Weitbrechts gelten lassen. Denn es haben auch gerade und nirgens gebogne Schlagadern ihren abgewechselten Pulsschlag, und eine gleichmäßige Erweiterung. Hierzu fügt noch der berümte Schrei- ber, daß diese Veränderung in den kleinen Schlagadern noch mehr statt finde (a).
Es wird aber der Einwurf, den der berümte Mann gemacht, auf zweierlei Art aufgelöset: man mag nun die Erweiterung kleiner machen, oder man mag sie nicht blos auf die Rechnung derjenigen Welle schreiben, welche eben aus dem Herzen hervorgedrungen. Mir scheint es eine ganz offenbare Sache zu seyn, daß diese Welle nicht nur ihr Aortenstükke, welches dem Herzen am nächsten ist; erweitere, sondern auch die vorhergehende Wellen aus ihrer Stelle weiter treibe: ferner, daß von diesen Wel- len, welche noch von den vorigen Pulsschlägen ihre Ge- schwindigkeit übrig behalten, und welche von einem neu- en Triebe angesporet werden, die übrige Wellen fortge-
wälzt
(x)[Spaltenumbruch]
Es bedienen sich diese be- rümte Männer dunkler Reden, so daß die Meinungen beider vor ei- nerlei halte. Mem sur le Mouvem. du sang. S. 35. Da ich aber nun- mehr aus den Briefen des berüm- teu Bruns, seinen Sinn besser [Spaltenumbruch]
verstanden, so bin ich willig zu sa- gen, daß dieser berümte Mann nicht so von uns abgewichen, als es wohl Primirose gethan.
(y) 2. Buch.
(z) Vorhergeh. 5. §.
(a)almagest. S. 257.
Sechſtes Buch. Die Seitenbewegung
aber darinnen vom Primiroſe(x) ab, daß er nicht mit eben ſo beredten Ausdruͤkken den Queerdurchmeſſer ſich vermindern laͤſt. Allein es iſt ausgemacht, daß die Schlagadern an einem lebendigen Thiere nicht im ge- ringſten flachgeſtrekkt, ſondern in der That cilindriſch (y) oder kegelartig ſind, ſo lange ſie voll Blut ſind, ſie moͤgen ſich nun im Zuſtande der Zuſammenziehung, oder der Er- weiterung befinden. Wir finden auch in dem vor kur- zem erteiltem Beweiſe nichts (z), warum der Seiten- drukk auf einige Punkte der Schlagader nachdruͤkklicher auffallen ſollte.
Eben ſo wenig kann ich die gar zu eingeſchraͤnkte Er- klaͤrung des Joſias Weitbrechts gelten laſſen. Denn es haben auch gerade und nirgens gebogne Schlagadern ihren abgewechſelten Pulsſchlag, und eine gleichmaͤßige Erweiterung. Hierzu fuͤgt noch der beruͤmte Schrei- ber, daß dieſe Veraͤnderung in den kleinen Schlagadern noch mehr ſtatt finde (a).
Es wird aber der Einwurf, den der beruͤmte Mann gemacht, auf zweierlei Art aufgeloͤſet: man mag nun die Erweiterung kleiner machen, oder man mag ſie nicht blos auf die Rechnung derjenigen Welle ſchreiben, welche eben aus dem Herzen hervorgedrungen. Mir ſcheint es eine ganz offenbare Sache zu ſeyn, daß dieſe Welle nicht nur ihr Aortenſtuͤkke, welches dem Herzen am naͤchſten iſt; erweitere, ſondern auch die vorhergehende Wellen aus ihrer Stelle weiter treibe: ferner, daß von dieſen Wel- len, welche noch von den vorigen Pulsſchlaͤgen ihre Ge- ſchwindigkeit uͤbrig behalten, und welche von einem neu- en Triebe angeſporet werden, die uͤbrige Wellen fortge-
waͤlzt
(x)[Spaltenumbruch]
Es bedienen ſich dieſe be- ruͤmte Maͤnner dunkler Reden, ſo daß die Meinungen beider vor ei- nerlei halte. Mem ſur le Mouvem. du ſang. S. 35. Da ich aber nun- mehr aus den Briefen des beruͤm- teu Bruns, ſeinen Sinn beſſer [Spaltenumbruch]
verſtanden, ſo bin ich willig zu ſa- gen, daß dieſer beruͤmte Mann nicht ſo von uns abgewichen, als es wohl Primiroſe gethan.
(y) 2. Buch.
(z) Vorhergeh. 5. §.
(a)almageſt. S. 257.
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Sechſtes Buch. Die Seitenbewegung
aber darinnen vom Primiroſe (x) ab, daß er nicht mit
eben ſo beredten Ausdruͤkken den Queerdurchmeſſer ſich
vermindern laͤſt. Allein es iſt ausgemacht, daß die
Schlagadern an einem lebendigen Thiere nicht im ge-
ringſten flachgeſtrekkt, ſondern in der That cilindriſch (y)
oder kegelartig ſind, ſo lange ſie voll Blut ſind, ſie moͤgen
ſich nun im Zuſtande der Zuſammenziehung, oder der Er-
weiterung befinden. Wir finden auch in dem vor kur-
zem erteiltem Beweiſe nichts (z), warum der Seiten-
drukk auf einige Punkte der Schlagader nachdruͤkklicher
auffallen ſollte.
Eben ſo wenig kann ich die gar zu eingeſchraͤnkte Er-
klaͤrung des Joſias Weitbrechts gelten laſſen. Denn
es haben auch gerade und nirgens gebogne Schlagadern
ihren abgewechſelten Pulsſchlag, und eine gleichmaͤßige
Erweiterung. Hierzu fuͤgt noch der beruͤmte Schrei-
ber, daß dieſe Veraͤnderung in den kleinen Schlagadern
noch mehr ſtatt finde (a).
Es wird aber der Einwurf, den der beruͤmte Mann
gemacht, auf zweierlei Art aufgeloͤſet: man mag nun
die Erweiterung kleiner machen, oder man mag ſie nicht
blos auf die Rechnung derjenigen Welle ſchreiben, welche
eben aus dem Herzen hervorgedrungen. Mir ſcheint es
eine ganz offenbare Sache zu ſeyn, daß dieſe Welle nicht
nur ihr Aortenſtuͤkke, welches dem Herzen am naͤchſten iſt;
erweitere, ſondern auch die vorhergehende Wellen aus
ihrer Stelle weiter treibe: ferner, daß von dieſen Wel-
len, welche noch von den vorigen Pulsſchlaͤgen ihre Ge-
ſchwindigkeit uͤbrig behalten, und welche von einem neu-
en Triebe angeſporet werden, die uͤbrige Wellen fortge-
waͤlzt
(x)
Es bedienen ſich dieſe be-
ruͤmte Maͤnner dunkler Reden, ſo
daß die Meinungen beider vor ei-
nerlei halte. Mem ſur le Mouvem.
du ſang. S. 35. Da ich aber nun-
mehr aus den Briefen des beruͤm-
teu Bruns, ſeinen Sinn beſſer
verſtanden, ſo bin ich willig zu ſa-
gen, daß dieſer beruͤmte Mann
nicht ſo von uns abgewichen, als
es wohl Primiroſe gethan.
(y) 2. Buch.
(z) Vorhergeh. 5. §.
(a) almageſt. S. 257.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/408>, abgerufen am 22.11.2024.
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