Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.die Rede! Niemand schien in Hochlinden von seinen symphonischen Dichtungen gesprochen zu haben, Niemand seine Lieder gesungen, Ada, die doch Musik verstand, ihn nicht zum Gegenstand ihrer ausschließlichen Beschäftigung gemacht zu haben. Einige frühere Briefe hatte die Gräfin mit dem Wunsche geschlossen, daß es ihm endlich gelingen möchte, die einzige große Hoffnung seines Lebens erfüllt zu sehen, die Erwerbung eines guten Operntextes. Und doch erschrak er, als sein Tischgenosse, der während des Lesens in Gedanken verloren, in die Krystalle, die silbernen Aufsätze geblickt hatte, begeistert sagte: Durchlaucht, Componist oder Feldherr! Das ist das Größte, was ich mir denken kann! Ja, ja - gab Ziska kleinmüthig zu. So ein rauschendes Finale, die Trompeten, Posaunen, Bässe, Trommeln loslassen - nur Napoleon auf seinem Hügel bei Leipzig zu Pferde läßt sich damit vergleichen, das Fernglas vor'm Auge und die Adjutanten hin- und hersprengend -! Ja, ja -! lächelte der Fürst. Seine Stimmungen aussprechen, ohne sie durch Worte zu verrathen, und die Seligkeit, die Sterne vom Himmel herunter zu reißen und wie Blumen zu küssen, die Weltseele aus uns heraus auszujauchzen - alles das kann der Componist -! Herrlich! herrlich, rief Holl. die Rede! Niemand schien in Hochlinden von seinen symphonischen Dichtungen gesprochen zu haben, Niemand seine Lieder gesungen, Ada, die doch Musik verstand, ihn nicht zum Gegenstand ihrer ausschließlichen Beschäftigung gemacht zu haben. Einige frühere Briefe hatte die Gräfin mit dem Wunsche geschlossen, daß es ihm endlich gelingen möchte, die einzige große Hoffnung seines Lebens erfüllt zu sehen, die Erwerbung eines guten Operntextes. Und doch erschrak er, als sein Tischgenosse, der während des Lesens in Gedanken verloren, in die Krystalle, die silbernen Aufsätze geblickt hatte, begeistert sagte: Durchlaucht, Componist oder Feldherr! Das ist das Größte, was ich mir denken kann! Ja, ja – gab Ziska kleinmüthig zu. So ein rauschendes Finale, die Trompeten, Posaunen, Bässe, Trommeln loslassen – nur Napoleon auf seinem Hügel bei Leipzig zu Pferde läßt sich damit vergleichen, das Fernglas vor’m Auge und die Adjutanten hin- und hersprengend –! Ja, ja –! lächelte der Fürst. Seine Stimmungen aussprechen, ohne sie durch Worte zu verrathen, und die Seligkeit, die Sterne vom Himmel herunter zu reißen und wie Blumen zu küssen, die Weltseele aus uns heraus auszujauchzen – alles das kann der Componist –! Herrlich! herrlich, rief Holl. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0237" n="231"/> die Rede! Niemand schien in Hochlinden von seinen symphonischen Dichtungen gesprochen zu haben, Niemand seine Lieder gesungen, Ada, die doch Musik verstand, ihn nicht zum Gegenstand ihrer ausschließlichen Beschäftigung gemacht zu haben. Einige frühere Briefe hatte die Gräfin mit dem Wunsche geschlossen, daß es ihm endlich gelingen möchte, die einzige große Hoffnung seines Lebens erfüllt zu sehen, die Erwerbung eines guten Operntextes. Und doch erschrak er, als sein Tischgenosse, der während des Lesens in Gedanken verloren, in die Krystalle, die silbernen Aufsätze geblickt hatte, begeistert sagte: Durchlaucht, Componist oder Feldherr! Das ist das Größte, was ich mir denken kann!</p> <p>Ja, ja – gab Ziska kleinmüthig zu.</p> <p>So ein rauschendes Finale, die Trompeten, Posaunen, Bässe, Trommeln loslassen – nur Napoleon auf seinem Hügel bei Leipzig zu Pferde läßt sich damit vergleichen, das Fernglas vor’m Auge und die Adjutanten hin- und hersprengend –!</p> <p>Ja, ja –! lächelte der Fürst.</p> <p>Seine Stimmungen aussprechen, ohne sie durch Worte zu verrathen, und die Seligkeit, die Sterne vom Himmel herunter zu reißen und wie Blumen zu küssen, die Weltseele aus uns heraus auszujauchzen – alles das kann der Componist –! Herrlich! herrlich, rief Holl.</p> </div> </body> </text> </TEI> [231/0237]
die Rede! Niemand schien in Hochlinden von seinen symphonischen Dichtungen gesprochen zu haben, Niemand seine Lieder gesungen, Ada, die doch Musik verstand, ihn nicht zum Gegenstand ihrer ausschließlichen Beschäftigung gemacht zu haben. Einige frühere Briefe hatte die Gräfin mit dem Wunsche geschlossen, daß es ihm endlich gelingen möchte, die einzige große Hoffnung seines Lebens erfüllt zu sehen, die Erwerbung eines guten Operntextes. Und doch erschrak er, als sein Tischgenosse, der während des Lesens in Gedanken verloren, in die Krystalle, die silbernen Aufsätze geblickt hatte, begeistert sagte: Durchlaucht, Componist oder Feldherr! Das ist das Größte, was ich mir denken kann!
Ja, ja – gab Ziska kleinmüthig zu.
So ein rauschendes Finale, die Trompeten, Posaunen, Bässe, Trommeln loslassen – nur Napoleon auf seinem Hügel bei Leipzig zu Pferde läßt sich damit vergleichen, das Fernglas vor’m Auge und die Adjutanten hin- und hersprengend –!
Ja, ja –! lächelte der Fürst.
Seine Stimmungen aussprechen, ohne sie durch Worte zu verrathen, und die Seligkeit, die Sterne vom Himmel herunter zu reißen und wie Blumen zu küssen, die Weltseele aus uns heraus auszujauchzen – alles das kann der Componist –! Herrlich! herrlich, rief Holl.
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/237>, abgerufen am 23.07.2024. |