Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

Ada hatte den Mann, vor dem sie schwach, unausgebildet und unvollkommen zu sein bekennen wollte und der mit Sanftmuth, Liebe, Güte Alles nachholen sollte, was ihr noch an ihrer Bildung fehlte. Sie hatte ihn sich selbst erobert. Abends bei einer Tasse Thee fand sie ihn allein so unterhaltend wie eine ganze Gesellschaft von Steeplechase-Reitern, unter denen sie früher gelebt hatte. Auch jenes unglückliche Mädchen, das in ihrer Welt- und Menschenverachtung immer tiefer gesunken war, hatte eine Zeit gehabt, wo sie wie jetzt Ada gelebt hatte. Es zeigte sich, wie ein edler Mann, durch das volle Ausströmen seines Werthes ein weibliches Wesen ganz zu erfüllen und zu beglücken vermag. Leider war bei Edwina der moralische Untergrund in frühster Kindheit ein für allemal verdorben. Die Ungarin, die ihr einst das Leben gerettet hatte, hatte ihr neuerdings wieder Grundsätze der Gleichgültigkeit und des Va banque! einzuflößen verstanden.

Die Annäherung an Ottomars so bescheiden lebende Familie machte sich endlich allmälig. Bedeutungsvolle glückliche Ereignisse erleichterten dieselbe. Freilich auch die tiefe Demüthigung der zwei Jahre Gefängniß, die Forbeck bekam, zwar nicht der Adels-, aber der zeitweilige Ehrenrechtsverlust! Es mußte verschmerzt werden. Cohn drei Jahre! Mahlo hatte diesen auf der Absteigestation ganz gemüthlich verrathen und blieb dann auch sogleich in der Stellung, die ihn ferner

Ada hatte den Mann, vor dem sie schwach, unausgebildet und unvollkommen zu sein bekennen wollte und der mit Sanftmuth, Liebe, Güte Alles nachholen sollte, was ihr noch an ihrer Bildung fehlte. Sie hatte ihn sich selbst erobert. Abends bei einer Tasse Thee fand sie ihn allein so unterhaltend wie eine ganze Gesellschaft von Steeplechase-Reitern, unter denen sie früher gelebt hatte. Auch jenes unglückliche Mädchen, das in ihrer Welt- und Menschenverachtung immer tiefer gesunken war, hatte eine Zeit gehabt, wo sie wie jetzt Ada gelebt hatte. Es zeigte sich, wie ein edler Mann, durch das volle Ausströmen seines Werthes ein weibliches Wesen ganz zu erfüllen und zu beglücken vermag. Leider war bei Edwina der moralische Untergrund in frühster Kindheit ein für allemal verdorben. Die Ungarin, die ihr einst das Leben gerettet hatte, hatte ihr neuerdings wieder Grundsätze der Gleichgültigkeit und des Va banque! einzuflößen verstanden.

Die Annäherung an Ottomars so bescheiden lebende Familie machte sich endlich allmälig. Bedeutungsvolle glückliche Ereignisse erleichterten dieselbe. Freilich auch die tiefe Demüthigung der zwei Jahre Gefängniß, die Forbeck bekam, zwar nicht der Adels-, aber der zeitweilige Ehrenrechtsverlust! Es mußte verschmerzt werden. Cohn drei Jahre! Mahlo hatte diesen auf der Absteigestation ganz gemüthlich verrathen und blieb dann auch sogleich in der Stellung, die ihn ferner

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0272" n="266"/>
        <p> Ada hatte den Mann, vor dem sie schwach, unausgebildet und unvollkommen zu sein bekennen wollte und der mit Sanftmuth, Liebe, Güte Alles nachholen sollte, was ihr noch an ihrer Bildung fehlte. Sie hatte ihn sich selbst erobert. Abends bei einer Tasse Thee fand sie ihn allein so unterhaltend wie eine ganze Gesellschaft von Steeplechase-Reitern, unter denen sie früher gelebt hatte. Auch jenes unglückliche Mädchen, das in ihrer Welt- und Menschenverachtung immer tiefer gesunken war, hatte eine Zeit gehabt, wo sie wie jetzt Ada gelebt hatte. Es zeigte sich, wie ein edler Mann, durch das volle Ausströmen seines Werthes ein weibliches Wesen ganz zu erfüllen und zu beglücken vermag. Leider war bei Edwina der moralische Untergrund in frühster Kindheit ein für allemal verdorben. Die Ungarin, die ihr einst das Leben gerettet hatte, hatte ihr neuerdings wieder Grundsätze der Gleichgültigkeit und des <hi rendition="#aq">Va banque</hi>! einzuflößen verstanden. </p>
        <p>Die Annäherung an Ottomars so bescheiden lebende Familie machte sich endlich allmälig. Bedeutungsvolle glückliche Ereignisse erleichterten dieselbe. Freilich auch die tiefe Demüthigung der zwei Jahre Gefängniß, die Forbeck bekam, zwar nicht der Adels-, aber der zeitweilige Ehrenrechtsverlust! Es mußte verschmerzt werden. Cohn drei Jahre! Mahlo hatte diesen auf der Absteigestation ganz gemüthlich verrathen und blieb dann auch sogleich in der Stellung, die ihn ferner
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[266/0272] Ada hatte den Mann, vor dem sie schwach, unausgebildet und unvollkommen zu sein bekennen wollte und der mit Sanftmuth, Liebe, Güte Alles nachholen sollte, was ihr noch an ihrer Bildung fehlte. Sie hatte ihn sich selbst erobert. Abends bei einer Tasse Thee fand sie ihn allein so unterhaltend wie eine ganze Gesellschaft von Steeplechase-Reitern, unter denen sie früher gelebt hatte. Auch jenes unglückliche Mädchen, das in ihrer Welt- und Menschenverachtung immer tiefer gesunken war, hatte eine Zeit gehabt, wo sie wie jetzt Ada gelebt hatte. Es zeigte sich, wie ein edler Mann, durch das volle Ausströmen seines Werthes ein weibliches Wesen ganz zu erfüllen und zu beglücken vermag. Leider war bei Edwina der moralische Untergrund in frühster Kindheit ein für allemal verdorben. Die Ungarin, die ihr einst das Leben gerettet hatte, hatte ihr neuerdings wieder Grundsätze der Gleichgültigkeit und des Va banque! einzuflößen verstanden. Die Annäherung an Ottomars so bescheiden lebende Familie machte sich endlich allmälig. Bedeutungsvolle glückliche Ereignisse erleichterten dieselbe. Freilich auch die tiefe Demüthigung der zwei Jahre Gefängniß, die Forbeck bekam, zwar nicht der Adels-, aber der zeitweilige Ehrenrechtsverlust! Es mußte verschmerzt werden. Cohn drei Jahre! Mahlo hatte diesen auf der Absteigestation ganz gemüthlich verrathen und blieb dann auch sogleich in der Stellung, die ihn ferner

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-02-19T11:57:26Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-02-19T11:57:26Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-3<a>) (2014-02-19T11:57:26Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet
  • Druckfehler: dokumentiert
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877/272
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877/272>, abgerufen am 25.11.2024.