Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

der er drucken ließ, abgefaßt, kurze Sätze, treffende Bilder, naive Wendungen, sicher und fest sich in der kleinen originellen Handschrift ausprägend. Börne war demnach ein ursprünglicher Künstler im Style. Sein Gedanke formte sich von selbst, er kam gleich in seiner angemessenen Tracht auf die Welt; Börne konnte nicht anders denken, als wir ihn in seinen Schriften gewöhnt sind, sprechen zu hören. Was er nun dabei von Jean Paul hat, ist außer mancher naiven Redewendung die Vorliebe für Bilder und Allegorien. Da er sich aber nicht scheute, auch ohne Bild zu sprechen, so hat er vor Jean Paul, der nichts ohne Bild ausdrücken konnte, den Vorzug, daß jedes seiner Bilder zutreffend ist. Er zwang nie, wie Jean Paul öfters gethan zu haben scheint, einem fertigen Bilde einen noch nicht fertigen Gedanken auf, sondern hatte erst den Gedanken und brauchte dann das Bild nur, um ihn deutlicher auszudrücken oder ihn zu verschönern. Bei Börne erhob sich der Jean Paulismus zu einer durchsichtigen, klaren und ebenmäßigen Methode. Da drängt sich keine Wendung ungebührlich vor, da duften nicht ganze Wälder von Blumen betäubend auf uns ein, wo ein einfaches Veilchen oder gar nur ein grünes Blatt als Folie genug war. Börne besaß in seiner frühern

der er drucken ließ, abgefaßt, kurze Sätze, treffende Bilder, naive Wendungen, sicher und fest sich in der kleinen originellen Handschrift ausprägend. Börne war demnach ein ursprünglicher Künstler im Style. Sein Gedanke formte sich von selbst, er kam gleich in seiner angemessenen Tracht auf die Welt; Börne konnte nicht anders denken, als wir ihn in seinen Schriften gewöhnt sind, sprechen zu hören. Was er nun dabei von Jean Paul hat, ist außer mancher naiven Redewendung die Vorliebe für Bilder und Allegorien. Da er sich aber nicht scheute, auch ohne Bild zu sprechen, so hat er vor Jean Paul, der nichts ohne Bild ausdrücken konnte, den Vorzug, daß jedes seiner Bilder zutreffend ist. Er zwang nie, wie Jean Paul öfters gethan zu haben scheint, einem fertigen Bilde einen noch nicht fertigen Gedanken auf, sondern hatte erst den Gedanken und brauchte dann das Bild nur, um ihn deutlicher auszudrücken oder ihn zu verschönern. Bei Börne erhob sich der Jean Paulismus zu einer durchsichtigen, klaren und ebenmäßigen Methode. Da drängt sich keine Wendung ungebührlich vor, da duften nicht ganze Wälder von Blumen betäubend auf uns ein, wo ein einfaches Veilchen oder gar nur ein grünes Blatt als Folie genug war. Börne besaß in seiner frühern

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0205" n="163"/>
der er drucken ließ, abgefaßt, kurze Sätze, treffende Bilder, naive Wendungen, sicher und fest sich in der kleinen originellen Handschrift ausprägend. Börne war demnach ein ursprünglicher Künstler im Style. Sein Gedanke formte sich von selbst, er kam gleich in seiner angemessenen Tracht auf die Welt; Börne konnte nicht anders denken, als wir ihn in seinen Schriften gewöhnt sind, sprechen zu hören. Was er nun dabei von Jean Paul hat, ist außer mancher naiven Redewendung die Vorliebe für Bilder und Allegorien. Da er sich aber nicht scheute, auch ohne Bild zu sprechen, so hat er vor Jean Paul, der nichts ohne Bild ausdrücken konnte, den Vorzug, daß jedes seiner Bilder <hi rendition="#g">zutreffend</hi> ist. Er zwang nie, wie Jean Paul öfters gethan zu haben scheint, einem fertigen Bilde einen noch nicht fertigen Gedanken auf, sondern hatte <hi rendition="#g">erst</hi> den Gedanken und brauchte dann das Bild nur, um ihn deutlicher auszudrücken oder ihn zu verschönern. Bei Börne erhob sich der Jean Paulismus zu einer durchsichtigen, klaren und ebenmäßigen Methode. Da drängt sich keine Wendung ungebührlich vor, da duften nicht ganze Wälder von Blumen betäubend auf uns ein, wo ein einfaches Veilchen oder gar nur ein grünes Blatt als Folie genug war. Börne besaß in seiner frühern
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[163/0205] der er drucken ließ, abgefaßt, kurze Sätze, treffende Bilder, naive Wendungen, sicher und fest sich in der kleinen originellen Handschrift ausprägend. Börne war demnach ein ursprünglicher Künstler im Style. Sein Gedanke formte sich von selbst, er kam gleich in seiner angemessenen Tracht auf die Welt; Börne konnte nicht anders denken, als wir ihn in seinen Schriften gewöhnt sind, sprechen zu hören. Was er nun dabei von Jean Paul hat, ist außer mancher naiven Redewendung die Vorliebe für Bilder und Allegorien. Da er sich aber nicht scheute, auch ohne Bild zu sprechen, so hat er vor Jean Paul, der nichts ohne Bild ausdrücken konnte, den Vorzug, daß jedes seiner Bilder zutreffend ist. Er zwang nie, wie Jean Paul öfters gethan zu haben scheint, einem fertigen Bilde einen noch nicht fertigen Gedanken auf, sondern hatte erst den Gedanken und brauchte dann das Bild nur, um ihn deutlicher auszudrücken oder ihn zu verschönern. Bei Börne erhob sich der Jean Paulismus zu einer durchsichtigen, klaren und ebenmäßigen Methode. Da drängt sich keine Wendung ungebührlich vor, da duften nicht ganze Wälder von Blumen betäubend auf uns ein, wo ein einfaches Veilchen oder gar nur ein grünes Blatt als Folie genug war. Börne besaß in seiner frühern

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-07-03T11:49:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-07-03T11:49:31Z)
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-07-03T11:49:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Gutzkow Editionsprojekt:Editionsprinzipien
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/205
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/205>, abgerufen am 19.05.2024.