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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

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Verhältnis der Blutstoffe u. s. f.
det, eine änliche Kraft zu gerinnen, und eine Fähigkeit
wesentlich sei, einen werdenden Menschen vor der Geburt
zu ernären. Durch Versuche habe ich erhärtet, daß sich
Schleim in Gallert, und Gallert in Membranen, Ein-
geweide, und endlich in feste thierische Theile mit der
Zeit verwandele (b).

Zu diesen Absichten mus sich eine bestimmte Menge
von einer zähen Materie, in dem Salzwasser, gegen das
Wasser befinden. Vermeret man das Wasser, so wird
der Leim, nachdem er den Theil, der die erdige Theile
verbindet, eingebüsset hat, zerfallen: alle Fasern werden
eine Entkräftung leiden, weil die Bänder zerreissen, wo-
durch die getrennten Grundstoffe an einander gehängt
wurden: es wird sich ferner vom Salzwasser nichts an
die festen Theile, welche ernäret werden sollen, anhängen,
sondern alles vorbeifliessen, anstatt, daß davon Lükken
ausgefüllt werden sollten, so daß man überhaupt die Ge-
rinnbarkeit zum Merkmale machen muß, dadurch ein er-
närender Saft von einem Auswurfe unterschieden werden
kann (c). Es besizzet ferner dieser eiweisartige Saft seine
unentberliche und bestimmte Dichtheit, um nicht in die
kleinen Gefässe überzutreten. Es geschicht in gesunden
Personen niemals, daß einige gerinnbare Theilchen, bei
dem Feuer, oder von einer Säure, in den Harn, in die
Trähnen, oder in einige andre dünne Säfte, und das
nicht einmal in Fiebern (d), übergetragen werden. Man
vermere nun den Vorrat des wässrigen Grundstoffes, so
werden diese klebrigen Theile in der That übertreten, und
es wird geschehen, welches auch wirklich in wässrigen
und verdorbnen Leibesbeschaffenheiten geschehen ist (e),

daß
(b) [Spaltenumbruch] Sur la format. du poulet
T. II.
S. 179. Harvey S. 125.
(c) Lower S. 6. holl. Ausg.
(d) quesnai de fievr. contin.
T. II.
S. 394.
(e) [Spaltenumbruch] Jm Harne fand man ein
beim Feuer gerinnbares Salzwas-
ser. Philos. Transact. n. 222. Der
Harn war in einem Schwindsüch-
tigen klar, und wie der so genannte
Frosch-
v. Hall. Phis. II. Th. Q

Verhaͤltnis der Blutſtoffe u. ſ. f.
det, eine aͤnliche Kraft zu gerinnen, und eine Faͤhigkeit
weſentlich ſei, einen werdenden Menſchen vor der Geburt
zu ernaͤren. Durch Verſuche habe ich erhaͤrtet, daß ſich
Schleim in Gallert, und Gallert in Membranen, Ein-
geweide, und endlich in feſte thieriſche Theile mit der
Zeit verwandele (b).

Zu dieſen Abſichten mus ſich eine beſtimmte Menge
von einer zaͤhen Materie, in dem Salzwaſſer, gegen das
Waſſer befinden. Vermeret man das Waſſer, ſo wird
der Leim, nachdem er den Theil, der die erdige Theile
verbindet, eingebuͤſſet hat, zerfallen: alle Faſern werden
eine Entkraͤftung leiden, weil die Baͤnder zerreiſſen, wo-
durch die getrennten Grundſtoffe an einander gehaͤngt
wurden: es wird ſich ferner vom Salzwaſſer nichts an
die feſten Theile, welche ernaͤret werden ſollen, anhaͤngen,
ſondern alles vorbeiflieſſen, anſtatt, daß davon Luͤkken
ausgefuͤllt werden ſollten, ſo daß man uͤberhaupt die Ge-
rinnbarkeit zum Merkmale machen muß, dadurch ein er-
naͤrender Saft von einem Auswurfe unterſchieden werden
kann (c). Es beſizzet ferner dieſer eiweisartige Saft ſeine
unentberliche und beſtimmte Dichtheit, um nicht in die
kleinen Gefaͤſſe uͤberzutreten. Es geſchicht in geſunden
Perſonen niemals, daß einige gerinnbare Theilchen, bei
dem Feuer, oder von einer Saͤure, in den Harn, in die
Traͤhnen, oder in einige andre duͤnne Saͤfte, und das
nicht einmal in Fiebern (d), uͤbergetragen werden. Man
vermere nun den Vorrat des waͤſſrigen Grundſtoffes, ſo
werden dieſe klebrigen Theile in der That uͤbertreten, und
es wird geſchehen, welches auch wirklich in waͤſſrigen
und verdorbnen Leibesbeſchaffenheiten geſchehen iſt (e),

daß
(b) [Spaltenumbruch] Sur la format. du poulet
T. II.
S. 179. Harvey S. 125.
(c) Lower S. 6. holl. Ausg.
(d) queſnai de fievr. contin.
T. II.
S. 394.
(e) [Spaltenumbruch] Jm Harne fand man ein
beim Feuer gerinnbares Salzwaſ-
ſer. Philoſ. Transact. n. 222. Der
Harn war in einem Schwindſuͤch-
tigen klar, und wie der ſo genannte
Froſch-
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[241/0261] Verhaͤltnis der Blutſtoffe u. ſ. f. det, eine aͤnliche Kraft zu gerinnen, und eine Faͤhigkeit weſentlich ſei, einen werdenden Menſchen vor der Geburt zu ernaͤren. Durch Verſuche habe ich erhaͤrtet, daß ſich Schleim in Gallert, und Gallert in Membranen, Ein- geweide, und endlich in feſte thieriſche Theile mit der Zeit verwandele (b). Zu dieſen Abſichten mus ſich eine beſtimmte Menge von einer zaͤhen Materie, in dem Salzwaſſer, gegen das Waſſer befinden. Vermeret man das Waſſer, ſo wird der Leim, nachdem er den Theil, der die erdige Theile verbindet, eingebuͤſſet hat, zerfallen: alle Faſern werden eine Entkraͤftung leiden, weil die Baͤnder zerreiſſen, wo- durch die getrennten Grundſtoffe an einander gehaͤngt wurden: es wird ſich ferner vom Salzwaſſer nichts an die feſten Theile, welche ernaͤret werden ſollen, anhaͤngen, ſondern alles vorbeiflieſſen, anſtatt, daß davon Luͤkken ausgefuͤllt werden ſollten, ſo daß man uͤberhaupt die Ge- rinnbarkeit zum Merkmale machen muß, dadurch ein er- naͤrender Saft von einem Auswurfe unterſchieden werden kann (c). Es beſizzet ferner dieſer eiweisartige Saft ſeine unentberliche und beſtimmte Dichtheit, um nicht in die kleinen Gefaͤſſe uͤberzutreten. Es geſchicht in geſunden Perſonen niemals, daß einige gerinnbare Theilchen, bei dem Feuer, oder von einer Saͤure, in den Harn, in die Traͤhnen, oder in einige andre duͤnne Saͤfte, und das nicht einmal in Fiebern (d), uͤbergetragen werden. Man vermere nun den Vorrat des waͤſſrigen Grundſtoffes, ſo werden dieſe klebrigen Theile in der That uͤbertreten, und es wird geſchehen, welches auch wirklich in waͤſſrigen und verdorbnen Leibesbeſchaffenheiten geſchehen iſt (e), daß (b) Sur la format. du poulet T. II. S. 179. Harvey S. 125. (c) Lower S. 6. holl. Ausg. (d) queſnai de fievr. contin. T. II. S. 394. (e) Jm Harne fand man ein beim Feuer gerinnbares Salzwaſ- ſer. Philoſ. Transact. n. 222. Der Harn war in einem Schwindſuͤch- tigen klar, und wie der ſo genannte Froſch- v. Hall. Phiſ. II. Th. Q

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/261>, abgerufen am 22.05.2024.