Ferner da der berümte Weitbrecht aus der Ursa- che nicht gestatten will, daß der Pulsschlag durch die Er- weiterung der Schlagader hervorgebracht werde (t), weil überhaupt eine neue Blutwelle, die das Herz liefert, das gesammte Schlagadersistem nicht so sehr erweitern zu können scheint, daß sich der Unterscheid mit dem Ge- sichte oder der Hand unterscheiden liesse, so mus man diese Schwierigkeit etwas genauer untersuchen. Wollte man nämlich die Aorte für eine einzige Röhre ansehen, in der sich zehn Pfunde, oder 160 Unzen Blut befinden, so werden die zwo neuen Unzen die Schlagaderröhre nicht stärker, als um den achtzigsten Theil erweitern: und so wird dieses Maas, wenn man sezzt, daß der Durchmes- ser der Aorte ein Zoll sei, in der Aorte selbst beinahe den achten Theil einer Linie, aber an der Schlagader der Ellbogenröhre, deren Durchmesser zum Exempel drei Linien ist, nicht über den sechs und zwanzigsten Theil ei- ner Linie betragen. Sezzt man aber, für diese Erschei- nung, die wirklich beobachtete Erweiterung einer Schlag- ader, in der Erweiterung, daß sie so gros, als der vierte Theil einer Linie, oder einer ganzen Linie gleich sei, so sieht man leicht, daß diese mäßige Menge Bluts, die nun gröstenteils von dem Herzen ausgesprizzt worden, der Sache nicht gewachsen sei, um eine so ansenliche Er- weiterung zu bewerkstelligen.
Es hat sich der berümte Joseph Brun(u) Mühe gegeben, dieser Schwierigkeit in so fern abzuhelfen, daß er sich überredet, eine Schlagader werde in der Zusam- menziehung flach, und sie verwandle sich in der Erweite- rung in einen Zirkel: und zwar so, daß der vordre und hintere Radius der Schlagader, oder endlich blos der vordre Radius, einzig und allein grösser werde: er geht
aber
(t)[Spaltenumbruch]
S. 314. Jch habe zwar die Zalen geändert, indessen bleibt die Sache doch einerlei.
(u)[Spaltenumbruch]
Angef. Ort.
B b 2
des Blutes, durch die Schlagadern.
Ferner da der beruͤmte Weitbrecht aus der Urſa- che nicht geſtatten will, daß der Pulsſchlag durch die Er- weiterung der Schlagader hervorgebracht werde (t), weil uͤberhaupt eine neue Blutwelle, die das Herz liefert, das geſammte Schlagaderſiſtem nicht ſo ſehr erweitern zu koͤnnen ſcheint, daß ſich der Unterſcheid mit dem Ge- ſichte oder der Hand unterſcheiden lieſſe, ſo mus man dieſe Schwierigkeit etwas genauer unterſuchen. Wollte man naͤmlich die Aorte fuͤr eine einzige Roͤhre anſehen, in der ſich zehn Pfunde, oder 160 Unzen Blut befinden, ſo werden die zwo neuen Unzen die Schlagaderroͤhre nicht ſtaͤrker, als um den achtzigſten Theil erweitern: und ſo wird dieſes Maas, wenn man ſezzt, daß der Durchmeſ- ſer der Aorte ein Zoll ſei, in der Aorte ſelbſt beinahe den achten Theil einer Linie, aber an der Schlagader der Ellbogenroͤhre, deren Durchmeſſer zum Exempel drei Linien iſt, nicht uͤber den ſechs und zwanzigſten Theil ei- ner Linie betragen. Sezzt man aber, fuͤr dieſe Erſchei- nung, die wirklich beobachtete Erweiterung einer Schlag- ader, in der Erweiterung, daß ſie ſo gros, als der vierte Theil einer Linie, oder einer ganzen Linie gleich ſei, ſo ſieht man leicht, daß dieſe maͤßige Menge Bluts, die nun groͤſtenteils von dem Herzen ausgeſprizzt worden, der Sache nicht gewachſen ſei, um eine ſo anſenliche Er- weiterung zu bewerkſtelligen.
Es hat ſich der beruͤmte Joſeph Brun(u) Muͤhe gegeben, dieſer Schwierigkeit in ſo fern abzuhelfen, daß er ſich uͤberredet, eine Schlagader werde in der Zuſam- menziehung flach, und ſie verwandle ſich in der Erweite- rung in einen Zirkel: und zwar ſo, daß der vordre und hintere Radius der Schlagader, oder endlich blos der vordre Radius, einzig und allein groͤſſer werde: er geht
aber
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S. 314. Jch habe zwar die Zalen geaͤndert, indeſſen bleibt die Sache doch einerlei.
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Angef. Ort.
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des Blutes, durch die Schlagadern.
Ferner da der beruͤmte Weitbrecht aus der Urſa-
che nicht geſtatten will, daß der Pulsſchlag durch die Er-
weiterung der Schlagader hervorgebracht werde (t), weil
uͤberhaupt eine neue Blutwelle, die das Herz liefert, das
geſammte Schlagaderſiſtem nicht ſo ſehr erweitern zu
koͤnnen ſcheint, daß ſich der Unterſcheid mit dem Ge-
ſichte oder der Hand unterſcheiden lieſſe, ſo mus man
dieſe Schwierigkeit etwas genauer unterſuchen. Wollte
man naͤmlich die Aorte fuͤr eine einzige Roͤhre anſehen,
in der ſich zehn Pfunde, oder 160 Unzen Blut befinden,
ſo werden die zwo neuen Unzen die Schlagaderroͤhre nicht
ſtaͤrker, als um den achtzigſten Theil erweitern: und ſo
wird dieſes Maas, wenn man ſezzt, daß der Durchmeſ-
ſer der Aorte ein Zoll ſei, in der Aorte ſelbſt beinahe
den achten Theil einer Linie, aber an der Schlagader
der Ellbogenroͤhre, deren Durchmeſſer zum Exempel drei
Linien iſt, nicht uͤber den ſechs und zwanzigſten Theil ei-
ner Linie betragen. Sezzt man aber, fuͤr dieſe Erſchei-
nung, die wirklich beobachtete Erweiterung einer Schlag-
ader, in der Erweiterung, daß ſie ſo gros, als der vierte
Theil einer Linie, oder einer ganzen Linie gleich ſei, ſo
ſieht man leicht, daß dieſe maͤßige Menge Bluts, die
nun groͤſtenteils von dem Herzen ausgeſprizzt worden,
der Sache nicht gewachſen ſei, um eine ſo anſenliche Er-
weiterung zu bewerkſtelligen.
Es hat ſich der beruͤmte Joſeph Brun (u) Muͤhe
gegeben, dieſer Schwierigkeit in ſo fern abzuhelfen, daß
er ſich uͤberredet, eine Schlagader werde in der Zuſam-
menziehung flach, und ſie verwandle ſich in der Erweite-
rung in einen Zirkel: und zwar ſo, daß der vordre und
hintere Radius der Schlagader, oder endlich blos der
vordre Radius, einzig und allein groͤſſer werde: er geht
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/407>, abgerufen am 22.11.2024.
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