Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite

Fünftes Buch. Das Blut.
nischen Aerzte, zerhiben kurz und gut diesen Gordischen
Knoten damit, daß sie das Dasein dieser sauern Feuch-
tigkeit überhaupt abstritten (y).

Hingegen verfochte Vieussens mit vieler Hizze seine
Ehre, und die gemachte Entdekkung: er zeigte mit leich-
ter Mühe, daß diese Säure nichts dem Bolus schuldig
sei (z), weil man vom Blute auch durch eine Bei-
mischung des Sandes (a), oder Bolus (b), aus dem man
alle Säure sorgfältig fortgeschaft hätte, oder endlich
blos von beigemischten Bluthefen (c) eben sowol eine
solche Säure übertreiben könne. Daß sie aber auch nicht
eine Hervorbringung des Meersalzes sein könne, erweiset
er daher, daß man eben diese Säure auch aus dem Blute
der Rinder (d) und Kälber (e) erhalte. Und diese Schuz-
rede, welche Vieussens seiner Säure gehalten, ward
auch durch den Fleis des Hombergs (f) bestätigt. Denn
dieser Mann wuste aus allerlei Thieren eine gleichartige
Säure zu verfertigen.

Daß in den menschlichen Säften, ausser dem Meer-
salze, noch eine andere Säure verborgen liegt, erweiset man
durch den Phosphor, der nicht blos eine Meersalzsäure,
sondern auch noch eine andre vitriolartige, laut den Ver-
suchen, bei sich führt (g), und es ist die Menge von die-
ser ansenlicher, als die im Meersalze besindliche saure
Feuchtigkeit (h).

Es scheinet uns also die Entwikkelung leicht zu sein,
wenn wir sagen, daß ein Theil des sauern Geistes, wel-
cher vom feuerfesten Blutsalze übersteigt, vom Meer-

salze,
(y) [Spaltenumbruch] Jn der Vorrede zu gihsi
lettere,
worinnen die zu Florenz
angestellten Versuche angefürt
werden 1747.
(z) Ob gleich im Bolus eine
Säure stekkt. vieussens Dissert.
S. 18.
(a) Traite des liqueurs S. 66.
(b) Deux dissert. S. 16.
(c) Traite des liqueurs S. 113.
(d) [Spaltenumbruch] Deux dissertat. S. 36.
(e) Traite des liqueurs S. 61.
(f) Memoir. de l'academ 1712.
angef. Ort.
(g) Boerhaave angef. Ort
prop. 101. Homberg angef. Ort.
S. 274. 275. pentzki de phospho-
ro vrinae.
(h) pentzki ebendas.

Fuͤnftes Buch. Das Blut.
niſchen Aerzte, zerhiben kurz und gut dieſen Gordiſchen
Knoten damit, daß ſie das Daſein dieſer ſauern Feuch-
tigkeit uͤberhaupt abſtritten (y).

Hingegen verfochte Vieuſſens mit vieler Hizze ſeine
Ehre, und die gemachte Entdekkung: er zeigte mit leich-
ter Muͤhe, daß dieſe Saͤure nichts dem Bolus ſchuldig
ſei (z), weil man vom Blute auch durch eine Bei-
miſchung des Sandes (a), oder Bolus (b), aus dem man
alle Saͤure ſorgfaͤltig fortgeſchaft haͤtte, oder endlich
blos von beigemiſchten Bluthefen (c) eben ſowol eine
ſolche Saͤure uͤbertreiben koͤnne. Daß ſie aber auch nicht
eine Hervorbringung des Meerſalzes ſein koͤnne, erweiſet
er daher, daß man eben dieſe Saͤure auch aus dem Blute
der Rinder (d) und Kaͤlber (e) erhalte. Und dieſe Schuz-
rede, welche Vieuſſens ſeiner Saͤure gehalten, ward
auch durch den Fleis des Hombergs (f) beſtaͤtigt. Denn
dieſer Mann wuſte aus allerlei Thieren eine gleichartige
Saͤure zu verfertigen.

Daß in den menſchlichen Saͤften, auſſer dem Meer-
ſalze, noch eine andere Saͤure verborgen liegt, erweiſet man
durch den Phosphor, der nicht blos eine Meerſalzſaͤure,
ſondern auch noch eine andre vitriolartige, laut den Ver-
ſuchen, bei ſich fuͤhrt (g), und es iſt die Menge von die-
ſer anſenlicher, als die im Meerſalze beſindliche ſaure
Feuchtigkeit (h).

Es ſcheinet uns alſo die Entwikkelung leicht zu ſein,
wenn wir ſagen, daß ein Theil des ſauern Geiſtes, wel-
cher vom feuerfeſten Blutſalze uͤberſteigt, vom Meer-

ſalze,
(y) [Spaltenumbruch] Jn der Vorrede zu gihſi
lettere,
worinnen die zu Florenz
angeſtellten Verſuche angefuͤrt
werden 1747.
(z) Ob gleich im Bolus eine
Saͤure ſtekkt. vieuſſenſ Diſſert.
S. 18.
(a) Traité des liqueurs S. 66.
(b) Deux diſſert. S. 16.
(c) Traité des liqueurs S. 113.
(d) [Spaltenumbruch] Deux diſſertat. S. 36.
(e) Traité des liqueurs S. 61.
(f) Memoir. de l’academ 1712.
angef. Ort.
(g) Boerhaave angef. Ort
prop. 101. Homberg angef. Ort.
S. 274. 275. pentzki de phospho-
ro vrinae.
(h) pentzki ebendaſ.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0202" n="182"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Fu&#x0364;nftes Buch. Das Blut.</hi></fw><lb/>
ni&#x017F;chen Aerzte, zerhiben kurz und gut die&#x017F;en Gordi&#x017F;chen<lb/>
Knoten damit, daß &#x017F;ie das Da&#x017F;ein die&#x017F;er &#x017F;auern Feuch-<lb/>
tigkeit u&#x0364;berhaupt ab&#x017F;tritten <note place="foot" n="(y)"><cb/>
Jn der Vorrede zu <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">gih&#x017F;i</hi></hi><lb/>
lettere,</hi> worinnen die zu Florenz<lb/>
ange&#x017F;tellten Ver&#x017F;uche angefu&#x0364;rt<lb/>
werden 1747.</note>.</p><lb/>
            <p>Hingegen verfochte <hi rendition="#fr">Vieu&#x017F;&#x017F;ens</hi> mit vieler Hizze &#x017F;eine<lb/>
Ehre, und die gemachte Entdekkung: er zeigte mit leich-<lb/>
ter Mu&#x0364;he, daß die&#x017F;e Sa&#x0364;ure nichts dem Bolus &#x017F;chuldig<lb/>
&#x017F;ei <note place="foot" n="(z)">Ob gleich im Bolus eine<lb/>
Sa&#x0364;ure &#x017F;tekkt. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">vieu&#x017F;&#x017F;en&#x017F;</hi> Di&#x017F;&#x017F;ert.</hi><lb/>
S. 18.</note>, weil man vom Blute auch durch eine Bei-<lb/>
mi&#x017F;chung des Sandes <note place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq">Traité des liqueurs</hi> S. 66.</note>, oder Bolus <note place="foot" n="(b)"><hi rendition="#aq">Deux di&#x017F;&#x017F;ert.</hi> S. 16.</note>, aus dem man<lb/>
alle Sa&#x0364;ure &#x017F;orgfa&#x0364;ltig fortge&#x017F;chaft ha&#x0364;tte, oder endlich<lb/>
blos von beigemi&#x017F;chten Bluthefen <note place="foot" n="(c)"><hi rendition="#aq">Traité des liqueurs</hi> S. 113.</note> eben &#x017F;owol eine<lb/>
&#x017F;olche Sa&#x0364;ure u&#x0364;bertreiben ko&#x0364;nne. Daß &#x017F;ie aber auch nicht<lb/>
eine Hervorbringung des Meer&#x017F;alzes &#x017F;ein ko&#x0364;nne, erwei&#x017F;et<lb/>
er daher, daß man eben die&#x017F;e Sa&#x0364;ure auch aus dem Blute<lb/>
der Rinder <note place="foot" n="(d)"><cb/><hi rendition="#aq">Deux di&#x017F;&#x017F;ertat.</hi> S. 36.</note> und Ka&#x0364;lber <note place="foot" n="(e)"><hi rendition="#aq">Traité des liqueurs</hi> S. 61.</note> erhalte. Und die&#x017F;e Schuz-<lb/>
rede, welche <hi rendition="#fr">Vieu&#x017F;&#x017F;ens</hi> &#x017F;einer Sa&#x0364;ure gehalten, ward<lb/>
auch durch den Fleis des <hi rendition="#fr">Hombergs</hi> <note place="foot" n="(f)"><hi rendition="#aq">Memoir. de l&#x2019;<hi rendition="#k">a</hi>cadem</hi> 1712.<lb/>
angef. Ort.</note> be&#x017F;ta&#x0364;tigt. Denn<lb/>
die&#x017F;er Mann wu&#x017F;te aus allerlei Thieren eine gleichartige<lb/>
Sa&#x0364;ure zu verfertigen.</p><lb/>
            <p>Daß in den men&#x017F;chlichen Sa&#x0364;ften, au&#x017F;&#x017F;er dem Meer-<lb/>
&#x017F;alze, noch eine andere Sa&#x0364;ure verborgen liegt, erwei&#x017F;et man<lb/>
durch den Phosphor, der nicht blos eine Meer&#x017F;alz&#x017F;a&#x0364;ure,<lb/>
&#x017F;ondern auch noch eine andre vitriolartige, laut den Ver-<lb/>
&#x017F;uchen, bei &#x017F;ich fu&#x0364;hrt <note place="foot" n="(g)"><hi rendition="#fr">Boerhaave</hi> angef. Ort<lb/><hi rendition="#aq">prop.</hi> 101. <hi rendition="#fr">Homberg</hi> angef. Ort.<lb/>
S. 274. 275. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">pentzki</hi> de phospho-<lb/>
ro vrinae.</hi></note>, und es i&#x017F;t die Menge von die-<lb/>
&#x017F;er an&#x017F;enlicher, als die im Meer&#x017F;alze be&#x017F;indliche &#x017F;aure<lb/>
Feuchtigkeit <note place="foot" n="(h)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">pentzki</hi></hi> ebenda&#x017F;.</note>.</p><lb/>
            <p>Es &#x017F;cheinet uns al&#x017F;o die Entwikkelung leicht zu &#x017F;ein,<lb/>
wenn wir &#x017F;agen, daß ein Theil des &#x017F;auern Gei&#x017F;tes, wel-<lb/>
cher vom feuerfe&#x017F;ten Blut&#x017F;alze u&#x0364;ber&#x017F;teigt, vom Meer-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;alze,</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[182/0202] Fuͤnftes Buch. Das Blut. niſchen Aerzte, zerhiben kurz und gut dieſen Gordiſchen Knoten damit, daß ſie das Daſein dieſer ſauern Feuch- tigkeit uͤberhaupt abſtritten (y). Hingegen verfochte Vieuſſens mit vieler Hizze ſeine Ehre, und die gemachte Entdekkung: er zeigte mit leich- ter Muͤhe, daß dieſe Saͤure nichts dem Bolus ſchuldig ſei (z), weil man vom Blute auch durch eine Bei- miſchung des Sandes (a), oder Bolus (b), aus dem man alle Saͤure ſorgfaͤltig fortgeſchaft haͤtte, oder endlich blos von beigemiſchten Bluthefen (c) eben ſowol eine ſolche Saͤure uͤbertreiben koͤnne. Daß ſie aber auch nicht eine Hervorbringung des Meerſalzes ſein koͤnne, erweiſet er daher, daß man eben dieſe Saͤure auch aus dem Blute der Rinder (d) und Kaͤlber (e) erhalte. Und dieſe Schuz- rede, welche Vieuſſens ſeiner Saͤure gehalten, ward auch durch den Fleis des Hombergs (f) beſtaͤtigt. Denn dieſer Mann wuſte aus allerlei Thieren eine gleichartige Saͤure zu verfertigen. Daß in den menſchlichen Saͤften, auſſer dem Meer- ſalze, noch eine andere Saͤure verborgen liegt, erweiſet man durch den Phosphor, der nicht blos eine Meerſalzſaͤure, ſondern auch noch eine andre vitriolartige, laut den Ver- ſuchen, bei ſich fuͤhrt (g), und es iſt die Menge von die- ſer anſenlicher, als die im Meerſalze beſindliche ſaure Feuchtigkeit (h). Es ſcheinet uns alſo die Entwikkelung leicht zu ſein, wenn wir ſagen, daß ein Theil des ſauern Geiſtes, wel- cher vom feuerfeſten Blutſalze uͤberſteigt, vom Meer- ſalze, (y) Jn der Vorrede zu gihſi lettere, worinnen die zu Florenz angeſtellten Verſuche angefuͤrt werden 1747. (z) Ob gleich im Bolus eine Saͤure ſtekkt. vieuſſenſ Diſſert. S. 18. (a) Traité des liqueurs S. 66. (b) Deux diſſert. S. 16. (c) Traité des liqueurs S. 113. (d) Deux diſſertat. S. 36. (e) Traité des liqueurs S. 61. (f) Memoir. de l’academ 1712. angef. Ort. (g) Boerhaave angef. Ort prop. 101. Homberg angef. Ort. S. 274. 275. pentzki de phospho- ro vrinae. (h) pentzki ebendaſ.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/202
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/202>, abgerufen am 24.11.2024.