Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.
in Zukunft blos allein die Richter der Gefahr seyn würden, so würde auch der große, blinde Zufluß von Jndividuen, die für commerzielle Spekulationen gar keinen Sinn haben, der Vorsicht einer geringen Anzahl von kenntnißreichen Männern Platz machen. Der jetzt so komplicirte und verworrene Mechanismus würde zum großen Vortheil Aller vereinfacht werden. Man würde nicht bei jeder Gelegenheit ein allgemeines "Rette sich wer kann" unter der ganzen Schaar der Produzenten und Handeltreibenden vernehmen. Was können hier noch Aufstände und politische Verwirrungen ausrichten, wenn das Jnteresse des Einzelnen das Jnteresse der Gesammtheit ist, wenn, mit einem Worte, die kleine vereinzelte Jndustrie unsrer Tage durch großartige Aktienunternehmungen, welche oft einen ganzen Handelszweig an sich reißen müßten, ersetzt wird. Es scheint dieß der einzige Weg Hrn. von G., der die Gewerbs- und Handelsthätigkeit unserer Zeit in einen neuen Schwung bringen könnte. Aktiengesellschaften haben die Bestimmung, in kurzer Zeit, wenn sie von den Kapitalisten richtig verstanden werden, die ganze Physiognomie und die Gewohnheiten der Jndustrie und des Handels zu verändern, weit mehr als die Discontobanken oder jedes andere von den Oekonomisten vorgeschlagene Banksystem. Sie müssen sich aber dann nicht mehr auf die Unternehmungen der höheren Jndustrie beschränken, auf Eisenbahnen und Kanäle; sondern die Jndustrie des zweiten Rangs, die jetzt so sehr zerstückelt in Zukunft blos allein die Richter der Gefahr seyn würden, so würde auch der große, blinde Zufluß von Jndividuen, die für commerzielle Spekulationen gar keinen Sinn haben, der Vorsicht einer geringen Anzahl von kenntnißreichen Männern Platz machen. Der jetzt so komplicirte und verworrene Mechanismus würde zum großen Vortheil Aller vereinfacht werden. Man würde nicht bei jeder Gelegenheit ein allgemeines "Rette sich wer kann" unter der ganzen Schaar der Produzenten und Handeltreibenden vernehmen. Was können hier noch Aufstände und politische Verwirrungen ausrichten, wenn das Jnteresse des Einzelnen das Jnteresse der Gesammtheit ist, wenn, mit einem Worte, die kleine vereinzelte Jndustrie unsrer Tage durch großartige Aktienunternehmungen, welche oft einen ganzen Handelszweig an sich reißen müßten, ersetzt wird. Es scheint dieß der einzige Weg Hrn. von G., der die Gewerbs- und Handelsthätigkeit unserer Zeit in einen neuen Schwung bringen könnte. Aktiengesellschaften haben die Bestimmung, in kurzer Zeit, wenn sie von den Kapitalisten richtig verstanden werden, die ganze Physiognomie und die Gewohnheiten der Jndustrie und des Handels zu verändern, weit mehr als die Discontobanken oder jedes andere von den Oekonomisten vorgeschlagene Banksystem. Sie müssen sich aber dann nicht mehr auf die Unternehmungen der höheren Jndustrie beschränken, auf Eisenbahnen und Kanäle; sondern die Jndustrie des zweiten Rangs, die jetzt so sehr zerstückelt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0240" n="212"/> in Zukunft blos allein die Richter der Gefahr seyn würden, so würde auch der große, blinde Zufluß von Jndividuen, die für commerzielle Spekulationen gar keinen Sinn haben, der Vorsicht einer geringen Anzahl von kenntnißreichen Männern Platz machen. Der jetzt so komplicirte und verworrene Mechanismus würde zum großen Vortheil Aller vereinfacht werden. Man würde nicht bei jeder Gelegenheit ein allgemeines "Rette sich wer kann" unter der ganzen Schaar der Produzenten und Handeltreibenden vernehmen. Was können hier noch Aufstände und politische Verwirrungen ausrichten, wenn das Jnteresse des Einzelnen das Jnteresse der Gesammtheit ist, wenn, mit einem Worte, die kleine vereinzelte Jndustrie unsrer Tage durch großartige Aktienunternehmungen, welche oft einen ganzen Handelszweig an sich reißen müßten, ersetzt wird.</p> <p>Es scheint dieß der einzige Weg Hrn. von G., der die Gewerbs- und Handelsthätigkeit unserer Zeit in einen neuen Schwung bringen könnte. Aktiengesellschaften haben die Bestimmung, in kurzer Zeit, wenn sie von den Kapitalisten richtig verstanden werden, die ganze Physiognomie und die Gewohnheiten der Jndustrie und des Handels zu verändern, weit mehr als die Discontobanken oder jedes andere von den Oekonomisten vorgeschlagene Banksystem. Sie müssen sich aber dann nicht mehr auf die Unternehmungen der höheren Jndustrie beschränken, auf Eisenbahnen und Kanäle; sondern die Jndustrie des zweiten Rangs, die jetzt so sehr zerstückelt </p> </div> </body> </text> </TEI> [212/0240]
in Zukunft blos allein die Richter der Gefahr seyn würden, so würde auch der große, blinde Zufluß von Jndividuen, die für commerzielle Spekulationen gar keinen Sinn haben, der Vorsicht einer geringen Anzahl von kenntnißreichen Männern Platz machen. Der jetzt so komplicirte und verworrene Mechanismus würde zum großen Vortheil Aller vereinfacht werden. Man würde nicht bei jeder Gelegenheit ein allgemeines "Rette sich wer kann" unter der ganzen Schaar der Produzenten und Handeltreibenden vernehmen. Was können hier noch Aufstände und politische Verwirrungen ausrichten, wenn das Jnteresse des Einzelnen das Jnteresse der Gesammtheit ist, wenn, mit einem Worte, die kleine vereinzelte Jndustrie unsrer Tage durch großartige Aktienunternehmungen, welche oft einen ganzen Handelszweig an sich reißen müßten, ersetzt wird.
Es scheint dieß der einzige Weg Hrn. von G., der die Gewerbs- und Handelsthätigkeit unserer Zeit in einen neuen Schwung bringen könnte. Aktiengesellschaften haben die Bestimmung, in kurzer Zeit, wenn sie von den Kapitalisten richtig verstanden werden, die ganze Physiognomie und die Gewohnheiten der Jndustrie und des Handels zu verändern, weit mehr als die Discontobanken oder jedes andere von den Oekonomisten vorgeschlagene Banksystem. Sie müssen sich aber dann nicht mehr auf die Unternehmungen der höheren Jndustrie beschränken, auf Eisenbahnen und Kanäle; sondern die Jndustrie des zweiten Rangs, die jetzt so sehr zerstückelt
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| Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/240>, abgerufen am 23.11.2024. |
