Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.wenn man annähme, Börne hätte von einem Wesen, das ihm ihr ganzes Leben widmete, nur ein ihm zu Gute kommendes Ausströmen von Aufopferung verlangt und nicht auch die in der Natur begründete Erschöpfung in Kauf genommen, die überall eintritt, wo das Maaß menschlicher Kräfte waltet. Unentschlossenheit, Furcht, tausenderlei Bedenklichkeit ist einmal das Erbtheil der Frauen, eine Schaale, die hier den köstlichen Kern einer steten unermüdlichen liebenden Einwirkung auf Börne's Thun und Schaffen einschloß. Seine Freundin hielt mit einem den Frauen eignen Ueberblick in ihm nicht selten das Bewußtsein seiner literarischen Stellung aufrecht; sie schürte seinen Ehrgeiz, ermunterte seinen Schaffenstrieb und war ihm, wie jenen andern berühmten Schriftstellern ein Maaß dessen, was sich verstehen ließ, ein Maaß des Styls und der Darstellung. Hätte Börne's leidende Gesundheit es geleistet, seiner Freundin würden wir einen weit umfassenderen Umfang an Schriften verdanken. Ließ er einen Wunsch, Dies oder Jenes schreiben zu wollen, fallen, sie ging darauf ein, brachte ihn zum Beginn und kam, wenn es liegen blieb, immer wieder darauf zurück. Sie ermunterte ihn später sein Leben zu schreiben, früher, sich im Roman zu versuchen, zu dem er oft ansetzte. Er ge- wenn man annähme, Börne hätte von einem Wesen, das ihm ihr ganzes Leben widmete, nur ein ihm zu Gute kommendes Ausströmen von Aufopferung verlangt und nicht auch die in der Natur begründete Erschöpfung in Kauf genommen, die überall eintritt, wo das Maaß menschlicher Kräfte waltet. Unentschlossenheit, Furcht, tausenderlei Bedenklichkeit ist einmal das Erbtheil der Frauen, eine Schaale, die hier den köstlichen Kern einer steten unermüdlichen liebenden Einwirkung auf Börne’s Thun und Schaffen einschloß. Seine Freundin hielt mit einem den Frauen eignen Ueberblick in ihm nicht selten das Bewußtsein seiner literarischen Stellung aufrecht; sie schürte seinen Ehrgeiz, ermunterte seinen Schaffenstrieb und war ihm, wie jenen andern berühmten Schriftstellern ein Maaß dessen, was sich verstehen ließ, ein Maaß des Styls und der Darstellung. Hätte Börne’s leidende Gesundheit es geleistet, seiner Freundin würden wir einen weit umfassenderen Umfang an Schriften verdanken. Ließ er einen Wunsch, Dies oder Jenes schreiben zu wollen, fallen, sie ging darauf ein, brachte ihn zum Beginn und kam, wenn es liegen blieb, immer wieder darauf zurück. Sie ermunterte ihn später sein Leben zu schreiben, früher, sich im Roman zu versuchen, zu dem er oft ansetzte. Er ge- <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0198" n="156"/> wenn man annähme, Börne hätte von einem Wesen, das ihm ihr ganzes Leben widmete, nur ein ihm zu Gute kommendes Ausströmen von Aufopferung verlangt und nicht auch die in der Natur begründete Erschöpfung in Kauf genommen, die überall eintritt, wo das Maaß menschlicher Kräfte waltet. Unentschlossenheit, Furcht, tausenderlei Bedenklichkeit ist einmal das Erbtheil der Frauen, eine Schaale, die hier den köstlichen Kern einer steten unermüdlichen liebenden Einwirkung auf Börne’s Thun und Schaffen einschloß. Seine Freundin hielt mit einem den Frauen eignen Ueberblick in ihm nicht selten das Bewußtsein seiner literarischen Stellung aufrecht; sie schürte seinen Ehrgeiz, ermunterte seinen Schaffenstrieb und war ihm, wie jenen andern berühmten Schriftstellern ein Maaß dessen, was sich verstehen ließ, ein Maaß des Styls und der Darstellung. Hätte Börne’s leidende Gesundheit es geleistet, seiner Freundin würden wir einen weit umfassenderen Umfang an Schriften verdanken. Ließ er einen Wunsch, Dies oder Jenes schreiben zu wollen, fallen, sie ging darauf ein, brachte ihn zum Beginn und kam, wenn es liegen blieb, immer wieder darauf zurück. Sie ermunterte ihn später sein Leben zu schreiben, früher, sich im Roman zu versuchen, zu dem er oft ansetzte. Er ge- </p> </div> </body> </text> </TEI> [156/0198]
wenn man annähme, Börne hätte von einem Wesen, das ihm ihr ganzes Leben widmete, nur ein ihm zu Gute kommendes Ausströmen von Aufopferung verlangt und nicht auch die in der Natur begründete Erschöpfung in Kauf genommen, die überall eintritt, wo das Maaß menschlicher Kräfte waltet. Unentschlossenheit, Furcht, tausenderlei Bedenklichkeit ist einmal das Erbtheil der Frauen, eine Schaale, die hier den köstlichen Kern einer steten unermüdlichen liebenden Einwirkung auf Börne’s Thun und Schaffen einschloß. Seine Freundin hielt mit einem den Frauen eignen Ueberblick in ihm nicht selten das Bewußtsein seiner literarischen Stellung aufrecht; sie schürte seinen Ehrgeiz, ermunterte seinen Schaffenstrieb und war ihm, wie jenen andern berühmten Schriftstellern ein Maaß dessen, was sich verstehen ließ, ein Maaß des Styls und der Darstellung. Hätte Börne’s leidende Gesundheit es geleistet, seiner Freundin würden wir einen weit umfassenderen Umfang an Schriften verdanken. Ließ er einen Wunsch, Dies oder Jenes schreiben zu wollen, fallen, sie ging darauf ein, brachte ihn zum Beginn und kam, wenn es liegen blieb, immer wieder darauf zurück. Sie ermunterte ihn später sein Leben zu schreiben, früher, sich im Roman zu versuchen, zu dem er oft ansetzte. Er ge-
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/198>, abgerufen am 22.07.2024. |