Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.Sind so nicht auch die erwachsenen Frauen? Opfern die sich nicht einander um eine Bemerkung über die Toilette? setzte Graf Udo flüchtig hinzu, wandte sich aber sogleich wieder zu seiner Verständigung mit dem Förster und Waldhüter. Dann erinnerte er an die dritte Stunde, die inzwischen angebrochen war. Der Weg war ziemlich weit, wenn auch bergab und - die Mittagstoilette war noch zu machen! Die alte Gräfin war darin eigen. Das Essen schmeckte ihr besser, wenn Alles wie zu einem feierlichen Opfer kam. Als man aufbrach, um zurückzukehren, stützte sich Ada beim Niedersteigen auf Ottomars Arm, drückte ihm aber nur die Hand und erlaubte sich Nichts als die einfache Kundgebung einer allgemein gehaltenen wohlwollenden Gesinnung. Reisen Sie mit Gott! sagte sie, fast im Triumph, daß Ottomar über so viele überraschende Bemerkungen, die sie gemacht hatte, zu grübeln schien. Ich folge bald nach! Wenn Sie mein ewiges Unglück wollen, flüsterte sie ihm noch im Walde zu, dann folgen Sie Ihrer kalten Vernunft! Der Graf schritt schneller. Die entscheidet nicht bei mir! entgegnete doch Ottomar. Die Acten, fuhr er fort, liegen noch bei einer andern Instanz. Beim innern Gesetz! Im gewöhnlichen Sprachgebrauch Gewissen und Selbstbeherrschung genannt! Haben Sie da auch einen Vers darauf? Sind so nicht auch die erwachsenen Frauen? Opfern die sich nicht einander um eine Bemerkung über die Toilette? setzte Graf Udo flüchtig hinzu, wandte sich aber sogleich wieder zu seiner Verständigung mit dem Förster und Waldhüter. Dann erinnerte er an die dritte Stunde, die inzwischen angebrochen war. Der Weg war ziemlich weit, wenn auch bergab und – die Mittagstoilette war noch zu machen! Die alte Gräfin war darin eigen. Das Essen schmeckte ihr besser, wenn Alles wie zu einem feierlichen Opfer kam. Als man aufbrach, um zurückzukehren, stützte sich Ada beim Niedersteigen auf Ottomars Arm, drückte ihm aber nur die Hand und erlaubte sich Nichts als die einfache Kundgebung einer allgemein gehaltenen wohlwollenden Gesinnung. Reisen Sie mit Gott! sagte sie, fast im Triumph, daß Ottomar über so viele überraschende Bemerkungen, die sie gemacht hatte, zu grübeln schien. Ich folge bald nach! Wenn Sie mein ewiges Unglück wollen, flüsterte sie ihm noch im Walde zu, dann folgen Sie Ihrer kalten Vernunft! Der Graf schritt schneller. Die entscheidet nicht bei mir! entgegnete doch Ottomar. Die Acten, fuhr er fort, liegen noch bei einer andern Instanz. Beim innern Gesetz! Im gewöhnlichen Sprachgebrauch Gewissen und Selbstbeherrschung genannt! Haben Sie da auch einen Vers darauf? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0075" n="69"/> <p> Sind so nicht auch die erwachsenen Frauen? Opfern die sich nicht einander um eine Bemerkung über die Toilette? setzte Graf Udo flüchtig hinzu, wandte sich aber sogleich wieder zu seiner Verständigung mit dem Förster und Waldhüter. Dann erinnerte er an die dritte Stunde, die inzwischen angebrochen war. Der Weg war ziemlich weit, wenn auch bergab und – die Mittagstoilette war noch zu machen! Die alte Gräfin war darin eigen. Das Essen schmeckte ihr besser, wenn Alles wie zu einem feierlichen Opfer kam. Als man aufbrach, um zurückzukehren, stützte sich Ada beim Niedersteigen auf Ottomars Arm, drückte ihm aber nur die Hand und erlaubte sich Nichts als die einfache Kundgebung einer allgemein gehaltenen wohlwollenden Gesinnung. Reisen Sie mit Gott! sagte sie, fast im Triumph, daß Ottomar über so viele überraschende Bemerkungen, die sie gemacht hatte, zu grübeln schien. Ich folge bald nach! Wenn Sie mein ewiges Unglück wollen, flüsterte sie ihm noch im Walde zu, dann folgen Sie Ihrer kalten Vernunft! Der Graf schritt schneller.</p> <p>Die entscheidet nicht bei mir! entgegnete doch Ottomar. Die Acten, fuhr er fort, liegen noch bei einer andern Instanz. Beim innern Gesetz! Im gewöhnlichen Sprachgebrauch Gewissen und Selbstbeherrschung genannt! Haben Sie da auch einen Vers darauf?</p> </div> </body> </text> </TEI> [69/0075]
Sind so nicht auch die erwachsenen Frauen? Opfern die sich nicht einander um eine Bemerkung über die Toilette? setzte Graf Udo flüchtig hinzu, wandte sich aber sogleich wieder zu seiner Verständigung mit dem Förster und Waldhüter. Dann erinnerte er an die dritte Stunde, die inzwischen angebrochen war. Der Weg war ziemlich weit, wenn auch bergab und – die Mittagstoilette war noch zu machen! Die alte Gräfin war darin eigen. Das Essen schmeckte ihr besser, wenn Alles wie zu einem feierlichen Opfer kam. Als man aufbrach, um zurückzukehren, stützte sich Ada beim Niedersteigen auf Ottomars Arm, drückte ihm aber nur die Hand und erlaubte sich Nichts als die einfache Kundgebung einer allgemein gehaltenen wohlwollenden Gesinnung. Reisen Sie mit Gott! sagte sie, fast im Triumph, daß Ottomar über so viele überraschende Bemerkungen, die sie gemacht hatte, zu grübeln schien. Ich folge bald nach! Wenn Sie mein ewiges Unglück wollen, flüsterte sie ihm noch im Walde zu, dann folgen Sie Ihrer kalten Vernunft! Der Graf schritt schneller.
Die entscheidet nicht bei mir! entgegnete doch Ottomar. Die Acten, fuhr er fort, liegen noch bei einer andern Instanz. Beim innern Gesetz! Im gewöhnlichen Sprachgebrauch Gewissen und Selbstbeherrschung genannt! Haben Sie da auch einen Vers darauf?
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