welche den Styl und die guten Sitten bildeten, mit etwas Mathematik, Lustigkeit und der Aussicht, in sei¬ ner Lieutenantsstelle bei der Garde vom Hofe bald entdeckt, hervorgezogen und geliebkoset zu werden.
Noch hat Chateaubriand keine Idee. Er läuft durch die Straßen von Paris, schließt Freundschaften, begleitet den König auf die Jagd, wo er einst so glück¬ lich war, daß Ludwig XVI. einige Worte sprach, ge¬ rade in der Richtung, als hätte er sie ihm sagen wollen.
Malesherbes war der Oheim des jungen Menschen, der ihn zuweilen besuchte, und in das Getriebe des Staates sehen ließ, das ihm zu verstehen sehr schwer wurde. Eines Tages trat der gute alte Herr in seinem kastanienbraunen Rocke mit den großen Taschenklappen und goldgesponnenen Knöpfen, das Busentuch mit Ta¬ back bestreut, die Stutzperücke schlecht gekämmt und schief gesetzt, in die Wohnung des jungen Gardisten au quatrieme ein, sprach von Staatsverhältnissen, Re¬ volution und böhmischen Dörfern, und gab dem Nef¬ fen, er war damals 25 Jahre, den Rath, den kochen¬ den Vesuv der Hauptstadt zu verlassen, und ein Mes¬ ser zu vermeiden, welches für den alten Präsidenten und Rosenliebhaber schon geschliffen war.
Chateaubriand erschrak, und Malesherbes examinirte
Chateaubriand.
welche den Styl und die guten Sitten bildeten, mit etwas Mathematik, Luſtigkeit und der Ausſicht, in ſei¬ ner Lieutenantsſtelle bei der Garde vom Hofe bald entdeckt, hervorgezogen und geliebkoſet zu werden.
Noch hat Chateaubriand keine Idee. Er laͤuft durch die Straßen von Paris, ſchließt Freundſchaften, begleitet den Koͤnig auf die Jagd, wo er einſt ſo gluͤck¬ lich war, daß Ludwig XVI. einige Worte ſprach, ge¬ rade in der Richtung, als haͤtte er ſie ihm ſagen wollen.
Malesherbes war der Oheim des jungen Menſchen, der ihn zuweilen beſuchte, und in das Getriebe des Staates ſehen ließ, das ihm zu verſtehen ſehr ſchwer wurde. Eines Tages trat der gute alte Herr in ſeinem kaſtanienbraunen Rocke mit den großen Taſchenklappen und goldgeſponnenen Knoͤpfen, das Buſentuch mit Ta¬ back beſtreut, die Stutzperuͤcke ſchlecht gekaͤmmt und ſchief geſetzt, in die Wohnung des jungen Gardiſten au quatrième ein, ſprach von Staatsverhaͤltniſſen, Re¬ volution und boͤhmiſchen Doͤrfern, und gab dem Nef¬ fen, er war damals 25 Jahre, den Rath, den kochen¬ den Veſuv der Hauptſtadt zu verlaſſen, und ein Meſ¬ ſer zu vermeiden, welches fuͤr den alten Praͤſidenten und Roſenliebhaber ſchon geſchliffen war.
Chateaubriand erſchrak, und Malesherbes examinirte
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Chateaubriand.
welche den Styl und die guten Sitten bildeten, mit
etwas Mathematik, Luſtigkeit und der Ausſicht, in ſei¬
ner Lieutenantsſtelle bei der Garde vom Hofe bald
entdeckt, hervorgezogen und geliebkoſet zu werden.
Noch hat Chateaubriand keine Idee. Er laͤuft
durch die Straßen von Paris, ſchließt Freundſchaften,
begleitet den Koͤnig auf die Jagd, wo er einſt ſo gluͤck¬
lich war, daß Ludwig XVI. einige Worte ſprach, ge¬
rade in der Richtung, als haͤtte er ſie ihm ſagen wollen.
Malesherbes war der Oheim des jungen Menſchen,
der ihn zuweilen beſuchte, und in das Getriebe des
Staates ſehen ließ, das ihm zu verſtehen ſehr ſchwer
wurde. Eines Tages trat der gute alte Herr in ſeinem
kaſtanienbraunen Rocke mit den großen Taſchenklappen
und goldgeſponnenen Knoͤpfen, das Buſentuch mit Ta¬
back beſtreut, die Stutzperuͤcke ſchlecht gekaͤmmt und
ſchief geſetzt, in die Wohnung des jungen Gardiſten
au quatrième ein, ſprach von Staatsverhaͤltniſſen, Re¬
volution und boͤhmiſchen Doͤrfern, und gab dem Nef¬
fen, er war damals 25 Jahre, den Rath, den kochen¬
den Veſuv der Hauptſtadt zu verlaſſen, und ein Meſ¬
ſer zu vermeiden, welches fuͤr den alten Praͤſidenten
und Roſenliebhaber ſchon geſchliffen war.
Chateaubriand erſchrak, und Malesherbes examinirte
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Ab Oktober 1834 ließ Karl Gutzkow seine als Serie… [mehr]
Ab Oktober 1834 ließ Karl Gutzkow seine als Serie angelegten Reflexionen über "Öffentliche Charaktere" in der Augsburger Allgemeinen Zeitung erscheinen. In Buchform erschien ein erster Band 1835 bei Hoffmann und Campe in Hamburg. Zur Publikation der weiteren geplanten Teile kam es nicht.
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Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835/82>, abgerufen am 16.02.2025.
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