die Gemüthsstimmung von der Farbe des Himmels. Je nachdem der Himmel wolkenlos und sonnig ist, oder mit trüben, schweren Wol- ken bedeckt, ist unsere Stimmung heiter oder trübe. Wie anders empfinden und denken wir im Walde während einer stürmischen Win- ternacht und während eines heiteren Sommertages! Alle diese ver- schiedenen Stimmungen unserer Seele beruhen auf rein materiellen Veränderungen unseres Gehirns, welche mittelst der Sinne durch die verschiedene Einwirkung des Lichts, der Wärme, der Feuchtigkeit u. s. w. hervorgebracht werden. "Wir sind ein Spiel von jedem Druck der Luft!"
Nicht minder wichtig und tiefgreifend sind die Einwirkungen, welche unser Geist und unser Körper durch die verschiedene Qualität und Quantität der Nahrungsmittel im engeren Sinne erfährt. Un- sere Geistesarbeit, die Thätigkeit unseres Verstandes und unserer Phan- tasie ist gänzlich verschieden, je nachdem wir vor und während der- selben Thee und Kaffee, oder Wein und Bier genossen haben. Unsere Stimmungen, Wünsche und Gefühle sind ganz anders, wenn wir hungern und wenn wir gesättigt sind. Der Nationalcharakter der Eng- länder und der Gauchos in Südamerika, welche vorzugsweise von Fleisch, von stickstoffreicher Nahrung leben, ist gänzlich verschieden von demjenigen der kartoffelessenden Jrländer und der reisessenden Chine- sen, welche vorwiegend stickstofflose Nahrung genießen. Auch lagern die letzteren viel mehr Fett ab, als die ersteren. Hier wie überall ge- hen die Veränderungen des Geistes mit entsprechenden Umbildungen des Körpers Hand in Hand; beide sind durch rein materielle Ursachen bedingt. Ganz ebenso wie der Mensch, werden aber auch alle anderen Organismen durch die verschiedenen Einflüsse der Ernährung abge- ändert und umgebildet. Jhnen Allen ist bekannt, daß wir ganz will- kürlich die Form, Größe, Farbe u. s. w. bei unseren Culturpflanzen und Hausthieren durch Veränderung der Nahrung abändern können, daß wir z. B. einer Pflanze ganz bestimmte Eigenschaften nehmen oder geben können, je nachdem wir sie einem größeren oder geringeren Grade von Sonnenlicht und Feuchtigkeit aussetzen. Da diese Erschei-
Zuſammenhang der Anpaſſung und der Ernaͤhrung.
die Gemuͤthsſtimmung von der Farbe des Himmels. Je nachdem der Himmel wolkenlos und ſonnig iſt, oder mit truͤben, ſchweren Wol- ken bedeckt, iſt unſere Stimmung heiter oder truͤbe. Wie anders empfinden und denken wir im Walde waͤhrend einer ſtuͤrmiſchen Win- ternacht und waͤhrend eines heiteren Sommertages! Alle dieſe ver- ſchiedenen Stimmungen unſerer Seele beruhen auf rein materiellen Veraͤnderungen unſeres Gehirns, welche mittelſt der Sinne durch die verſchiedene Einwirkung des Lichts, der Waͤrme, der Feuchtigkeit u. ſ. w. hervorgebracht werden. „Wir ſind ein Spiel von jedem Druck der Luft!“
Nicht minder wichtig und tiefgreifend ſind die Einwirkungen, welche unſer Geiſt und unſer Koͤrper durch die verſchiedene Qualitaͤt und Quantitaͤt der Nahrungsmittel im engeren Sinne erfaͤhrt. Un- ſere Geiſtesarbeit, die Thaͤtigkeit unſeres Verſtandes und unſerer Phan- taſie iſt gaͤnzlich verſchieden, je nachdem wir vor und waͤhrend der- ſelben Thee und Kaffee, oder Wein und Bier genoſſen haben. Unſere Stimmungen, Wuͤnſche und Gefuͤhle ſind ganz anders, wenn wir hungern und wenn wir geſaͤttigt ſind. Der Nationalcharakter der Eng- laͤnder und der Gauchos in Suͤdamerika, welche vorzugsweiſe von Fleiſch, von ſtickſtoffreicher Nahrung leben, iſt gaͤnzlich verſchieden von demjenigen der kartoffeleſſenden Jrlaͤnder und der reiseſſenden Chine- ſen, welche vorwiegend ſtickſtoffloſe Nahrung genießen. Auch lagern die letzteren viel mehr Fett ab, als die erſteren. Hier wie uͤberall ge- hen die Veraͤnderungen des Geiſtes mit entſprechenden Umbildungen des Koͤrpers Hand in Hand; beide ſind durch rein materielle Urſachen bedingt. Ganz ebenſo wie der Menſch, werden aber auch alle anderen Organismen durch die verſchiedenen Einfluͤſſe der Ernaͤhrung abge- aͤndert und umgebildet. Jhnen Allen iſt bekannt, daß wir ganz will- kuͤrlich die Form, Groͤße, Farbe u. ſ. w. bei unſeren Culturpflanzen und Hausthieren durch Veraͤnderung der Nahrung abaͤndern koͤnnen, daß wir z. B. einer Pflanze ganz beſtimmte Eigenſchaften nehmen oder geben koͤnnen, je nachdem wir ſie einem groͤßeren oder geringeren Grade von Sonnenlicht und Feuchtigkeit ausſetzen. Da dieſe Erſchei-
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Zuſammenhang der Anpaſſung und der Ernaͤhrung.
die Gemuͤthsſtimmung von der Farbe des Himmels. Je nachdem
der Himmel wolkenlos und ſonnig iſt, oder mit truͤben, ſchweren Wol-
ken bedeckt, iſt unſere Stimmung heiter oder truͤbe. Wie anders
empfinden und denken wir im Walde waͤhrend einer ſtuͤrmiſchen Win-
ternacht und waͤhrend eines heiteren Sommertages! Alle dieſe ver-
ſchiedenen Stimmungen unſerer Seele beruhen auf rein materiellen
Veraͤnderungen unſeres Gehirns, welche mittelſt der Sinne durch die
verſchiedene Einwirkung des Lichts, der Waͤrme, der Feuchtigkeit u.
ſ. w. hervorgebracht werden. „Wir ſind ein Spiel von jedem Druck
der Luft!“
Nicht minder wichtig und tiefgreifend ſind die Einwirkungen,
welche unſer Geiſt und unſer Koͤrper durch die verſchiedene Qualitaͤt
und Quantitaͤt der Nahrungsmittel im engeren Sinne erfaͤhrt. Un-
ſere Geiſtesarbeit, die Thaͤtigkeit unſeres Verſtandes und unſerer Phan-
taſie iſt gaͤnzlich verſchieden, je nachdem wir vor und waͤhrend der-
ſelben Thee und Kaffee, oder Wein und Bier genoſſen haben. Unſere
Stimmungen, Wuͤnſche und Gefuͤhle ſind ganz anders, wenn wir
hungern und wenn wir geſaͤttigt ſind. Der Nationalcharakter der Eng-
laͤnder und der Gauchos in Suͤdamerika, welche vorzugsweiſe von
Fleiſch, von ſtickſtoffreicher Nahrung leben, iſt gaͤnzlich verſchieden von
demjenigen der kartoffeleſſenden Jrlaͤnder und der reiseſſenden Chine-
ſen, welche vorwiegend ſtickſtoffloſe Nahrung genießen. Auch lagern
die letzteren viel mehr Fett ab, als die erſteren. Hier wie uͤberall ge-
hen die Veraͤnderungen des Geiſtes mit entſprechenden Umbildungen
des Koͤrpers Hand in Hand; beide ſind durch rein materielle Urſachen
bedingt. Ganz ebenſo wie der Menſch, werden aber auch alle anderen
Organismen durch die verſchiedenen Einfluͤſſe der Ernaͤhrung abge-
aͤndert und umgebildet. Jhnen Allen iſt bekannt, daß wir ganz will-
kuͤrlich die Form, Groͤße, Farbe u. ſ. w. bei unſeren Culturpflanzen
und Hausthieren durch Veraͤnderung der Nahrung abaͤndern koͤnnen,
daß wir z. B. einer Pflanze ganz beſtimmte Eigenſchaften nehmen oder
geben koͤnnen, je nachdem wir ſie einem groͤßeren oder geringeren
Grade von Sonnenlicht und Feuchtigkeit ausſetzen. Da dieſe Erſchei-
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Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_schoepfungsgeschichte_1868/197>, abgerufen am 29.11.2024.
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