verwegner Weise kostete, ward dieser mit einem so greu- lichen Gestanke behaftet, daß er solchen bis zum Tode, denn er starb an dieser Seuche, nie wieder los werden konnte (b). Der blosse Geruch von einem krebshaften Schaden, der die Brust einer Ehefrau zernagt hatte, blieb bis zum Tode ebenfals, und brachte den nicht un- berühmten Schriftsteller Franz Bellinger, ums Le- ben (c). Es ist aber dieser Eiter von alkalischer Natur, er färbt den Violensirup grün (d), so daß es sich nicht vermuthen läst, daß selbiger mit den so genannten Krebsaugen aufgebrauset haben soll (e).
§. 30. Der Fortgang der Fäulnis.
Niemand hat die Fäulnis so genau beschrieben, als der ehemals berühmte, und zweideutiggelehrte, Joachim Becher(f), welcher dreist genung erzält, daß der Gestank nach fünf Tagen ungemein zunehme, daß solcher nach zwölf Tagen nach Kot riche, daß nach dreißig Ta- gen ein wolliger Schimmel auf der gefaulten Sache wachse, daß hiernächst Haut und Fleisch zu Löchern ein- sinke, und mit Würmern besezzt würden. Jndessen wol- len wir hier zu unserm Gebrauche etwas mit auslesen. Es zerreisset die Fäulnis alle Verbindungen der thieri- schen Theile; sie schmelzet die sonst rinnbaren Säfte, den roten Theil im Blute, das Flieswasser, das Eiweis, die Amnionsfeuchtigkeit, und verwandelt alles dieses in ein scharfes, dünnes Eiterwasser, welches sich durch kein Gift weiter zum Gerinnen bringen lassen will; sie löset
das
(b)[Spaltenumbruch]harris Diss. med. chirurg. S. 168.
(c) Ebendas. S. 169. kirkpa- trik berichtet von einer änlichen tödlichen hizzigen Krankheit, mit einem unaufhörlichen häslichen Gestanke, von dem Geruche eines [Spaltenumbruch]
todten Körpers, de analys. inocu- lat. variol S. 12.
(d)Memoir. de chirurg. T. I.
(e)Schaarschmidts Relation T. II. S. 320.
(f)Physica subterran. S. 148.
Fuͤnftes Buch. Das Blut.
verwegner Weiſe koſtete, ward dieſer mit einem ſo greu- lichen Geſtanke behaftet, daß er ſolchen bis zum Tode, denn er ſtarb an dieſer Seuche, nie wieder los werden konnte (b). Der bloſſe Geruch von einem krebshaften Schaden, der die Bruſt einer Ehefrau zernagt hatte, blieb bis zum Tode ebenfals, und brachte den nicht un- beruͤhmten Schriftſteller Franz Bellinger, ums Le- ben (c). Es iſt aber dieſer Eiter von alkaliſcher Natur, er faͤrbt den Violenſirup gruͤn (d), ſo daß es ſich nicht vermuthen laͤſt, daß ſelbiger mit den ſo genannten Krebsaugen aufgebrauſet haben ſoll (e).
§. 30. Der Fortgang der Faͤulnis.
Niemand hat die Faͤulnis ſo genau beſchrieben, als der ehemals beruͤhmte, und zweideutiggelehrte, Joachim Becher(f), welcher dreiſt genung erzaͤlt, daß der Geſtank nach fuͤnf Tagen ungemein zunehme, daß ſolcher nach zwoͤlf Tagen nach Kot riche, daß nach dreißig Ta- gen ein wolliger Schimmel auf der gefaulten Sache wachſe, daß hiernaͤchſt Haut und Fleiſch zu Loͤchern ein- ſinke, und mit Wuͤrmern beſezzt wuͤrden. Jndeſſen wol- len wir hier zu unſerm Gebrauche etwas mit ausleſen. Es zerreiſſet die Faͤulnis alle Verbindungen der thieri- ſchen Theile; ſie ſchmelzet die ſonſt rinnbaren Saͤfte, den roten Theil im Blute, das Flieswaſſer, das Eiweis, die Amnionsfeuchtigkeit, und verwandelt alles dieſes in ein ſcharfes, duͤnnes Eiterwaſſer, welches ſich durch kein Gift weiter zum Gerinnen bringen laſſen will; ſie loͤſet
das
(b)[Spaltenumbruch]harriſ Diſſ. med. chirurg. S. 168.
(c) Ebendaſ. S. 169. kirkpa- trik berichtet von einer aͤnlichen toͤdlichen hizzigen Krankheit, mit einem unaufhoͤrlichen haͤslichen Geſtanke, von dem Geruche eines [Spaltenumbruch]
todten Koͤrpers, de analyſ. inocu- lat. variol S. 12.
(d)Memoir. de chirurg. T. I.
(e)Schaarſchmidts Relation T. II. S. 320.
(f)Phyſica ſubterran. S. 148.
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Fuͤnftes Buch. Das Blut.
verwegner Weiſe koſtete, ward dieſer mit einem ſo greu-
lichen Geſtanke behaftet, daß er ſolchen bis zum Tode,
denn er ſtarb an dieſer Seuche, nie wieder los werden
konnte (b). Der bloſſe Geruch von einem krebshaften
Schaden, der die Bruſt einer Ehefrau zernagt hatte,
blieb bis zum Tode ebenfals, und brachte den nicht un-
beruͤhmten Schriftſteller Franz Bellinger, ums Le-
ben (c). Es iſt aber dieſer Eiter von alkaliſcher Natur,
er faͤrbt den Violenſirup gruͤn (d), ſo daß es ſich nicht
vermuthen laͤſt, daß ſelbiger mit den ſo genannten
Krebsaugen aufgebrauſet haben ſoll (e).
§. 30.
Der Fortgang der Faͤulnis.
Niemand hat die Faͤulnis ſo genau beſchrieben, als
der ehemals beruͤhmte, und zweideutiggelehrte, Joachim
Becher (f), welcher dreiſt genung erzaͤlt, daß der
Geſtank nach fuͤnf Tagen ungemein zunehme, daß ſolcher
nach zwoͤlf Tagen nach Kot riche, daß nach dreißig Ta-
gen ein wolliger Schimmel auf der gefaulten Sache
wachſe, daß hiernaͤchſt Haut und Fleiſch zu Loͤchern ein-
ſinke, und mit Wuͤrmern beſezzt wuͤrden. Jndeſſen wol-
len wir hier zu unſerm Gebrauche etwas mit ausleſen.
Es zerreiſſet die Faͤulnis alle Verbindungen der thieri-
ſchen Theile; ſie ſchmelzet die ſonſt rinnbaren Saͤfte, den
roten Theil im Blute, das Flieswaſſer, das Eiweis,
die Amnionsfeuchtigkeit, und verwandelt alles dieſes in
ein ſcharfes, duͤnnes Eiterwaſſer, welches ſich durch kein
Gift weiter zum Gerinnen bringen laſſen will; ſie loͤſet
das
(b)
harriſ Diſſ. med. chirurg.
S. 168.
(c) Ebendaſ. S. 169. kirkpa-
trik berichtet von einer aͤnlichen
toͤdlichen hizzigen Krankheit, mit
einem unaufhoͤrlichen haͤslichen
Geſtanke, von dem Geruche eines
todten Koͤrpers, de analyſ. inocu-
lat. variol S. 12.
(d) Memoir. de chirurg. T. I.
(e) Schaarſchmidts Relation
T. II. S. 320.
(f) Phyſica ſubterran. S. 148.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/160>, abgerufen am 24.11.2024.
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