Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.Schwärmerei sich einen Peter von Amiens dünkend, der einen neuen Kreuzzug predigte, entblödete Menzel sich nicht, die Großen und Mächtigen zum Schutze anzurufen. Er malte den Regierungen die Schrecken einer literarischen Richtung aus, der er außer den Vorwurf der Unsittlichkeit, auch den des politischen Verraths machte. Mit säuerlicher Schärfe und griesgrämlicher Verdächtigung wurde von Stund an alles Französische besprochen. Der Traum, dem man sich eben hingegeben hatte, als könnte zwischen den Völkern ein Bund bestehen, der sie zu Genossen eines gemeinschaftlichen Kampfes gegen die Drangsale der Menschheit machte, wurde nicht etwa als eine Chimäre, was sie vielleicht ist, zerstört, sondern als eine Verrätherei denuncirt. Jeder weltbürgerliche Aufschwung, den sich ein Dichter in dem Gedanken an Napoleon erlaubte, wurde für eine niederträchtige, den Franzosen dargebrachte Schmeichelei erklärt. Wenn uns Menzel früher in eine Barbarei unsrer ästhetischen Begriffe zu stürzen gesucht hatte; jetzt wollte er unsre politischen Begriffe verwirren und die Fortschritte des Jahrhunderts einem ausgeblaßten, bei ihm aus persönlicher Eitelkeit aufgefrischten altdeutschen Enthusiasmus opfern. Schwärmerei sich einen Peter von Amiens dünkend, der einen neuen Kreuzzug predigte, entblödete Menzel sich nicht, die Großen und Mächtigen zum Schutze anzurufen. Er malte den Regierungen die Schrecken einer literarischen Richtung aus, der er außer den Vorwurf der Unsittlichkeit, auch den des politischen Verraths machte. Mit säuerlicher Schärfe und griesgrämlicher Verdächtigung wurde von Stund an alles Französische besprochen. Der Traum, dem man sich eben hingegeben hatte, als könnte zwischen den Völkern ein Bund bestehen, der sie zu Genossen eines gemeinschaftlichen Kampfes gegen die Drangsale der Menschheit machte, wurde nicht etwa als eine Chimäre, was sie vielleicht ist, zerstört, sondern als eine Verrätherei denuncirt. Jeder weltbürgerliche Aufschwung, den sich ein Dichter in dem Gedanken an Napoleon erlaubte, wurde für eine niederträchtige, den Franzosen dargebrachte Schmeichelei erklärt. Wenn uns Menzel früher in eine Barbarei unsrer ästhetischen Begriffe zu stürzen gesucht hatte; jetzt wollte er unsre politischen Begriffe verwirren und die Fortschritte des Jahrhunderts einem ausgeblaßten, bei ihm aus persönlicher Eitelkeit aufgefrischten altdeutschen Enthusiasmus opfern. <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0320" n="278"/> Schwärmerei sich einen Peter von Amiens dünkend, der einen neuen Kreuzzug predigte, entblödete Menzel sich nicht, die Großen und Mächtigen zum Schutze anzurufen. Er malte den Regierungen die Schrecken einer literarischen Richtung aus, der er außer den Vorwurf der Unsittlichkeit, auch den des politischen Verraths machte. Mit säuerlicher Schärfe und griesgrämlicher Verdächtigung wurde von Stund an alles Französische besprochen. Der Traum, dem man sich eben hingegeben hatte, als könnte zwischen den Völkern ein Bund bestehen, der sie zu Genossen eines gemeinschaftlichen Kampfes gegen die Drangsale der Menschheit machte, wurde nicht etwa als eine Chimäre, was sie vielleicht ist, zerstört, sondern als eine Verrätherei denuncirt. Jeder weltbürgerliche Aufschwung, den sich ein Dichter in dem Gedanken an Napoleon erlaubte, wurde für eine niederträchtige, den Franzosen dargebrachte Schmeichelei erklärt. Wenn uns Menzel früher in eine Barbarei unsrer ästhetischen Begriffe zu stürzen gesucht hatte; jetzt wollte er unsre politischen Begriffe verwirren und die Fortschritte des Jahrhunderts einem ausgeblaßten, bei ihm aus persönlicher Eitelkeit aufgefrischten altdeutschen Enthusiasmus opfern.</p> </div> </body> </text> </TEI> [278/0320]
Schwärmerei sich einen Peter von Amiens dünkend, der einen neuen Kreuzzug predigte, entblödete Menzel sich nicht, die Großen und Mächtigen zum Schutze anzurufen. Er malte den Regierungen die Schrecken einer literarischen Richtung aus, der er außer den Vorwurf der Unsittlichkeit, auch den des politischen Verraths machte. Mit säuerlicher Schärfe und griesgrämlicher Verdächtigung wurde von Stund an alles Französische besprochen. Der Traum, dem man sich eben hingegeben hatte, als könnte zwischen den Völkern ein Bund bestehen, der sie zu Genossen eines gemeinschaftlichen Kampfes gegen die Drangsale der Menschheit machte, wurde nicht etwa als eine Chimäre, was sie vielleicht ist, zerstört, sondern als eine Verrätherei denuncirt. Jeder weltbürgerliche Aufschwung, den sich ein Dichter in dem Gedanken an Napoleon erlaubte, wurde für eine niederträchtige, den Franzosen dargebrachte Schmeichelei erklärt. Wenn uns Menzel früher in eine Barbarei unsrer ästhetischen Begriffe zu stürzen gesucht hatte; jetzt wollte er unsre politischen Begriffe verwirren und die Fortschritte des Jahrhunderts einem ausgeblaßten, bei ihm aus persönlicher Eitelkeit aufgefrischten altdeutschen Enthusiasmus opfern.
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