Hackländer, Friedrich Wilhelm: Zwei Nächte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 109–174. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.aus; aber es war ein graues, trübes Licht, ein unangenehmer Morgen, die Wolken hingen tief herab und schwebten schwerfällig über die weite Ebene dahin. Die Bäume und Gesträuche an der Straße beugten sich unter dem scharfen Morgenwind und sprühten das angesammelte Regenwasser auf die Erde. Die Wassergräben rechts und links am Wege waren angeschwollen und bis an die Ränder gefüllt mit einer braunen, lehmigen Brühe. Die Halme der Reisfelder erschienen umgeweht und vor Wind und Kälte zu zittern. Die Offiziere lachten, als sie sich gegenseitig anblickten und nun bemerkten, wie der Ritt der vergangenen Nacht ihre Uniformen zugerichtet. Die Pferde waren bis an den Sattel mit Koth bespritzt, die weißen Mäntel hatten eine breite braune Bordüre, und Stiefel, Sporen, Säbel waren mit dickem Straßenschmutze bedeckt. In der Nähe des Orts erreichten sie eine neue Colonne, alle Straßen waren mit Militär bedeckt, das Hauptquartier befand sich in einem großen Gebäude im Städtchen selbst, und dahin lenkten die beiden Reiter ihre Pferde, stiegen ab und traten in das Haus. Es dauerte ungefähr eine Stunde, bis der Ordonnanzoffizier abgefertigt war und sein Pferd wieder besteigen konnte, worauf er augenblicklich davon ritt, um dem Posthaus draußen einen Besuch zu machen. Der Regen hatte aufgehört, ganze Reihen Infanterie standen in den Straßen, und die Einwohner brachten den ermüdeten und durchnäßten Soldaten an Speise aus; aber es war ein graues, trübes Licht, ein unangenehmer Morgen, die Wolken hingen tief herab und schwebten schwerfällig über die weite Ebene dahin. Die Bäume und Gesträuche an der Straße beugten sich unter dem scharfen Morgenwind und sprühten das angesammelte Regenwasser auf die Erde. Die Wassergräben rechts und links am Wege waren angeschwollen und bis an die Ränder gefüllt mit einer braunen, lehmigen Brühe. Die Halme der Reisfelder erschienen umgeweht und vor Wind und Kälte zu zittern. Die Offiziere lachten, als sie sich gegenseitig anblickten und nun bemerkten, wie der Ritt der vergangenen Nacht ihre Uniformen zugerichtet. Die Pferde waren bis an den Sattel mit Koth bespritzt, die weißen Mäntel hatten eine breite braune Bordüre, und Stiefel, Sporen, Säbel waren mit dickem Straßenschmutze bedeckt. In der Nähe des Orts erreichten sie eine neue Colonne, alle Straßen waren mit Militär bedeckt, das Hauptquartier befand sich in einem großen Gebäude im Städtchen selbst, und dahin lenkten die beiden Reiter ihre Pferde, stiegen ab und traten in das Haus. Es dauerte ungefähr eine Stunde, bis der Ordonnanzoffizier abgefertigt war und sein Pferd wieder besteigen konnte, worauf er augenblicklich davon ritt, um dem Posthaus draußen einen Besuch zu machen. Der Regen hatte aufgehört, ganze Reihen Infanterie standen in den Straßen, und die Einwohner brachten den ermüdeten und durchnäßten Soldaten an Speise <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="2"> <p><pb facs="#f0063"/> aus; aber es war ein graues, trübes Licht, ein unangenehmer Morgen, die Wolken hingen tief herab und schwebten schwerfällig über die weite Ebene dahin. Die Bäume und Gesträuche an der Straße beugten sich unter dem scharfen Morgenwind und sprühten das angesammelte Regenwasser auf die Erde. Die Wassergräben rechts und links am Wege waren angeschwollen und bis an die Ränder gefüllt mit einer braunen, lehmigen Brühe. Die Halme der Reisfelder erschienen umgeweht und vor Wind und Kälte zu zittern.</p><lb/> <p>Die Offiziere lachten, als sie sich gegenseitig anblickten und nun bemerkten, wie der Ritt der vergangenen Nacht ihre Uniformen zugerichtet. Die Pferde waren bis an den Sattel mit Koth bespritzt, die weißen Mäntel hatten eine breite braune Bordüre, und Stiefel, Sporen, Säbel waren mit dickem Straßenschmutze bedeckt.</p><lb/> <p>In der Nähe des Orts erreichten sie eine neue Colonne, alle Straßen waren mit Militär bedeckt, das Hauptquartier befand sich in einem großen Gebäude im Städtchen selbst, und dahin lenkten die beiden Reiter ihre Pferde, stiegen ab und traten in das Haus. Es dauerte ungefähr eine Stunde, bis der Ordonnanzoffizier abgefertigt war und sein Pferd wieder besteigen konnte, worauf er augenblicklich davon ritt, um dem Posthaus draußen einen Besuch zu machen.</p><lb/> <p>Der Regen hatte aufgehört, ganze Reihen Infanterie standen in den Straßen, und die Einwohner brachten den ermüdeten und durchnäßten Soldaten an Speise<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0063]
aus; aber es war ein graues, trübes Licht, ein unangenehmer Morgen, die Wolken hingen tief herab und schwebten schwerfällig über die weite Ebene dahin. Die Bäume und Gesträuche an der Straße beugten sich unter dem scharfen Morgenwind und sprühten das angesammelte Regenwasser auf die Erde. Die Wassergräben rechts und links am Wege waren angeschwollen und bis an die Ränder gefüllt mit einer braunen, lehmigen Brühe. Die Halme der Reisfelder erschienen umgeweht und vor Wind und Kälte zu zittern.
Die Offiziere lachten, als sie sich gegenseitig anblickten und nun bemerkten, wie der Ritt der vergangenen Nacht ihre Uniformen zugerichtet. Die Pferde waren bis an den Sattel mit Koth bespritzt, die weißen Mäntel hatten eine breite braune Bordüre, und Stiefel, Sporen, Säbel waren mit dickem Straßenschmutze bedeckt.
In der Nähe des Orts erreichten sie eine neue Colonne, alle Straßen waren mit Militär bedeckt, das Hauptquartier befand sich in einem großen Gebäude im Städtchen selbst, und dahin lenkten die beiden Reiter ihre Pferde, stiegen ab und traten in das Haus. Es dauerte ungefähr eine Stunde, bis der Ordonnanzoffizier abgefertigt war und sein Pferd wieder besteigen konnte, worauf er augenblicklich davon ritt, um dem Posthaus draußen einen Besuch zu machen.
Der Regen hatte aufgehört, ganze Reihen Infanterie standen in den Straßen, und die Einwohner brachten den ermüdeten und durchnäßten Soldaten an Speise
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Zitationshilfe: | Hackländer, Friedrich Wilhelm: Zwei Nächte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 109–174. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hacklaender_naechte_1910/63>, abgerufen am 17.07.2024. |