[Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.die stolzen Würdenträger der neuen Herrschaft, Männer, die nach Deinem damaligen Ausdrucke, nach Jahrhunderten suchten, deren Helden sie hätten sein können, standen um den kleinen Mann, der sich nun erhob und mit eigner Hand die Krone seinem lorbeergekränzten Haupte aufsetzte. Damals hab' ich ihn in jener Stellung gezeichnet. Ich hab' es mir zum Gesetz gemacht, über diesen Mann nie die Wahrheit zu verschweigen, und das, was man seine Größe nennt, zu erheben, aber immer nur im einfachsten Gewande. So wie an ihm selbst der graue Oberrock sehr viel zu bedeuten hatte, so schildert ihn der am originellsten, der sich dabei des schlichtesten Ausdrucks bedient. Die gewöhnliche Exaltation seiner Bewunderer hat nicht mehr Werth, als die Tressen seiner Generale. Ich liebe meine Jugend mehr, als all die Ideen, die ich in ihr einst hassen konnte, und jetzt schätze. Ich bin so sehr Egoist, daß ich selbst meine Irrthümer höher achte, als die Wahrheit im Munde oder in der That eines Andern. Ich habe mich einst mit einem Dolche gegen jenen Mann ausgerüstet, und fand es damals nicht lächerlich; jetzt könnt' ich darüber lachen, mag aber nicht, weil meine Handlungen der Heiligkeit meiner Person entsprechen müssen, diese mir aber über Alles geht. Schon darum möcht' ich kein Napo- die stolzen Würdenträger der neuen Herrschaft, Männer, die nach Deinem damaligen Ausdrucke, nach Jahrhunderten suchten, deren Helden sie hätten sein können, standen um den kleinen Mann, der sich nun erhob und mit eigner Hand die Krone seinem lorbeergekränzten Haupte aufsetzte. Damals hab’ ich ihn in jener Stellung gezeichnet. Ich hab’ es mir zum Gesetz gemacht, über diesen Mann nie die Wahrheit zu verschweigen, und das, was man seine Größe nennt, zu erheben, aber immer nur im einfachsten Gewande. So wie an ihm selbst der graue Oberrock sehr viel zu bedeuten hatte, so schildert ihn der am originellsten, der sich dabei des schlichtesten Ausdrucks bedient. Die gewöhnliche Exaltation seiner Bewunderer hat nicht mehr Werth, als die Tressen seiner Generale. Ich liebe meine Jugend mehr, als all die Ideen, die ich in ihr einst hassen konnte, und jetzt schätze. Ich bin so sehr Egoist, daß ich selbst meine Irrthümer höher achte, als die Wahrheit im Munde oder in der That eines Andern. Ich habe mich einst mit einem Dolche gegen jenen Mann ausgerüstet, und fand es damals nicht lächerlich; jetzt könnt’ ich darüber lachen, mag aber nicht, weil meine Handlungen der Heiligkeit meiner Person entsprechen müssen, diese mir aber über Alles geht. Schon darum möcht’ ich kein Napo- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0158" n="145"/> die stolzen Würdenträger der neuen Herrschaft, Männer, die nach Deinem damaligen Ausdrucke, nach Jahrhunderten suchten, deren Helden sie hätten sein können, standen um den kleinen Mann, der sich nun erhob und mit eigner Hand die Krone seinem lorbeergekränzten Haupte aufsetzte. Damals hab’ ich ihn in jener Stellung gezeichnet.</p> <p>Ich hab’ es mir zum Gesetz gemacht, über diesen Mann nie die Wahrheit zu verschweigen, und das, was man seine Größe nennt, zu erheben, aber immer nur im einfachsten Gewande. So wie an ihm selbst der graue Oberrock sehr viel zu bedeuten hatte, so schildert ihn der am originellsten, der sich dabei des schlichtesten Ausdrucks bedient. Die gewöhnliche Exaltation seiner Bewunderer hat nicht mehr Werth, als die Tressen seiner Generale. Ich liebe meine Jugend mehr, als all die Ideen, die ich in ihr einst hassen konnte, und jetzt schätze. Ich bin so sehr Egoist, daß ich selbst meine Irrthümer höher achte, als die Wahrheit im Munde oder in der That eines Andern. Ich habe mich einst mit einem Dolche gegen jenen Mann ausgerüstet, und fand es damals nicht lächerlich; jetzt könnt’ ich darüber lachen, mag aber nicht, weil meine Handlungen der Heiligkeit meiner Person entsprechen müssen, diese mir aber über Alles geht. Schon darum möcht’ ich kein Napo- </p> </div> </body> </text> </TEI> [145/0158]
die stolzen Würdenträger der neuen Herrschaft, Männer, die nach Deinem damaligen Ausdrucke, nach Jahrhunderten suchten, deren Helden sie hätten sein können, standen um den kleinen Mann, der sich nun erhob und mit eigner Hand die Krone seinem lorbeergekränzten Haupte aufsetzte. Damals hab’ ich ihn in jener Stellung gezeichnet.
Ich hab’ es mir zum Gesetz gemacht, über diesen Mann nie die Wahrheit zu verschweigen, und das, was man seine Größe nennt, zu erheben, aber immer nur im einfachsten Gewande. So wie an ihm selbst der graue Oberrock sehr viel zu bedeuten hatte, so schildert ihn der am originellsten, der sich dabei des schlichtesten Ausdrucks bedient. Die gewöhnliche Exaltation seiner Bewunderer hat nicht mehr Werth, als die Tressen seiner Generale. Ich liebe meine Jugend mehr, als all die Ideen, die ich in ihr einst hassen konnte, und jetzt schätze. Ich bin so sehr Egoist, daß ich selbst meine Irrthümer höher achte, als die Wahrheit im Munde oder in der That eines Andern. Ich habe mich einst mit einem Dolche gegen jenen Mann ausgerüstet, und fand es damals nicht lächerlich; jetzt könnt’ ich darüber lachen, mag aber nicht, weil meine Handlungen der Heiligkeit meiner Person entsprechen müssen, diese mir aber über Alles geht. Schon darum möcht’ ich kein Napo-
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