Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.Statt muthig in den hohen Kreisen das Wort zu ergreifen für die endlose Melodie, wagte er sich selten damit hervor und überließ es überspannten, herrschsüchtigen Frauenzimmern, die Sache ihrer Clavierpartner durchzuführen. Es ist eine seltsame Erscheinung dabei zu bemerken: Je höher die Menschen stehen, desto rücksichtsloser äußern sie sich! Man bildet sich gewöhnlich das Gegentheil ein. Man glaubt, daß z. B. an einem Hofe Alles wie unter Eiern und mit verbundenen Augen herginge. Weit gefehlt! Die Prinzessinnen denken noch heute wie Elisabeth Charlotte, Prinzessin von Orleans, und drücken sich in ihrem nächsten Kreise auch noch fast ebenso aus. Die Gräfin schrieb von unendlich glücklichen Stunden, die man jetzt in Hochlinden zubrächte. Und Forbeck hatte doch grade im Gegentheil dem Fürsten erst vor Kurzem erzählt, daß seine Mutter, die nun zurück war, berichtet hätte, dort gäbe es alle Tage Zank und Spectakel! Hatte dieser Lärm nur im Gemüth der unfreundlichen Generalin stattgefunden? War Ada die Spielverderberin in den Zimmern der Mutter? Die alte Gräfin wußte davon Nichts. Diese berichtete nur Idylle und Glück. Dies engelliebe Mädchen, schrieb sie, diese Helene Althing, Sie ist mir doch wie von Gott gesendet! Was Statt muthig in den hohen Kreisen das Wort zu ergreifen für die endlose Melodie, wagte er sich selten damit hervor und überließ es überspannten, herrschsüchtigen Frauenzimmern, die Sache ihrer Clavierpartner durchzuführen. Es ist eine seltsame Erscheinung dabei zu bemerken: Je höher die Menschen stehen, desto rücksichtsloser äußern sie sich! Man bildet sich gewöhnlich das Gegentheil ein. Man glaubt, daß z. B. an einem Hofe Alles wie unter Eiern und mit verbundenen Augen herginge. Weit gefehlt! Die Prinzessinnen denken noch heute wie Elisabeth Charlotte, Prinzessin von Orleans, und drücken sich in ihrem nächsten Kreise auch noch fast ebenso aus. Die Gräfin schrieb von unendlich glücklichen Stunden, die man jetzt in Hochlinden zubrächte. Und Forbeck hatte doch grade im Gegentheil dem Fürsten erst vor Kurzem erzählt, daß seine Mutter, die nun zurück war, berichtet hätte, dort gäbe es alle Tage Zank und Spectakel! Hatte dieser Lärm nur im Gemüth der unfreundlichen Generalin stattgefunden? War Ada die Spielverderberin in den Zimmern der Mutter? Die alte Gräfin wußte davon Nichts. Diese berichtete nur Idylle und Glück. Dies engelliebe Mädchen, schrieb sie, diese Helene Althing, Sie ist mir doch wie von Gott gesendet! Was <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0233" n="227"/> Statt muthig in den hohen Kreisen das Wort zu ergreifen für die endlose Melodie, wagte er sich selten damit hervor und überließ es überspannten, herrschsüchtigen Frauenzimmern, die Sache ihrer Clavierpartner durchzuführen. Es ist eine seltsame Erscheinung dabei zu bemerken: Je höher die Menschen stehen, desto rücksichtsloser äußern sie sich! Man bildet sich gewöhnlich das Gegentheil ein. Man glaubt, daß z. B. an einem Hofe Alles wie unter Eiern und mit verbundenen Augen herginge. Weit gefehlt! Die Prinzessinnen denken noch heute wie <ref xml:id="TEXTElisabethBISOrleans" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLElisabethBISOrleans">Elisabeth Charlotte, Prinzessin von Orleans, </ref> und drücken sich in ihrem nächsten Kreise auch noch fast ebenso aus.</p> <p>Die Gräfin schrieb von unendlich glücklichen Stunden, die man jetzt in Hochlinden zubrächte. Und Forbeck hatte doch grade im Gegentheil dem Fürsten erst vor Kurzem erzählt, daß seine Mutter, die nun zurück war, berichtet hätte, dort gäbe es alle Tage Zank und Spectakel!</p> <p>Hatte dieser Lärm nur im Gemüth der unfreundlichen Generalin stattgefunden? War Ada die Spielverderberin in den Zimmern der Mutter?</p> <p>Die alte Gräfin wußte davon Nichts. Diese berichtete nur Idylle und Glück.</p> <p>Dies engelliebe Mädchen, schrieb sie, diese Helene Althing, Sie ist mir doch wie von Gott gesendet! Was </p> </div> </body> </text> </TEI> [227/0233]
Statt muthig in den hohen Kreisen das Wort zu ergreifen für die endlose Melodie, wagte er sich selten damit hervor und überließ es überspannten, herrschsüchtigen Frauenzimmern, die Sache ihrer Clavierpartner durchzuführen. Es ist eine seltsame Erscheinung dabei zu bemerken: Je höher die Menschen stehen, desto rücksichtsloser äußern sie sich! Man bildet sich gewöhnlich das Gegentheil ein. Man glaubt, daß z. B. an einem Hofe Alles wie unter Eiern und mit verbundenen Augen herginge. Weit gefehlt! Die Prinzessinnen denken noch heute wie Elisabeth Charlotte, Prinzessin von Orleans, und drücken sich in ihrem nächsten Kreise auch noch fast ebenso aus.
Die Gräfin schrieb von unendlich glücklichen Stunden, die man jetzt in Hochlinden zubrächte. Und Forbeck hatte doch grade im Gegentheil dem Fürsten erst vor Kurzem erzählt, daß seine Mutter, die nun zurück war, berichtet hätte, dort gäbe es alle Tage Zank und Spectakel!
Hatte dieser Lärm nur im Gemüth der unfreundlichen Generalin stattgefunden? War Ada die Spielverderberin in den Zimmern der Mutter?
Die alte Gräfin wußte davon Nichts. Diese berichtete nur Idylle und Glück.
Dies engelliebe Mädchen, schrieb sie, diese Helene Althing, Sie ist mir doch wie von Gott gesendet! Was
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/233 |
Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/233>, abgerufen am 23.07.2024. |