Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.Sehr oft ist der Jndustrie- oder Handeltreibende in folgendem Falle: Er hat 50 oder 60,000 Franken, die ihm eigen sind, die die Grundlage seines Geschäftes bilden, er operirt aber mit Wechseln so, als wenn er 100 - 200,000 besäße! Die Fiction ist das Uebel. Ein Wechsel auf sich selbst ist heutiges Tags nur ein sehr schlechtes Hülfsmittel. Es ist ein Uebel für den, der den Wechsel ausstellt, wie für den Kapitalisten. Der Bankier operirt für jenen, er hält ihn für äußerst solid, für um so solider, je höher die zu escomptirenden Summen steigen. Grade das Gegentheil sollte er annehmen. Leider ist dieß der Fall der meisten industriellen Geschäftsleute in Frankreich. Heute haben wir Kredit im Ueberfluß. Morgen macht ein kleiner Umstand, daß ihr hin seyd! Ein Haus darf nur 50,000 Franks verlieren, der Kredit wird ihm entzogen, und 200,000 folgen dem kleinen Verlust. Es ist eine Preisaufgabe, hier einen Weg zur Reform zu entdecken. Es handelt sich nicht allein darum, das Mißgeschick seltener zu machen, sondern es auch, wenn es unvermeidlich ist, auf eine möglichst große Anzahl von Jnteressen zu verbreiten. Wir gehen hier nämlich davon aus, daß man einmal den Weg der Aktien auch für die Jndustrie und den Handel versuchen möge. Dann würden die Gewerbe nicht sogleich ohne Hülfe durch einen Bankerutt geopfert werden; sie würden nur den Verlust als die ersten Aktionäre einer Entreprise erleiden. Wie die Geschäftsführer einer solchen Aktienverbindung Sehr oft ist der Jndustrie- oder Handeltreibende in folgendem Falle: Er hat 50 oder 60,000 Franken, die ihm eigen sind, die die Grundlage seines Geschäftes bilden, er operirt aber mit Wechseln so, als wenn er 100 – 200,000 besäße! Die Fiction ist das Uebel. Ein Wechsel auf sich selbst ist heutiges Tags nur ein sehr schlechtes Hülfsmittel. Es ist ein Uebel für den, der den Wechsel ausstellt, wie für den Kapitalisten. Der Bankier operirt für jenen, er hält ihn für äußerst solid, für um so solider, je höher die zu escomptirenden Summen steigen. Grade das Gegentheil sollte er annehmen. Leider ist dieß der Fall der meisten industriellen Geschäftsleute in Frankreich. Heute haben wir Kredit im Ueberfluß. Morgen macht ein kleiner Umstand, daß ihr hin seyd! Ein Haus darf nur 50,000 Franks verlieren, der Kredit wird ihm entzogen, und 200,000 folgen dem kleinen Verlust. Es ist eine Preisaufgabe, hier einen Weg zur Reform zu entdecken. Es handelt sich nicht allein darum, das Mißgeschick seltener zu machen, sondern es auch, wenn es unvermeidlich ist, auf eine möglichst große Anzahl von Jnteressen zu verbreiten. Wir gehen hier nämlich davon aus, daß man einmal den Weg der Aktien auch für die Jndustrie und den Handel versuchen möge. Dann würden die Gewerbe nicht sogleich ohne Hülfe durch einen Bankerutt geopfert werden; sie würden nur den Verlust als die ersten Aktionäre einer Entreprise erleiden. Wie die Geschäftsführer einer solchen Aktienverbindung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0239" n="211"/> <p> Sehr oft ist der Jndustrie- oder Handeltreibende in folgendem Falle: Er hat 50 oder 60,000 Franken, die ihm eigen sind, die die Grundlage seines Geschäftes bilden, er operirt aber mit Wechseln so, als wenn er 100 – 200,000 besäße! Die Fiction ist das Uebel. Ein Wechsel auf sich selbst ist heutiges Tags nur ein sehr schlechtes Hülfsmittel. Es ist ein Uebel für den, der den Wechsel ausstellt, wie für den Kapitalisten. Der Bankier operirt für jenen, er hält ihn für äußerst solid, für um so solider, je höher die zu escomptirenden Summen steigen. Grade das Gegentheil sollte er annehmen.</p> <p>Leider ist dieß der Fall der meisten industriellen Geschäftsleute in Frankreich. Heute haben wir Kredit im Ueberfluß. Morgen macht ein kleiner Umstand, daß ihr hin seyd! Ein Haus darf nur 50,000 Franks verlieren, der Kredit wird ihm entzogen, und 200,000 folgen dem kleinen Verlust. Es ist eine Preisaufgabe, hier einen Weg zur Reform zu entdecken.</p> <p>Es handelt sich nicht allein darum, das Mißgeschick seltener zu machen, sondern es auch, wenn es unvermeidlich ist, auf eine möglichst große Anzahl von Jnteressen zu verbreiten. Wir gehen hier nämlich davon aus, daß man einmal den Weg der Aktien auch für die Jndustrie und den Handel versuchen möge. Dann würden die Gewerbe nicht sogleich ohne Hülfe durch einen Bankerutt geopfert werden; sie würden nur den Verlust als die ersten Aktionäre einer Entreprise erleiden.</p> <p>Wie die Geschäftsführer einer solchen Aktienverbindung </p> </div> </body> </text> </TEI> [211/0239]
Sehr oft ist der Jndustrie- oder Handeltreibende in folgendem Falle: Er hat 50 oder 60,000 Franken, die ihm eigen sind, die die Grundlage seines Geschäftes bilden, er operirt aber mit Wechseln so, als wenn er 100 – 200,000 besäße! Die Fiction ist das Uebel. Ein Wechsel auf sich selbst ist heutiges Tags nur ein sehr schlechtes Hülfsmittel. Es ist ein Uebel für den, der den Wechsel ausstellt, wie für den Kapitalisten. Der Bankier operirt für jenen, er hält ihn für äußerst solid, für um so solider, je höher die zu escomptirenden Summen steigen. Grade das Gegentheil sollte er annehmen.
Leider ist dieß der Fall der meisten industriellen Geschäftsleute in Frankreich. Heute haben wir Kredit im Ueberfluß. Morgen macht ein kleiner Umstand, daß ihr hin seyd! Ein Haus darf nur 50,000 Franks verlieren, der Kredit wird ihm entzogen, und 200,000 folgen dem kleinen Verlust. Es ist eine Preisaufgabe, hier einen Weg zur Reform zu entdecken.
Es handelt sich nicht allein darum, das Mißgeschick seltener zu machen, sondern es auch, wenn es unvermeidlich ist, auf eine möglichst große Anzahl von Jnteressen zu verbreiten. Wir gehen hier nämlich davon aus, daß man einmal den Weg der Aktien auch für die Jndustrie und den Handel versuchen möge. Dann würden die Gewerbe nicht sogleich ohne Hülfe durch einen Bankerutt geopfert werden; sie würden nur den Verlust als die ersten Aktionäre einer Entreprise erleiden.
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