Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Wally, die Zweiflerin. Mannheim, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

schob ihn zurück, um seinem Besuche Platz zu
machen.

"Ist sie wohl?" war seine erste Frage. Lui¬
gi bejahte sie mit dem Lächeln eines Mannes,
der hier gleichsam sagen wollte: Es hängt Alles
von dir ab! oder: Du kannst Vortheil davon
ziehen!

Aber Jeronimo war nicht so starken Glau¬
bens. "Sie liebt mich nicht!" rief er aus,
"sie ist grausam und kalt! Man sieht, daß ein
solches Herz nur im Norden geboren werden
konnte."

"Was hängst du auch, mein Sohn!" ent¬
gegnete Luigi, "dieser Grille nach? Warum
sich einer Leidenschaft hingeben, welche ohne alle
innere Begründung ist und die nur dazu dient,
dein ganzes Leben zu verwirren?"

"Sie läßt mich nicht mehr vor!"

"Du zwingst sie dazu; denn sie liebt mich
von Herzen. Was richtest du an! du bist in

ſchob ihn zurück, um ſeinem Beſuche Platz zu
machen.

„Iſt ſie wohl?“ war ſeine erſte Frage. Lui¬
gi bejahte ſie mit dem Lächeln eines Mannes,
der hier gleichſam ſagen wollte: Es hängt Alles
von dir ab! oder: Du kannſt Vortheil davon
ziehen!

Aber Jeronimo war nicht ſo ſtarken Glau¬
bens. „Sie liebt mich nicht!“ rief er aus,
„ſie iſt grauſam und kalt! Man ſieht, daß ein
ſolches Herz nur im Norden geboren werden
konnte.“

„Was hängſt du auch, mein Sohn!“ ent¬
gegnete Luigi, „dieſer Grille nach? Warum
ſich einer Leidenſchaft hingeben, welche ohne alle
innere Begründung iſt und die nur dazu dient,
dein ganzes Leben zu verwirren?“

„Sie läßt mich nicht mehr vor!“

„Du zwingſt ſie dazu; denn ſie liebt mich
von Herzen. Was richteſt du an! du biſt in

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0182" n="173"/>
&#x017F;chob ihn zurück, um &#x017F;einem Be&#x017F;uche Platz zu<lb/>
machen.</p><lb/>
          <p>&#x201E;I&#x017F;t &#x017F;ie wohl?&#x201C; war &#x017F;eine er&#x017F;te Frage. Lui¬<lb/>
gi bejahte &#x017F;ie mit dem Lächeln eines Mannes,<lb/>
der hier gleich&#x017F;am &#x017F;agen wollte: Es hängt Alles<lb/>
von dir ab! oder: Du kann&#x017F;t Vortheil davon<lb/>
ziehen!</p><lb/>
          <p>Aber Jeronimo war nicht &#x017F;o &#x017F;tarken Glau¬<lb/>
bens. &#x201E;Sie liebt mich nicht!&#x201C; rief er aus,<lb/>
&#x201E;&#x017F;ie i&#x017F;t grau&#x017F;am und kalt! Man &#x017F;ieht, daß ein<lb/>
&#x017F;olches Herz nur im Norden geboren werden<lb/>
konnte.&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Was häng&#x017F;t du auch, mein Sohn!&#x201C; ent¬<lb/>
gegnete Luigi, &#x201E;die&#x017F;er Grille nach? Warum<lb/>
&#x017F;ich einer Leiden&#x017F;chaft hingeben, welche ohne alle<lb/>
innere Begründung i&#x017F;t und die nur dazu dient,<lb/>
dein ganzes Leben zu verwirren?&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Sie läßt mich nicht mehr vor!&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Du zwing&#x017F;t &#x017F;ie dazu; denn &#x017F;ie liebt mich<lb/>
von Herzen. Was richte&#x017F;t du an! du bi&#x017F;t in<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[173/0182] ſchob ihn zurück, um ſeinem Beſuche Platz zu machen. „Iſt ſie wohl?“ war ſeine erſte Frage. Lui¬ gi bejahte ſie mit dem Lächeln eines Mannes, der hier gleichſam ſagen wollte: Es hängt Alles von dir ab! oder: Du kannſt Vortheil davon ziehen! Aber Jeronimo war nicht ſo ſtarken Glau¬ bens. „Sie liebt mich nicht!“ rief er aus, „ſie iſt grauſam und kalt! Man ſieht, daß ein ſolches Herz nur im Norden geboren werden konnte.“ „Was hängſt du auch, mein Sohn!“ ent¬ gegnete Luigi, „dieſer Grille nach? Warum ſich einer Leidenſchaft hingeben, welche ohne alle innere Begründung iſt und die nur dazu dient, dein ganzes Leben zu verwirren?“ „Sie läßt mich nicht mehr vor!“ „Du zwingſt ſie dazu; denn ſie liebt mich von Herzen. Was richteſt du an! du biſt in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_wally_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_wally_1835/182
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Wally, die Zweiflerin. Mannheim, 1835, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_wally_1835/182>, abgerufen am 22.11.2024.