Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.Mad. W. und Börne nicht einmal Statt. Das Interesse, welches sie aneinander nahmen, war nicht die Folge einer plötzlichen Ueberraschung und Eingebung, sondern einer längern gemüthlichen Gewöhnung, einer sittlich reinen Freundschaft. Börne verkehrte in der Familie, wo sie wohnte, als täglicher Gast. Seine Pläne und Aussichten fanden bei den jungen weiblichen Mitgliedern derselben freundlich rathenden Vorschub, man ermunterte ihn, man genoß seinen geistreich anregenden Umgang. Mad. W. und Börne rückten zum Einverständniß über viele eigne Leiden und Begegnisse zusammen, die man sich nicht gestehen kann, ohne mit dem Bewußtsein, ein Geheimniß zu haben, auch den Anschein einer innigeren Vertraulichkeit vor der Welt zu gewinnen. So fesselten sich beide immer mehr zu einer Freundschaft, die, von jedem geschlechtlichen Bewußtsein entfernt, ein seltnes Beispiel, bis über das Grab hinausdauerte. Dies wunderbare Verhältniß erprobte sich aber nicht bloß bei persönlichen Begegnissen und im Briefwechsel, sondern die Beziehung war gesellig fast so eng wie die Ehe. Börne traf mit seiner Freundin auf Reisen zusammen, wohnte in ihrer Nähe, mischte nicht selten die beiderseitigen Existenzmittel zu einer gemeinschaftlichen Mad. W. und Börne nicht einmal Statt. Das Interesse, welches sie aneinander nahmen, war nicht die Folge einer plötzlichen Ueberraschung und Eingebung, sondern einer längern gemüthlichen Gewöhnung, einer sittlich reinen Freundschaft. Börne verkehrte in der Familie, wo sie wohnte, als täglicher Gast. Seine Pläne und Aussichten fanden bei den jungen weiblichen Mitgliedern derselben freundlich rathenden Vorschub, man ermunterte ihn, man genoß seinen geistreich anregenden Umgang. Mad. W. und Börne rückten zum Einverständniß über viele eigne Leiden und Begegnisse zusammen, die man sich nicht gestehen kann, ohne mit dem Bewußtsein, ein Geheimniß zu haben, auch den Anschein einer innigeren Vertraulichkeit vor der Welt zu gewinnen. So fesselten sich beide immer mehr zu einer Freundschaft, die, von jedem geschlechtlichen Bewußtsein entfernt, ein seltnes Beispiel, bis über das Grab hinausdauerte. Dies wunderbare Verhältniß erprobte sich aber nicht bloß bei persönlichen Begegnissen und im Briefwechsel, sondern die Beziehung war gesellig fast so eng wie die Ehe. Börne traf mit seiner Freundin auf Reisen zusammen, wohnte in ihrer Nähe, mischte nicht selten die beiderseitigen Existenzmittel zu einer gemeinschaftlichen <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0195" n="153"/> Mad. W. und Börne nicht einmal Statt. Das Interesse, welches sie aneinander nahmen, war nicht die Folge einer plötzlichen Ueberraschung und Eingebung, sondern einer längern gemüthlichen Gewöhnung, einer sittlich reinen Freundschaft. Börne verkehrte in der Familie, wo sie wohnte, als täglicher Gast. Seine Pläne und Aussichten fanden bei den jungen weiblichen Mitgliedern derselben freundlich rathenden Vorschub, man ermunterte ihn, man genoß seinen geistreich anregenden Umgang. Mad. W. und Börne rückten zum Einverständniß über viele eigne Leiden und Begegnisse zusammen, die man sich nicht gestehen kann, ohne mit dem Bewußtsein, ein Geheimniß zu haben, auch den Anschein einer innigeren Vertraulichkeit vor der Welt zu gewinnen. So fesselten sich beide immer mehr zu einer Freundschaft, die, von jedem geschlechtlichen Bewußtsein entfernt, ein seltnes Beispiel, bis über das Grab hinausdauerte.</p> <p>Dies wunderbare Verhältniß erprobte sich aber nicht bloß bei persönlichen Begegnissen und im Briefwechsel, sondern die Beziehung war gesellig fast so eng wie die Ehe. Börne traf mit seiner Freundin auf Reisen zusammen, wohnte in ihrer Nähe, mischte nicht selten die beiderseitigen Existenzmittel zu einer gemeinschaftlichen </p> </div> </body> </text> </TEI> [153/0195]
Mad. W. und Börne nicht einmal Statt. Das Interesse, welches sie aneinander nahmen, war nicht die Folge einer plötzlichen Ueberraschung und Eingebung, sondern einer längern gemüthlichen Gewöhnung, einer sittlich reinen Freundschaft. Börne verkehrte in der Familie, wo sie wohnte, als täglicher Gast. Seine Pläne und Aussichten fanden bei den jungen weiblichen Mitgliedern derselben freundlich rathenden Vorschub, man ermunterte ihn, man genoß seinen geistreich anregenden Umgang. Mad. W. und Börne rückten zum Einverständniß über viele eigne Leiden und Begegnisse zusammen, die man sich nicht gestehen kann, ohne mit dem Bewußtsein, ein Geheimniß zu haben, auch den Anschein einer innigeren Vertraulichkeit vor der Welt zu gewinnen. So fesselten sich beide immer mehr zu einer Freundschaft, die, von jedem geschlechtlichen Bewußtsein entfernt, ein seltnes Beispiel, bis über das Grab hinausdauerte.
Dies wunderbare Verhältniß erprobte sich aber nicht bloß bei persönlichen Begegnissen und im Briefwechsel, sondern die Beziehung war gesellig fast so eng wie die Ehe. Börne traf mit seiner Freundin auf Reisen zusammen, wohnte in ihrer Nähe, mischte nicht selten die beiderseitigen Existenzmittel zu einer gemeinschaftlichen
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