Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.den Passagiers in die Postschnecke lediglich eine dem Humoristen wie Dichter gestattete Licenz wäre, deren Strafbarkeit ihn nur allein treffen dürfte. Es ist Zeit ein Verhältniß zu berühren, welches durch die Adresse, an die Börne seine Briefe aus Paris richtete, über das Weichbild Frankfurts hinaus schon bekannt geworden ist. Es war im Winter von 1816 auf 1817, als Börne im Hause der Schwiegereltern seines Freundes Stiebel eine junge Dame kennen lernte, die in sein ganzes spätres Leben auf höchst eigenthümliche Weise verflochten werden sollte. Madame W. war so eben aus einem ehelichen Verhältniß geschieden, das ihrer Neigung so wenig wie ihren höhern, geistigen Bedürfnissen zugesagt hatte. Freundin künstlerischer Unterhaltung und anregenden Gesprächs gerieth sie mit den Lebensansichten ihres Mannes in einen Widerspruch, der nur mit dem Bande, das sie beide vereinigt hatte, selbst gelöst werden konnte. Eine aus solchen Ursachen geschiedene Frau ist für einen Mann von Phantasie schon an sich interessant, selbst wenn sie jene äußern und geselligen Reize nicht besessen hätte, durch welche Männer zunächst gefesselt werden. Eine förmliche Erwägung solcher nothwendig zu einem Ehebunde führenden Umstände fand zwischen den Passagiers in die Postschnecke lediglich eine dem Humoristen wie Dichter gestattete Licenz wäre, deren Strafbarkeit ihn nur allein treffen dürfte. Es ist Zeit ein Verhältniß zu berühren, welches durch die Adresse, an die Börne seine Briefe aus Paris richtete, über das Weichbild Frankfurts hinaus schon bekannt geworden ist. Es war im Winter von 1816 auf 1817, als Börne im Hause der Schwiegereltern seines Freundes Stiebel eine junge Dame kennen lernte, die in sein ganzes spätres Leben auf höchst eigenthümliche Weise verflochten werden sollte. Madame W. war so eben aus einem ehelichen Verhältniß geschieden, das ihrer Neigung so wenig wie ihren höhern, geistigen Bedürfnissen zugesagt hatte. Freundin künstlerischer Unterhaltung und anregenden Gesprächs gerieth sie mit den Lebensansichten ihres Mannes in einen Widerspruch, der nur mit dem Bande, das sie beide vereinigt hatte, selbst gelöst werden konnte. Eine aus solchen Ursachen geschiedene Frau ist für einen Mann von Phantasie schon an sich interessant, selbst wenn sie jene äußern und geselligen Reize nicht besessen hätte, durch welche Männer zunächst gefesselt werden. Eine förmliche Erwägung solcher nothwendig zu einem Ehebunde führenden Umstände fand zwischen <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0194" n="152"/> den Passagiers in die Postschnecke lediglich eine dem Humoristen wie Dichter gestattete Licenz wäre, deren Strafbarkeit <hi rendition="#g">ihn</hi> nur allein treffen dürfte.</p> <p>Es ist Zeit ein Verhältniß zu berühren, welches durch die Adresse, an die Börne seine <hi rendition="#g">Briefe aus Paris</hi> richtete, über das Weichbild Frankfurts hinaus schon bekannt geworden ist. Es war im Winter von 1816 auf 1817, als Börne im Hause der Schwiegereltern seines Freundes Stiebel eine junge Dame kennen lernte, die in sein ganzes spätres Leben auf höchst eigenthümliche Weise verflochten werden sollte. Madame W. war so eben aus einem ehelichen Verhältniß geschieden, das ihrer Neigung so wenig wie ihren höhern, geistigen Bedürfnissen zugesagt hatte. Freundin künstlerischer Unterhaltung und anregenden Gesprächs gerieth sie mit den Lebensansichten ihres Mannes in einen Widerspruch, der nur mit dem Bande, das sie beide vereinigt hatte, selbst gelöst werden konnte. Eine aus solchen Ursachen geschiedene Frau ist für einen Mann von Phantasie schon an sich interessant, selbst wenn sie jene äußern und geselligen Reize <hi rendition="#g">nicht</hi> besessen hätte, durch welche Männer zunächst gefesselt werden. Eine förmliche Erwägung solcher nothwendig zu einem Ehebunde führenden Umstände fand zwischen </p> </div> </body> </text> </TEI> [152/0194]
den Passagiers in die Postschnecke lediglich eine dem Humoristen wie Dichter gestattete Licenz wäre, deren Strafbarkeit ihn nur allein treffen dürfte.
Es ist Zeit ein Verhältniß zu berühren, welches durch die Adresse, an die Börne seine Briefe aus Paris richtete, über das Weichbild Frankfurts hinaus schon bekannt geworden ist. Es war im Winter von 1816 auf 1817, als Börne im Hause der Schwiegereltern seines Freundes Stiebel eine junge Dame kennen lernte, die in sein ganzes spätres Leben auf höchst eigenthümliche Weise verflochten werden sollte. Madame W. war so eben aus einem ehelichen Verhältniß geschieden, das ihrer Neigung so wenig wie ihren höhern, geistigen Bedürfnissen zugesagt hatte. Freundin künstlerischer Unterhaltung und anregenden Gesprächs gerieth sie mit den Lebensansichten ihres Mannes in einen Widerspruch, der nur mit dem Bande, das sie beide vereinigt hatte, selbst gelöst werden konnte. Eine aus solchen Ursachen geschiedene Frau ist für einen Mann von Phantasie schon an sich interessant, selbst wenn sie jene äußern und geselligen Reize nicht besessen hätte, durch welche Männer zunächst gefesselt werden. Eine förmliche Erwägung solcher nothwendig zu einem Ehebunde führenden Umstände fand zwischen
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