Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Gutzkow, Karl:] Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite

leon sein, weil ich um keinen Preis einen Souslieutenant hätte abgeben mögen. Ich bewundere an den Titanen der Geschichte, wenn sie den Himmel stürmen; hasse sie aber, wenn sie größer sein wollen, als die Menschen, und so verliert auch ihr Unternehmen seinen Werth. Wär' ich ein Schriftsteller, so würd' ich mit meinem Napoleonshaß ordentlich kokettiren, so aber erinner' ich Dich nur an jene wahren, aber glanzlosen Worte, die ich bei jener Krönung sprach: "der Mann da sucht ein Pferd, und reitet drauf."

Du schienst darüber entrüstet, und gern ließ ich Dich unter den Generälen und Marschällen stehen, bei denen Du mit dem Wechselspiel Deiner Schönheit und Bewunderung für sie nur Glück machen konntest.

Seitdem sind wir lange getrennt gewesen. Jetzt, nun Du Alles durchgemacht, und der Zufall uns wieder zusammengeführt hat, willst Du eine andere Saite berühren, dieselbe, die ich bei unseren Wanderungen durch die Weltgeschichte vergebens klingen ließ. Jetzt beschwörst Du meinen damals verschmähten Glauben an die stille Heimlichkeit des Daseins, sprichst von Spaziergängen im Scheine der Abendsonne, willst mir zu Gefallen Blumen und Steine beleben, um mit ihnen Dich zu verständigen. Diese Täuschung ist um so

leon sein, weil ich um keinen Preis einen Souslieutenant hätte abgeben mögen. Ich bewundere an den Titanen der Geschichte, wenn sie den Himmel stürmen; hasse sie aber, wenn sie größer sein wollen, als die Menschen, und so verliert auch ihr Unternehmen seinen Werth. Wär’ ich ein Schriftsteller, so würd’ ich mit meinem Napoleonshaß ordentlich kokettiren, so aber erinner’ ich Dich nur an jene wahren, aber glanzlosen Worte, die ich bei jener Krönung sprach: »der Mann da sucht ein Pferd, und reitet drauf.«

Du schienst darüber entrüstet, und gern ließ ich Dich unter den Generälen und Marschällen stehen, bei denen Du mit dem Wechselspiel Deiner Schönheit und Bewunderung für sie nur Glück machen konntest.

Seitdem sind wir lange getrennt gewesen. Jetzt, nun Du Alles durchgemacht, und der Zufall uns wieder zusammengeführt hat, willst Du eine andere Saite berühren, dieselbe, die ich bei unseren Wanderungen durch die Weltgeschichte vergebens klingen ließ. Jetzt beschwörst Du meinen damals verschmähten Glauben an die stille Heimlichkeit des Daseins, sprichst von Spaziergängen im Scheine der Abendsonne, willst mir zu Gefallen Blumen und Steine beleben, um mit ihnen Dich zu verständigen. Diese Täuschung ist um so

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0159" n="146"/>
leon sein, weil ich um keinen Preis einen Souslieutenant hätte abgeben mögen. Ich bewundere an den Titanen der Geschichte, wenn sie den Himmel stürmen; hasse sie aber, wenn sie größer sein wollen, als die Menschen, und so verliert auch ihr Unternehmen seinen Werth. Wär&#x2019; ich ein Schriftsteller, so würd&#x2019; ich mit meinem Napoleonshaß ordentlich kokettiren, so aber erinner&#x2019; ich Dich nur an jene wahren, aber glanzlosen Worte, die ich bei jener Krönung sprach: »der Mann da sucht ein Pferd, und reitet drauf.«</p>
        <p>Du schienst darüber entrüstet, und gern ließ ich Dich unter den Generälen und Marschällen stehen, bei denen Du mit dem Wechselspiel Deiner Schönheit und Bewunderung für sie nur Glück machen konntest.</p>
        <p>Seitdem sind wir lange getrennt gewesen. Jetzt, nun Du Alles durchgemacht, und der Zufall uns wieder zusammengeführt hat, willst Du eine andere Saite berühren, dieselbe, die ich bei unseren Wanderungen durch die Weltgeschichte vergebens klingen ließ. Jetzt beschwörst Du meinen damals verschmähten Glauben an die stille Heimlichkeit des Daseins, sprichst von Spaziergängen im Scheine der Abendsonne, willst mir zu Gefallen Blumen und Steine beleben, um mit ihnen Dich zu verständigen. Diese Täuschung ist um so
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[146/0159] leon sein, weil ich um keinen Preis einen Souslieutenant hätte abgeben mögen. Ich bewundere an den Titanen der Geschichte, wenn sie den Himmel stürmen; hasse sie aber, wenn sie größer sein wollen, als die Menschen, und so verliert auch ihr Unternehmen seinen Werth. Wär’ ich ein Schriftsteller, so würd’ ich mit meinem Napoleonshaß ordentlich kokettiren, so aber erinner’ ich Dich nur an jene wahren, aber glanzlosen Worte, die ich bei jener Krönung sprach: »der Mann da sucht ein Pferd, und reitet drauf.« Du schienst darüber entrüstet, und gern ließ ich Dich unter den Generälen und Marschällen stehen, bei denen Du mit dem Wechselspiel Deiner Schönheit und Bewunderung für sie nur Glück machen konntest. Seitdem sind wir lange getrennt gewesen. Jetzt, nun Du Alles durchgemacht, und der Zufall uns wieder zusammengeführt hat, willst Du eine andere Saite berühren, dieselbe, die ich bei unseren Wanderungen durch die Weltgeschichte vergebens klingen ließ. Jetzt beschwörst Du meinen damals verschmähten Glauben an die stille Heimlichkeit des Daseins, sprichst von Spaziergängen im Scheine der Abendsonne, willst mir zu Gefallen Blumen und Steine beleben, um mit ihnen Dich zu verständigen. Diese Täuschung ist um so

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in der Syntax des Gutzkow Editionsprojekts. (2013-07-01T14:33:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus dem Gutzkow Editionsprojekt entsprechen muss.
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-07-01T14:33:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung vom Markup des Gutzkow Editionsprojekts nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-07-01T14:33:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Gutzkow Editionsprojekt:Editionsprinzipien
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Zeilenumbrüche innerhalb eines Absatzes werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Anmerkungen und Erläuterungen der Herausgeber der Gutzkow-Edition sind im XML mit <ref target="[Ziel]">...</ref> wiedergegeben. [Ziel] benennt die HTM-Datei und den Abschnitt der jeweiligen Erläuterung auf den Seiten des Gutzkow-Editionsprojekts.
  • Druckfehler und andere Fehler der Vorlage wurden in der Transkription behoben. Zu den hierbei vorgenommenen Textänderungen und zu problematischen Textstellen siehe Abschnitt 2.1.1: Textänderungen auf den Seiten des Gutzkow-Editionsprojekts.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832/159
Zitationshilfe: [Gutzkow, Karl:] Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832/159>, abgerufen am 17.05.2024.