Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

kleine Erziehungs-Maschiene in Bewegung gesetzt. Vorläufig wurde der Knabe sogleich als Student bei der Universität immatriculirt. Der Lehrer fand dies auffallend; aber Prof. Hetzel hatte seine Gründe, dies für besser auszugeben. Wir kennen sie nicht.

Ein Examen, welches der Orientalist mit dem jungen Akademiker anstellte, zwang ihm vor den hebräischen Kenntnissen desselben viel Hochachtung ab. Der junge Börne übersetzte die Psalmen mit einer Geläufigkeit, daß sich Professor Hetzel die Angabe der Methode erbat, nach der ein so junger Mensch schon eine solche Sprachfertigkeit erlernen konnte. Es war eine Art hamilton'scher Methode, nach der Börne unterrichtet gewesen war. Es scheint aber doch, als wenn diese Kenntniß erst durch späteres gründlichstes Studium der Grammatik hätte müssen befestigt werden; denn Börne vergaß in spätern Jahren in dem Grade sein Hebräisch, daß er nicht die kleinste Stelle des Alten Testaments im Urtexte mehr verstehen konnte. Er begriff oft nicht, wie Heine sich in seinen Schriften als einen so geläufigen Hebräer bewähren und noch immer auf so viel jüdische Ausdrucksweisen anspielen konnte. Er hatte in seinen spätern Jahren Alles vergessen, selbst jüdische Gebräuche, die er sich als ihm

kleine Erziehungs-Maschiene in Bewegung gesetzt. Vorläufig wurde der Knabe sogleich als Student bei der Universität immatriculirt. Der Lehrer fand dies auffallend; aber Prof. Hetzel hatte seine Gründe, dies für besser auszugeben. Wir kennen sie nicht.

Ein Examen, welches der Orientalist mit dem jungen Akademiker anstellte, zwang ihm vor den hebräischen Kenntnissen desselben viel Hochachtung ab. Der junge Börne übersetzte die Psalmen mit einer Geläufigkeit, daß sich Professor Hetzel die Angabe der Methode erbat, nach der ein so junger Mensch schon eine solche Sprachfertigkeit erlernen konnte. Es war eine Art hamilton’scher Methode, nach der Börne unterrichtet gewesen war. Es scheint aber doch, als wenn diese Kenntniß erst durch späteres gründlichstes Studium der Grammatik hätte müssen befestigt werden; denn Börne vergaß in spätern Jahren in dem Grade sein Hebräisch, daß er nicht die kleinste Stelle des Alten Testaments im Urtexte mehr verstehen konnte. Er begriff oft nicht, wie Heine sich in seinen Schriften als einen so geläufigen Hebräer bewähren und noch immer auf so viel jüdische Ausdrucksweisen anspielen konnte. Er hatte in seinen spätern Jahren Alles vergessen, selbst jüdische Gebräuche, die er sich als ihm

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0103" n="61"/>
kleine Erziehungs-Maschiene in Bewegung gesetzt. Vorläufig wurde der Knabe sogleich als Student bei der Universität immatriculirt. Der Lehrer fand dies auffallend; aber Prof. Hetzel hatte seine Gründe, dies für besser auszugeben. Wir kennen sie nicht.</p>
        <p>Ein Examen, welches der Orientalist mit dem jungen Akademiker anstellte, zwang ihm vor den hebräischen Kenntnissen desselben viel Hochachtung ab. Der junge Börne übersetzte die Psalmen mit einer Geläufigkeit, daß sich Professor Hetzel die Angabe der Methode erbat, nach der ein so junger Mensch schon eine solche Sprachfertigkeit erlernen konnte. Es war eine Art hamilton&#x2019;scher Methode, nach der Börne unterrichtet gewesen war. Es scheint aber doch, als wenn diese Kenntniß erst durch späteres gründlichstes Studium der Grammatik hätte müssen befestigt werden; denn Börne vergaß in spätern Jahren in dem Grade sein Hebräisch, daß er nicht die kleinste Stelle des Alten Testaments im Urtexte mehr verstehen konnte. Er begriff oft nicht, wie Heine sich in seinen Schriften als einen so geläufigen Hebräer bewähren und noch immer auf so viel jüdische Ausdrucksweisen anspielen konnte. <hi rendition="#g">Er</hi> hatte in seinen spätern Jahren Alles vergessen, selbst jüdische Gebräuche, die er sich als ihm
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[61/0103] kleine Erziehungs-Maschiene in Bewegung gesetzt. Vorläufig wurde der Knabe sogleich als Student bei der Universität immatriculirt. Der Lehrer fand dies auffallend; aber Prof. Hetzel hatte seine Gründe, dies für besser auszugeben. Wir kennen sie nicht. Ein Examen, welches der Orientalist mit dem jungen Akademiker anstellte, zwang ihm vor den hebräischen Kenntnissen desselben viel Hochachtung ab. Der junge Börne übersetzte die Psalmen mit einer Geläufigkeit, daß sich Professor Hetzel die Angabe der Methode erbat, nach der ein so junger Mensch schon eine solche Sprachfertigkeit erlernen konnte. Es war eine Art hamilton’scher Methode, nach der Börne unterrichtet gewesen war. Es scheint aber doch, als wenn diese Kenntniß erst durch späteres gründlichstes Studium der Grammatik hätte müssen befestigt werden; denn Börne vergaß in spätern Jahren in dem Grade sein Hebräisch, daß er nicht die kleinste Stelle des Alten Testaments im Urtexte mehr verstehen konnte. Er begriff oft nicht, wie Heine sich in seinen Schriften als einen so geläufigen Hebräer bewähren und noch immer auf so viel jüdische Ausdrucksweisen anspielen konnte. Er hatte in seinen spätern Jahren Alles vergessen, selbst jüdische Gebräuche, die er sich als ihm

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-07-03T11:49:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-07-03T11:49:31Z)
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-07-03T11:49:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Gutzkow Editionsprojekt:Editionsprinzipien
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/103
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/103>, abgerufen am 23.11.2024.