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Gutzkow, Karl: Wally, die Zweiflerin. Mannheim, 1835.

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ihn umschlungen, während sie unwillig glaubte,
daß er es thäte. Ihre nur leis' aufgesteckten
Locken nestelten sich los und küßten Cäsar's
brennende Wangen. Die langen Augenwimpern
senkten sich majestätisch sanft auf die bläulichen
Ultramarinringel, welche unter dem Auge so
viel Leidenschaft verrathen. Dieses Herablas¬
sen des Vorhangs, dieser Fensterladenschluß der
Weiblichkeit, diese Verhüllung ist das reizende
Gegentheil dessen, was sie scheint, weil sie nur
allmälige Entwaffnung ist. Es ist das Sinken
des Tages, der aufsteigende Stern, dessen feuchte
Strahlen die Kronen der Blumen auflockern und
die Kelche erschließen, während die Kelche zu
schlafen scheinen. Cäsar umarmte Wally mit
glühendem Entzücken und rief aus: "O Wally,
ich will nicht grausam sein! Ich eile Allem
zuvorzukommen, was sich auf deiner Lippe zu
Tode ängstigt und gern sprechen möchte. Ich
dringe nicht auf den Besitz dieses göttlichen

ihn umſchlungen, während ſie unwillig glaubte,
daß er es thäte. Ihre nur leiſ' aufgeſteckten
Locken neſtelten ſich los und küßten Cäſar's
brennende Wangen. Die langen Augenwimpern
ſenkten ſich majeſtätiſch ſanft auf die bläulichen
Ultramarinringel, welche unter dem Auge ſo
viel Leidenſchaft verrathen. Dieſes Herablaſ¬
ſen des Vorhangs, dieſer Fenſterladenſchluß der
Weiblichkeit, dieſe Verhüllung iſt das reizende
Gegentheil deſſen, was ſie ſcheint, weil ſie nur
allmälige Entwaffnung iſt. Es iſt das Sinken
des Tages, der aufſteigende Stern, deſſen feuchte
Strahlen die Kronen der Blumen auflockern und
die Kelche erſchließen, während die Kelche zu
ſchlafen ſcheinen. Cäſar umarmte Wally mit
glühendem Entzücken und rief aus: „O Wally,
ich will nicht grauſam ſein! Ich eile Allem
zuvorzukommen, was ſich auf deiner Lippe zu
Tode ängſtigt und gern ſprechen möchte. Ich
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[118/0127] ihn umſchlungen, während ſie unwillig glaubte, daß er es thäte. Ihre nur leiſ' aufgeſteckten Locken neſtelten ſich los und küßten Cäſar's brennende Wangen. Die langen Augenwimpern ſenkten ſich majeſtätiſch ſanft auf die bläulichen Ultramarinringel, welche unter dem Auge ſo viel Leidenſchaft verrathen. Dieſes Herablaſ¬ ſen des Vorhangs, dieſer Fenſterladenſchluß der Weiblichkeit, dieſe Verhüllung iſt das reizende Gegentheil deſſen, was ſie ſcheint, weil ſie nur allmälige Entwaffnung iſt. Es iſt das Sinken des Tages, der aufſteigende Stern, deſſen feuchte Strahlen die Kronen der Blumen auflockern und die Kelche erſchließen, während die Kelche zu ſchlafen ſcheinen. Cäſar umarmte Wally mit glühendem Entzücken und rief aus: „O Wally, ich will nicht grauſam ſein! Ich eile Allem zuvorzukommen, was ſich auf deiner Lippe zu Tode ängſtigt und gern ſprechen möchte. Ich dringe nicht auf den Beſitz dieſes göttlichen

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Wally, die Zweiflerin. Mannheim, 1835, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_wally_1835/127>, abgerufen am 22.11.2024.