Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.Familie, mein Neveu, Ada, so umgewandelt, daß ich die Wohlthaten der Erlösung nicht mehr in der Religion der Merkus'schen Predigten finde. Der gute Mann giebt zu viel. Er will Christum, den Herrn, überallhin verpflanzen! Darüber haben wir schon Kämpfe gehabt, besonders, als die Generalin da war und ihren Muth zeigte, merkwürdige Impromptus zu machen. In der Stadt ist sie streng rechtgläubig. Hier auf dem Lande fand sie unsre kleine Dorfkirche, die doch so schön unter Linden verborgen liegt, mesquin! Die Fahrt in die Weilheimer Kirche war ihr zu weit. Sage ihr aber Nichts, lieber Ziska, ich fürchte den Stachel ihrer Zunge. Mein hiesiges Glück wird theilweise bald zu Ende sein. Denn Helene drängt zurück zu ihrer Familie. Eine Freundin Helenens, Martha Ehlerdt, ein, wie ich höre, vielgeprüftes, einsichtsvolles Wesen, möchte ich mir gern aneignen. Sie wird Helenen abholen. Ich fürchte nur, daß Martha Ehlerdt in religiösen Dingen noch schlimmer denkt und die Glaubenssätze unsrer Commerzienräthin Rabe, bei der sie früher war, angenommen hat! Von dieser Aermsten habe ich mit Betrübniß vernommen, daß sie zuweilen dem Himmel förmlich mit der Faust gedroht hat! Der Fürst fand in diesen Plaudereien wenig von dem, was er suchte. Von ihm, von der Musik war nicht Familie, mein Neveu, Ada, so umgewandelt, daß ich die Wohlthaten der Erlösung nicht mehr in der Religion der Merkus’schen Predigten finde. Der gute Mann giebt zu viel. Er will Christum, den Herrn, überallhin verpflanzen! Darüber haben wir schon Kämpfe gehabt, besonders, als die Generalin da war und ihren Muth zeigte, merkwürdige Impromptus zu machen. In der Stadt ist sie streng rechtgläubig. Hier auf dem Lande fand sie unsre kleine Dorfkirche, die doch so schön unter Linden verborgen liegt, mesquin! Die Fahrt in die Weilheimer Kirche war ihr zu weit. Sage ihr aber Nichts, lieber Ziska, ich fürchte den Stachel ihrer Zunge. Mein hiesiges Glück wird theilweise bald zu Ende sein. Denn Helene drängt zurück zu ihrer Familie. Eine Freundin Helenens, Martha Ehlerdt, ein, wie ich höre, vielgeprüftes, einsichtsvolles Wesen, möchte ich mir gern aneignen. Sie wird Helenen abholen. Ich fürchte nur, daß Martha Ehlerdt in religiösen Dingen noch schlimmer denkt und die Glaubenssätze unsrer Commerzienräthin Rabe, bei der sie früher war, angenommen hat! Von dieser Aermsten habe ich mit Betrübniß vernommen, daß sie zuweilen dem Himmel förmlich mit der Faust gedroht hat! Der Fürst fand in diesen Plaudereien wenig von dem, was er suchte. Von ihm, von der Musik war nicht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0236" n="230"/> Familie, mein <ref xml:id="TEXTNeveu" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLNeveu">Neveu, </ref> Ada, so umgewandelt, daß ich die Wohlthaten der Erlösung nicht mehr in der Religion der Merkus’schen Predigten finde. Der gute Mann giebt zu viel. Er will Christum, den Herrn, überallhin verpflanzen! Darüber haben wir schon Kämpfe gehabt, besonders, als die Generalin da war und ihren Muth zeigte, merkwürdige Impromptus zu machen. In der Stadt ist sie streng rechtgläubig. Hier auf dem Lande fand sie unsre kleine Dorfkirche, die doch so schön unter Linden verborgen liegt, <ref xml:id="TEXTmesquin" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLmesquin"><hi rendition="#aq">mesquin</hi></ref>! Die Fahrt in die Weilheimer Kirche war ihr zu weit. Sage ihr aber Nichts, lieber Ziska, ich fürchte den Stachel ihrer Zunge. Mein hiesiges Glück wird theilweise bald zu Ende sein. Denn Helene drängt zurück zu ihrer Familie. Eine Freundin Helenens, Martha Ehlerdt, ein, wie ich höre, vielgeprüftes, einsichtsvolles Wesen, möchte ich mir gern aneignen. Sie wird Helenen abholen. Ich fürchte nur, daß Martha Ehlerdt in religiösen Dingen noch schlimmer denkt und die Glaubenssätze unsrer Commerzienräthin Rabe, bei der sie früher war, angenommen hat! Von dieser Aermsten habe ich mit Betrübniß vernommen, daß sie zuweilen dem Himmel förmlich mit der Faust gedroht hat!</p> <p>Der Fürst fand in diesen Plaudereien wenig von dem, was er suchte. Von ihm, von der Musik war nicht </p> </div> </body> </text> </TEI> [230/0236]
Familie, mein Neveu, Ada, so umgewandelt, daß ich die Wohlthaten der Erlösung nicht mehr in der Religion der Merkus’schen Predigten finde. Der gute Mann giebt zu viel. Er will Christum, den Herrn, überallhin verpflanzen! Darüber haben wir schon Kämpfe gehabt, besonders, als die Generalin da war und ihren Muth zeigte, merkwürdige Impromptus zu machen. In der Stadt ist sie streng rechtgläubig. Hier auf dem Lande fand sie unsre kleine Dorfkirche, die doch so schön unter Linden verborgen liegt, mesquin! Die Fahrt in die Weilheimer Kirche war ihr zu weit. Sage ihr aber Nichts, lieber Ziska, ich fürchte den Stachel ihrer Zunge. Mein hiesiges Glück wird theilweise bald zu Ende sein. Denn Helene drängt zurück zu ihrer Familie. Eine Freundin Helenens, Martha Ehlerdt, ein, wie ich höre, vielgeprüftes, einsichtsvolles Wesen, möchte ich mir gern aneignen. Sie wird Helenen abholen. Ich fürchte nur, daß Martha Ehlerdt in religiösen Dingen noch schlimmer denkt und die Glaubenssätze unsrer Commerzienräthin Rabe, bei der sie früher war, angenommen hat! Von dieser Aermsten habe ich mit Betrübniß vernommen, daß sie zuweilen dem Himmel förmlich mit der Faust gedroht hat!
Der Fürst fand in diesen Plaudereien wenig von dem, was er suchte. Von ihm, von der Musik war nicht
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/236>, abgerufen am 23.07.2024. |