Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.Erzieher, der mit heiligem Eifer für die damals namentlich von Berlin ausgehende Idee einer Reformation des Judenthums auf dem Wege der Jugendbildung schwärmte, der, selbst noch jung, so gern Gelegenheit gehabt hätte, durch die Verpflichtung, in den Realfächern zu unterrichten, sich selbst noch zur weitern Ausbildung gespornt zu sehen, denke sich einen Erzieher, der im Grunde seines Herzens an dem ganzen Wust der talmudischen Gelehrsamkeit und des Ceremonialheuchelgottesdienstes einen Ueberdruß hatte: wie mußt' er bei den ewigen Vorschriften des Vaters leiden: Ueberschreiten Sie die traditionelle Erziehung nicht! Die Kinder erhielten von einem Lehrer, der in's Haus kam, mangelhaften Unterricht im Deutschen; der Hauslehrer mußte dagegen Hebräisch mit ihnen treiben. So viel wie möglich suchte er auch hier dem neuen Geiste der Zeit zu huldigen; er las mit seinen Zöglingen Stücke aus dem hebräischen Kinderfreund, dem Aftalgon von Wolfson (dem Lehrer Michel-Wilhelm- und Meyerbeer's). Er erklärte ihnen nach Friedländer das jüdische Gebetbuch und ließ sie die wichtigsten Stücke desselben auswendig lernen. Er begleitete sie in die Synagoge, welche die Kinder täglich Morgens und Abends besuchen mußten. Erzieher, der mit heiligem Eifer für die damals namentlich von Berlin ausgehende Idee einer Reformation des Judenthums auf dem Wege der Jugendbildung schwärmte, der, selbst noch jung, so gern Gelegenheit gehabt hätte, durch die Verpflichtung, in den Realfächern zu unterrichten, sich selbst noch zur weitern Ausbildung gespornt zu sehen, denke sich einen Erzieher, der im Grunde seines Herzens an dem ganzen Wust der talmudischen Gelehrsamkeit und des Ceremonialheuchelgottesdienstes einen Ueberdruß hatte: wie mußt’ er bei den ewigen Vorschriften des Vaters leiden: Ueberschreiten Sie die traditionelle Erziehung nicht! Die Kinder erhielten von einem Lehrer, der in’s Haus kam, mangelhaften Unterricht im Deutschen; der Hauslehrer mußte dagegen Hebräisch mit ihnen treiben. So viel wie möglich suchte er auch hier dem neuen Geiste der Zeit zu huldigen; er las mit seinen Zöglingen Stücke aus dem hebräischen Kinderfreund, dem Aftalgon von Wolfson (dem Lehrer Michel-Wilhelm- und Meyerbeer’s). Er erklärte ihnen nach Friedländer das jüdische Gebetbuch und ließ sie die wichtigsten Stücke desselben auswendig lernen. Er begleitete sie in die Synagoge, welche die Kinder täglich Morgens und Abends besuchen mußten. <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0081" n="39"/> Erzieher, der mit heiligem Eifer für die damals namentlich von Berlin ausgehende Idee einer Reformation des Judenthums auf dem Wege der Jugendbildung schwärmte, der, selbst noch jung, so gern Gelegenheit gehabt hätte, durch die Verpflichtung, in den Realfächern zu unterrichten, sich selbst noch zur weitern Ausbildung gespornt zu sehen, denke sich einen Erzieher, der im Grunde seines Herzens an dem ganzen Wust der talmudischen Gelehrsamkeit und des Ceremonialheuchelgottesdienstes einen Ueberdruß hatte: wie mußt’ er bei den ewigen Vorschriften des Vaters leiden: Ueberschreiten Sie die traditionelle Erziehung nicht! Die Kinder erhielten von einem Lehrer, der in’s Haus kam, mangelhaften Unterricht im Deutschen; der Hauslehrer mußte dagegen Hebräisch mit ihnen treiben. So viel wie möglich suchte er auch hier dem neuen Geiste der Zeit zu huldigen; er las mit seinen Zöglingen Stücke aus dem hebräischen Kinderfreund, dem Aftalgon von Wolfson (dem Lehrer Michel-Wilhelm- und Meyerbeer’s). Er erklärte ihnen nach Friedländer das jüdische Gebetbuch und ließ sie die wichtigsten Stücke desselben auswendig lernen. Er begleitete sie in die Synagoge, welche die Kinder täglich Morgens und Abends besuchen mußten.</p> </div> </body> </text> </TEI> [39/0081]
Erzieher, der mit heiligem Eifer für die damals namentlich von Berlin ausgehende Idee einer Reformation des Judenthums auf dem Wege der Jugendbildung schwärmte, der, selbst noch jung, so gern Gelegenheit gehabt hätte, durch die Verpflichtung, in den Realfächern zu unterrichten, sich selbst noch zur weitern Ausbildung gespornt zu sehen, denke sich einen Erzieher, der im Grunde seines Herzens an dem ganzen Wust der talmudischen Gelehrsamkeit und des Ceremonialheuchelgottesdienstes einen Ueberdruß hatte: wie mußt’ er bei den ewigen Vorschriften des Vaters leiden: Ueberschreiten Sie die traditionelle Erziehung nicht! Die Kinder erhielten von einem Lehrer, der in’s Haus kam, mangelhaften Unterricht im Deutschen; der Hauslehrer mußte dagegen Hebräisch mit ihnen treiben. So viel wie möglich suchte er auch hier dem neuen Geiste der Zeit zu huldigen; er las mit seinen Zöglingen Stücke aus dem hebräischen Kinderfreund, dem Aftalgon von Wolfson (dem Lehrer Michel-Wilhelm- und Meyerbeer’s). Er erklärte ihnen nach Friedländer das jüdische Gebetbuch und ließ sie die wichtigsten Stücke desselben auswendig lernen. Er begleitete sie in die Synagoge, welche die Kinder täglich Morgens und Abends besuchen mußten.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-07-03T11:49:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-07-03T11:49:31Z)
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-07-03T11:49:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |