Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.Thatsache, von selbst. Die Redlichsten waren noch die, welche aus Rücksicht auf die Unredlichen einen legitimen Abschluß dieses Verhältnisses mit der Ehe wünschten. Indessen waren Börne und seine Freundin grade hievon am allerentferntesten. Eine offenstehende Thür, die zu betreten verboten ist, ist viel räthselhafter und fesselnder, als eine geschlossene. Das beseligende Bewußtsein dieses Bundes - wer weiß, ob es nicht grade in der Entfernung jeder äußern Verpflichtung lag? Weibliche Unentschlossenheit, Börne's zunehmende, oft höchst bedenkliche Kränklichkeit kamen hinzu und den Ausschlag gab vorläufig, daß Mad. W. durch Rücksicht auf eine streng altgläubige Mutter verhindert wurde, sich taufen zu lassen, was zur Verbindung mit dem Christen Börne unerläßlich gewesen wäre. Andere Beurtheiler zogen den wohlthätigen Einfluß des Verhältnisses auf Börne in Zweifel und stützten sich dafür auf den allerdings richtigen Satz, daß geliebt zu werden meist eine große Seligkeit, zuweilen aber auch eine große Qual sein kann. Nun würde es gewiß ungebührlich sein, wollte man behaupten, daß Börne immer nur die Rosen, nicht auch die Dornen dieser Freundschaft geärndtet hätte; aber es würde wohl den größten Egoismus bei Jemanden voraussetzen heißen, Thatsache, von selbst. Die Redlichsten waren noch die, welche aus Rücksicht auf die Unredlichen einen legitimen Abschluß dieses Verhältnisses mit der Ehe wünschten. Indessen waren Börne und seine Freundin grade hievon am allerentferntesten. Eine offenstehende Thür, die zu betreten verboten ist, ist viel räthselhafter und fesselnder, als eine geschlossene. Das beseligende Bewußtsein dieses Bundes – wer weiß, ob es nicht grade in der Entfernung jeder äußern Verpflichtung lag? Weibliche Unentschlossenheit, Börne’s zunehmende, oft höchst bedenkliche Kränklichkeit kamen hinzu und den Ausschlag gab vorläufig, daß Mad. W. durch Rücksicht auf eine streng altgläubige Mutter verhindert wurde, sich taufen zu lassen, was zur Verbindung mit dem Christen Börne unerläßlich gewesen wäre. Andere Beurtheiler zogen den wohlthätigen Einfluß des Verhältnisses auf Börne in Zweifel und stützten sich dafür auf den allerdings richtigen Satz, daß geliebt zu werden meist eine große Seligkeit, zuweilen aber auch eine große Qual sein kann. Nun würde es gewiß ungebührlich sein, wollte man behaupten, daß Börne immer nur die Rosen, nicht auch die Dornen dieser Freundschaft geärndtet hätte; aber es würde wohl den größten Egoismus bei Jemanden voraussetzen heißen, <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0197" n="155"/> Thatsache, von selbst. Die Redlichsten waren noch die, welche aus Rücksicht auf die Unredlichen einen legitimen Abschluß dieses Verhältnisses mit der Ehe wünschten. Indessen waren Börne und seine Freundin grade hievon am allerentferntesten. Eine offenstehende Thür, die zu betreten verboten ist, ist viel räthselhafter und fesselnder, als eine geschlossene. Das beseligende Bewußtsein dieses Bundes – wer weiß, ob es nicht grade in der Entfernung jeder äußern Verpflichtung lag? Weibliche Unentschlossenheit, Börne’s zunehmende, oft höchst bedenkliche Kränklichkeit kamen hinzu und den Ausschlag gab vorläufig, daß Mad. W. durch Rücksicht auf eine streng altgläubige Mutter verhindert wurde, sich taufen zu lassen, was zur Verbindung mit dem <hi rendition="#g">Christen</hi> Börne unerläßlich gewesen wäre. Andere Beurtheiler zogen den wohlthätigen Einfluß des Verhältnisses auf Börne in Zweifel und stützten sich dafür auf den allerdings richtigen Satz, daß geliebt zu werden meist eine große Seligkeit, zuweilen aber auch eine große Qual sein kann. Nun würde es gewiß ungebührlich sein, wollte man behaupten, daß Börne immer nur die Rosen, nicht auch die Dornen dieser Freundschaft geärndtet hätte; aber es würde wohl den größten Egoismus bei Jemanden voraussetzen heißen, </p> </div> </body> </text> </TEI> [155/0197]
Thatsache, von selbst. Die Redlichsten waren noch die, welche aus Rücksicht auf die Unredlichen einen legitimen Abschluß dieses Verhältnisses mit der Ehe wünschten. Indessen waren Börne und seine Freundin grade hievon am allerentferntesten. Eine offenstehende Thür, die zu betreten verboten ist, ist viel räthselhafter und fesselnder, als eine geschlossene. Das beseligende Bewußtsein dieses Bundes – wer weiß, ob es nicht grade in der Entfernung jeder äußern Verpflichtung lag? Weibliche Unentschlossenheit, Börne’s zunehmende, oft höchst bedenkliche Kränklichkeit kamen hinzu und den Ausschlag gab vorläufig, daß Mad. W. durch Rücksicht auf eine streng altgläubige Mutter verhindert wurde, sich taufen zu lassen, was zur Verbindung mit dem Christen Börne unerläßlich gewesen wäre. Andere Beurtheiler zogen den wohlthätigen Einfluß des Verhältnisses auf Börne in Zweifel und stützten sich dafür auf den allerdings richtigen Satz, daß geliebt zu werden meist eine große Seligkeit, zuweilen aber auch eine große Qual sein kann. Nun würde es gewiß ungebührlich sein, wollte man behaupten, daß Börne immer nur die Rosen, nicht auch die Dornen dieser Freundschaft geärndtet hätte; aber es würde wohl den größten Egoismus bei Jemanden voraussetzen heißen,
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/197>, abgerufen am 22.07.2024. |