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Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835.

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Chateaubriand.
Nun, was ist? Chateaubriand kokettirte so gut, wie
Hr. von Holtei.

Beide kamen und gingen. Beide sind nur flüchtige
Gäste, die wie der Vogel Alcyon ihr Nest auf dem
Meere haben. Beide machten sich unglücklich, und da
Niemand darauf sehen wollte, schrien sie; beide ohne
Plan, und doch immer getäuscht; beiden macht die
Ruhe Langeweile; beide schlürfen zitternd, aber mit
Wollust den Becher, den ihnen das Leben mit herbem
Weine füllt. Beide werden ewig jung bleiben: Hr. von
Chateaubriand wie ein Ritter des Mittelalters, wie
ein Genosse des Artus, der den Graal gesehen hat;
Hr. von Holtei wie Wilhelm Meister, etwas grämlich
und frühreif, beide so verschieden, wie der Genius des
Christenthums und die Wiener in Berlin, und beide
doch, wer sie kennt, selbst im Aeußern, so ähnlich.

Unternehmen wir es, einige Epochen in Chateau¬
briands Leben wieder aufzufrischen.

Der edle Vicomte kam nach Paris, wie in der
guten alten Zeit ein junger Mann nach Paris kam
-- noch warm von dem mütterlichen Schooße, in dem
er daheim gesessen, voll guter Lehren, hoffend, mit dem
gereinigten Horaz und Ovid die Welt erobern zu kön¬
nen, das Ohr noch klingend von den Reden Bossuets,

Chateaubriand.
Nun, was iſt? Chateaubriand kokettirte ſo gut, wie
Hr. von Holtei.

Beide kamen und gingen. Beide ſind nur fluͤchtige
Gaͤſte, die wie der Vogel Alcyon ihr Neſt auf dem
Meere haben. Beide machten ſich ungluͤcklich, und da
Niemand darauf ſehen wollte, ſchrien ſie; beide ohne
Plan, und doch immer getaͤuſcht; beiden macht die
Ruhe Langeweile; beide ſchluͤrfen zitternd, aber mit
Wolluſt den Becher, den ihnen das Leben mit herbem
Weine fuͤllt. Beide werden ewig jung bleiben: Hr. von
Chateaubriand wie ein Ritter des Mittelalters, wie
ein Genoſſe des Artus, der den Graal geſehen hat;
Hr. von Holtei wie Wilhelm Meiſter, etwas graͤmlich
und fruͤhreif, beide ſo verſchieden, wie der Genius des
Chriſtenthums und die Wiener in Berlin, und beide
doch, wer ſie kennt, ſelbſt im Aeußern, ſo aͤhnlich.

Unternehmen wir es, einige Epochen in Chateau¬
briands Leben wieder aufzufriſchen.

Der edle Vicomte kam nach Paris, wie in der
guten alten Zeit ein junger Mann nach Paris kam
— noch warm von dem muͤtterlichen Schooße, in dem
er daheim geſeſſen, voll guter Lehren, hoffend, mit dem
gereinigten Horaz und Ovid die Welt erobern zu koͤn¬
nen, das Ohr noch klingend von den Reden Boſſuets,

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[63/0081] Chateaubriand. Nun, was iſt? Chateaubriand kokettirte ſo gut, wie Hr. von Holtei. Beide kamen und gingen. Beide ſind nur fluͤchtige Gaͤſte, die wie der Vogel Alcyon ihr Neſt auf dem Meere haben. Beide machten ſich ungluͤcklich, und da Niemand darauf ſehen wollte, ſchrien ſie; beide ohne Plan, und doch immer getaͤuſcht; beiden macht die Ruhe Langeweile; beide ſchluͤrfen zitternd, aber mit Wolluſt den Becher, den ihnen das Leben mit herbem Weine fuͤllt. Beide werden ewig jung bleiben: Hr. von Chateaubriand wie ein Ritter des Mittelalters, wie ein Genoſſe des Artus, der den Graal geſehen hat; Hr. von Holtei wie Wilhelm Meiſter, etwas graͤmlich und fruͤhreif, beide ſo verſchieden, wie der Genius des Chriſtenthums und die Wiener in Berlin, und beide doch, wer ſie kennt, ſelbſt im Aeußern, ſo aͤhnlich. Unternehmen wir es, einige Epochen in Chateau¬ briands Leben wieder aufzufriſchen. Der edle Vicomte kam nach Paris, wie in der guten alten Zeit ein junger Mann nach Paris kam — noch warm von dem muͤtterlichen Schooße, in dem er daheim geſeſſen, voll guter Lehren, hoffend, mit dem gereinigten Horaz und Ovid die Welt erobern zu koͤn¬ nen, das Ohr noch klingend von den Reden Boſſuets,

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835/81>, abgerufen am 22.11.2024.