Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.Alle diese Unterweisungen und religiösen Anleitungen nahm der junge Börne nur mechanisch auf. Möglich, daß seine Klugheit bald dem Lehrer abmerkte, mit welchem Widerwillen dieser die Zeit auf unnütze, später doch der Vergessenheit anheim fallende Dinge vergeudet sah, während er lieber, auch zu seiner eignen Anregung, in Geographie, Arithmetik, in deutscher Sprache und Grammatik seine Zöglinge unterrichtet hätte. Die Lektüre der religiösen Schriften der Juden ließ den Knaben eben so kalt, wie der Besuch der Synagoge. Alles, was an den Gebeten der Juden eine poetische Färbung trug, gefiel ihm wohl; andres kam ihm dagegen eher lächerlich, als erbaulich vor. Es gefiel ihm, daß man betete für die Wiederherstellung des Tempels und die Rückkehr der Juden in ihr Vaterland; es mißfiel ihm aber, daß auch die Opfer wieder hergestellt werden sollten. Die Wendung, die ihm sehr geläufig war: das ist dumm! kam hier oft vor. Viele religiöse Vorschriften und Gebote, z. B. das Gebot: halte richtiges Maaß und Gewicht - im Nassen und Trocknen! schienen sich ihm von selbst zu verstehen. Mit einem Worte das ganze Wesen sprach ihn nicht an. Obgleich der Knabe von der größten Ehrfurcht vor den Büchern des alten Bundes durchdrungen war Alle diese Unterweisungen und religiösen Anleitungen nahm der junge Börne nur mechanisch auf. Möglich, daß seine Klugheit bald dem Lehrer abmerkte, mit welchem Widerwillen dieser die Zeit auf unnütze, später doch der Vergessenheit anheim fallende Dinge vergeudet sah, während er lieber, auch zu seiner eignen Anregung, in Geographie, Arithmetik, in deutscher Sprache und Grammatik seine Zöglinge unterrichtet hätte. Die Lektüre der religiösen Schriften der Juden ließ den Knaben eben so kalt, wie der Besuch der Synagoge. Alles, was an den Gebeten der Juden eine poetische Färbung trug, gefiel ihm wohl; andres kam ihm dagegen eher lächerlich, als erbaulich vor. Es gefiel ihm, daß man betete für die Wiederherstellung des Tempels und die Rückkehr der Juden in ihr Vaterland; es mißfiel ihm aber, daß auch die Opfer wieder hergestellt werden sollten. Die Wendung, die ihm sehr geläufig war: das ist dumm! kam hier oft vor. Viele religiöse Vorschriften und Gebote, z. B. das Gebot: halte richtiges Maaß und Gewicht – im Nassen und Trocknen! schienen sich ihm von selbst zu verstehen. Mit einem Worte das ganze Wesen sprach ihn nicht an. Obgleich der Knabe von der größten Ehrfurcht vor den Büchern des alten Bundes durchdrungen war <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0082" n="40"/> <p> Alle diese Unterweisungen und religiösen Anleitungen nahm der junge Börne nur mechanisch auf. Möglich, daß seine Klugheit bald dem Lehrer abmerkte, mit welchem Widerwillen dieser die Zeit auf unnütze, später doch der Vergessenheit anheim fallende Dinge vergeudet sah, während er lieber, auch zu seiner eignen Anregung, in Geographie, Arithmetik, in deutscher Sprache und Grammatik seine Zöglinge unterrichtet hätte. Die Lektüre der religiösen Schriften der Juden ließ den Knaben eben so kalt, wie der Besuch der Synagoge. Alles, was an den Gebeten der Juden eine poetische Färbung trug, gefiel ihm wohl; andres kam ihm dagegen eher lächerlich, als erbaulich vor. Es gefiel ihm, daß man betete für die Wiederherstellung des Tempels und die Rückkehr der Juden in ihr Vaterland; es mißfiel ihm aber, daß auch die Opfer wieder hergestellt werden sollten. Die Wendung, die ihm sehr geläufig war: <hi rendition="#g">das ist dumm!</hi> kam hier oft vor. Viele religiöse Vorschriften und Gebote, z. B. das Gebot: halte richtiges Maaß und Gewicht – im Nassen und Trocknen! schienen sich ihm von selbst zu verstehen. Mit einem Worte das ganze Wesen sprach ihn nicht an.</p> <p>Obgleich der Knabe von der größten Ehrfurcht vor den Büchern des alten Bundes durchdrungen war </p> </div> </body> </text> </TEI> [40/0082]
Alle diese Unterweisungen und religiösen Anleitungen nahm der junge Börne nur mechanisch auf. Möglich, daß seine Klugheit bald dem Lehrer abmerkte, mit welchem Widerwillen dieser die Zeit auf unnütze, später doch der Vergessenheit anheim fallende Dinge vergeudet sah, während er lieber, auch zu seiner eignen Anregung, in Geographie, Arithmetik, in deutscher Sprache und Grammatik seine Zöglinge unterrichtet hätte. Die Lektüre der religiösen Schriften der Juden ließ den Knaben eben so kalt, wie der Besuch der Synagoge. Alles, was an den Gebeten der Juden eine poetische Färbung trug, gefiel ihm wohl; andres kam ihm dagegen eher lächerlich, als erbaulich vor. Es gefiel ihm, daß man betete für die Wiederherstellung des Tempels und die Rückkehr der Juden in ihr Vaterland; es mißfiel ihm aber, daß auch die Opfer wieder hergestellt werden sollten. Die Wendung, die ihm sehr geläufig war: das ist dumm! kam hier oft vor. Viele religiöse Vorschriften und Gebote, z. B. das Gebot: halte richtiges Maaß und Gewicht – im Nassen und Trocknen! schienen sich ihm von selbst zu verstehen. Mit einem Worte das ganze Wesen sprach ihn nicht an.
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