ren, ein hizziger gelehrter Krieg, indem Martin Bog- dan, ein Pole von Geburt, der aber zu Bern das Bür- gerrecht erhalten hatte, in einem besondern Buche (o) diese Ehre dem Rudbek zu entwenden suchte, wozu noch dieser ziemlich deutliche Verdacht kam, daß dem Mar- tin sein Lehrer selbst die Feder geführet hatte. Rudbek antwortete (p), Bogdan wiederholte seine Beschuldi- gung (q), und mischte so gar Schimpfreden unter die Gründe mit ein.
Da aber Bartholin mit den mehresten Aerzten von Europa Freundschaft unterhielte, ein Werk nach dem andern der Presse übergab, und viele, besonders in der Zergliederungskunst sehr geschikte Schüler erzog, Rud- bek hingegen weniger Jahre und beinahe keine Freunde hatte, in der Wohlredenheit nicht so stark, und, etliche kleine Abhandlungen ausgenommen, kein so grosser Schriftsteller war, so geschahe es, daß das ganze Reich der Aerzte die Ehre der Entdekkung der durchsichtigen Gefässe dem Bartholin zutheilete. Die obgedach- te (r) Unentschlossenheit, welche Rudbek bezeigte, that ihm auch hierbei einigen Schaden.
Jndessen kann man dem Rudbek zum Vortheile viel mehr Gründe anführen. Erstlich bezeugt Joh. van Horne, der übrigens ein guter Freund vom Bartholin, und der erste Entdekker des Speisesaftganges im Men- schen war, daß ihm Olaus die Wassergänge (ductus aquosos) (s) zu allererst gezeiget, und er schreibt dem-
(q)Apologia pro vasis lympha- ticis bartholini, adversus Insi- [Spaltenumbruch]
dias secundo scriptas, ab Olao rvdbekio. Koppenh. 1654. 12.
(r) Die vorhergehende Anmerk. unter dem Buchstaben x.
(s) Jn dem Briefe, der bei den Insid. structis rvdbekii vasis aquosis, befindlich ist, S. 147. 148.
Flieswaſſergefaͤſſe.
ren, ein hizziger gelehrter Krieg, indem Martin Bog- dan, ein Pole von Geburt, der aber zu Bern das Buͤr- gerrecht erhalten hatte, in einem beſondern Buche (o) dieſe Ehre dem Rudbek zu entwenden ſuchte, wozu noch dieſer ziemlich deutliche Verdacht kam, daß dem Mar- tin ſein Lehrer ſelbſt die Feder gefuͤhret hatte. Rudbek antwortete (p), Bogdan wiederholte ſeine Beſchuldi- gung (q), und miſchte ſo gar Schimpfreden unter die Gruͤnde mit ein.
Da aber Bartholin mit den mehreſten Aerzten von Europa Freundſchaft unterhielte, ein Werk nach dem andern der Preſſe uͤbergab, und viele, beſonders in der Zergliederungskunſt ſehr geſchikte Schuͤler erzog, Rud- bek hingegen weniger Jahre und beinahe keine Freunde hatte, in der Wohlredenheit nicht ſo ſtark, und, etliche kleine Abhandlungen ausgenommen, kein ſo groſſer Schriftſteller war, ſo geſchahe es, daß das ganze Reich der Aerzte die Ehre der Entdekkung der durchſichtigen Gefaͤſſe dem Bartholin zutheilete. Die obgedach- te (r) Unentſchloſſenheit, welche Rudbek bezeigte, that ihm auch hierbei einigen Schaden.
Jndeſſen kann man dem Rudbek zum Vortheile viel mehr Gruͤnde anfuͤhren. Erſtlich bezeugt Joh. van Horne, der uͤbrigens ein guter Freund vom Bartholin, und der erſte Entdekker des Speiſeſaftganges im Men- ſchen war, daß ihm Olaus die Waſſergaͤnge (ductus aquoſos) (s) zu allererſt gezeiget, und er ſchreibt dem-
(q)Apologia pro vaſis lympha- ticis bartholini, adverſus Inſi- [Spaltenumbruch]
dias ſecundo ſcriptas, ab Olao rvdbekio. Koppenh. 1654. 12.
(r) Die vorhergehende Anmerk. unter dem Buchſtaben x.
(s) Jn dem Briefe, der bei den Inſid. ſtructis rvdbekii vaſis aquoſis, befindlich iſt, S. 147. 148.
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Flieswaſſergefaͤſſe.
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dan, ein Pole von Geburt, der aber zu Bern das Buͤr-
gerrecht erhalten hatte, in einem beſondern Buche (o)
dieſe Ehre dem Rudbek zu entwenden ſuchte, wozu noch
dieſer ziemlich deutliche Verdacht kam, daß dem Mar-
tin ſein Lehrer ſelbſt die Feder gefuͤhret hatte. Rudbek
antwortete (p), Bogdan wiederholte ſeine Beſchuldi-
gung (q), und miſchte ſo gar Schimpfreden unter die
Gruͤnde mit ein.
Da aber Bartholin mit den mehreſten Aerzten von
Europa Freundſchaft unterhielte, ein Werk nach dem
andern der Preſſe uͤbergab, und viele, beſonders in der
Zergliederungskunſt ſehr geſchikte Schuͤler erzog, Rud-
bek hingegen weniger Jahre und beinahe keine Freunde
hatte, in der Wohlredenheit nicht ſo ſtark, und, etliche
kleine Abhandlungen ausgenommen, kein ſo groſſer
Schriftſteller war, ſo geſchahe es, daß das ganze Reich
der Aerzte die Ehre der Entdekkung der durchſichtigen
Gefaͤſſe dem Bartholin zutheilete. Die obgedach-
te (r) Unentſchloſſenheit, welche Rudbek bezeigte, that
ihm auch hierbei einigen Schaden.
Jndeſſen kann man dem Rudbek zum Vortheile
viel mehr Gruͤnde anfuͤhren. Erſtlich bezeugt Joh. van
Horne, der uͤbrigens ein guter Freund vom Bartholin,
und der erſte Entdekker des Speiſeſaftganges im Men-
ſchen war, daß ihm Olaus die Waſſergaͤnge (ductus
aquoſos) (s) zu allererſt gezeiget, und er ſchreibt dem-
ſelben
(o)
Inſid. ſtruct. bartholini va-
ſis lymphat. Koppenhag. 1654. 4.
(p) Inſid. ſtruct. Olai rvdbekii
ductib. hepatis aquoſis. Leiden.
1654. 8.
(q) Apologia pro vaſis lympha-
ticis bartholini, adverſus Inſi-
dias ſecundo ſcriptas, ab Olao
rvdbekio. Koppenh. 1654. 12.
(r) Die vorhergehende Anmerk.
unter dem Buchſtaben x.
(s) Jn dem Briefe, der bei
den Inſid. ſtructis rvdbekii vaſis
aquoſis, befindlich iſt, S. 147. 148.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/359>, abgerufen am 24.11.2024.
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