Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite
und deren Gleichgewicht.
b] Am ang O. S. 9. heißt es: Cette balance politique
n' est autre chose que l' union contractee soit formelle-
ment soit tacitement entre certains Etats d'une moin-
dre puissance, pour mettre en saurete leur existence,
leur liberte et leurs possessions en empechant par leurs
forces reunies les progres ulterieurs et les dessins trop
vastes, reels ou possibles, de telle autre puissance qui
est deja devenue preponderante par toutes sortes de
chances et d' evenemens, ou qui veut le devenir
encore davantage.
c] S. 141. u. f.
d] Neyron L. I. c. 2. Art. 3. §. 37. u. f.
§. 6.
Bestimmung der Uebermacht.

Macht und Uebermacht sind sehr relative Begriffe,
die blos in Vergleichung mit Mindermächtigen bestimt
werden können. Der Maasstab, wornach man die
vermeintliche Uebermacht einer Nazion aus der großen
Völkergeselschaft beurteilen muß, sind die Kräfte der
übrigen mindermächtigen Staaten, deren Erhaltung,
Freiheit und Sicherheit erfodert, gemeinschaftliche
Sache gegen iene zu machen, wenn Gefahr der Unter-
drückung ihnen bevorstehn solte. Uebertrift die Macht
der erstern Nazion und ihrer Bundsgenossen die verei-
nigte Macht mehrerer geringern Völker dergestalt, daß
sie bei einem ienseitigen gewaltsamen Angriffe nothwen-
dig unterliegen müsten, so ist das Gleichgewicht aufge-
hoben und offenbar eine Uebermacht vorhanden. Die
Gegner dieses Systems nehmen von den Schwierig-
keiten in Bestimmung der Machtverhältnisse einen
Haupteinwand her, der iedoch auf irrigen Voraussetz-
ungen beruht a].

Die
X 5
und deren Gleichgewicht.
b] Am ang O. S. 9. heißt es: Cette balance politique
n’ eſt autre choſe que l’ union contractée ſoit formelle-
ment ſoit tacitement entre certains Etats d’une moin-
dre puiſſance, pour mettre en ſûreté leur exiſtence,
leur liberté et leurs poſſeſſions en empêchant par leurs
forces réunies les progrès ulterieurs et les deſſins trop
vaſtes, réels ou poſſibles, de telle autre puiſſance qui
eſt déja devenue preponderante par toutes ſortes de
chances et d’ événemens, ou qui veut le devenir
encore davantage.
c] S. 141. u. f.
d] Neyron L. I. c. 2. Art. 3. §. 37. u. f.
§. 6.
Beſtimmung der Uebermacht.

Macht und Uebermacht ſind ſehr relative Begriffe,
die blos in Vergleichung mit Mindermaͤchtigen beſtimt
werden koͤnnen. Der Maasſtab, wornach man die
vermeintliche Uebermacht einer Nazion aus der großen
Voͤlkergeſelſchaft beurteilen muß, ſind die Kraͤfte der
uͤbrigen mindermaͤchtigen Staaten, deren Erhaltung,
Freiheit und Sicherheit erfodert, gemeinſchaftliche
Sache gegen iene zu machen, wenn Gefahr der Unter-
druͤckung ihnen bevorſtehn ſolte. Uebertrift die Macht
der erſtern Nazion und ihrer Bundsgenoſſen die verei-
nigte Macht mehrerer geringern Voͤlker dergeſtalt, daß
ſie bei einem ienſeitigen gewaltſamen Angriffe nothwen-
dig unterliegen muͤſten, ſo iſt das Gleichgewicht aufge-
hoben und offenbar eine Uebermacht vorhanden. Die
Gegner dieſes Syſtems nehmen von den Schwierig-
keiten in Beſtimmung der Machtverhaͤltniſſe einen
Haupteinwand her, der iedoch auf irrigen Vorausſetz-
ungen beruht a].

Die
X 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0355" n="329"/>
            <fw place="top" type="header">und deren Gleichgewicht.</fw><lb/>
            <note place="end" n="b]">Am ang O. S. 9. heißt es: <hi rendition="#aq">Cette <hi rendition="#i">balance politique</hi><lb/>
n&#x2019; e&#x017F;t autre cho&#x017F;e que l&#x2019; union contractée &#x017F;oit formelle-<lb/>
ment &#x017F;oit tacitement entre certains Etats d&#x2019;une moin-<lb/>
dre pui&#x017F;&#x017F;ance, pour mettre en &#x017F;ûreté leur exi&#x017F;tence,<lb/>
leur liberté et leurs po&#x017F;&#x017F;e&#x017F;&#x017F;ions en empêchant par leurs<lb/>
forces réunies les progrès ulterieurs et les de&#x017F;&#x017F;ins trop<lb/>
va&#x017F;tes, réels ou po&#x017F;&#x017F;ibles, de telle autre pui&#x017F;&#x017F;ance qui<lb/>
e&#x017F;t déja devenue preponderante par toutes &#x017F;ortes de<lb/>
chances et d&#x2019; événemens, ou qui veut le devenir<lb/>
encore davantage.</hi></note><lb/>
            <note place="end" n="c]">S. 141. u. f.</note><lb/>
            <note place="end" n="d]"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Neyron</hi> L. I. c. 2. Art.</hi> 3. §. 37. u. f.</note>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 6.<lb/><hi rendition="#g">Be&#x017F;timmung der Uebermacht</hi>.</head><lb/>
            <p>Macht und Uebermacht &#x017F;ind &#x017F;ehr relative Begriffe,<lb/>
die blos in Vergleichung mit Minderma&#x0364;chtigen be&#x017F;timt<lb/>
werden ko&#x0364;nnen. Der Maas&#x017F;tab, wornach man die<lb/>
vermeintliche Uebermacht einer Nazion aus der großen<lb/>
Vo&#x0364;lkerge&#x017F;el&#x017F;chaft beurteilen muß, &#x017F;ind die Kra&#x0364;fte der<lb/>
u&#x0364;brigen minderma&#x0364;chtigen Staaten, deren Erhaltung,<lb/>
Freiheit und Sicherheit erfodert, gemein&#x017F;chaftliche<lb/>
Sache gegen iene zu machen, wenn Gefahr der Unter-<lb/>
dru&#x0364;ckung ihnen bevor&#x017F;tehn &#x017F;olte. Uebertrift die Macht<lb/>
der er&#x017F;tern Nazion und ihrer Bundsgeno&#x017F;&#x017F;en die verei-<lb/>
nigte Macht mehrerer geringern Vo&#x0364;lker derge&#x017F;talt, daß<lb/>
&#x017F;ie bei einem ien&#x017F;eitigen gewalt&#x017F;amen Angriffe nothwen-<lb/>
dig unterliegen mu&#x0364;&#x017F;ten, &#x017F;o i&#x017F;t das Gleichgewicht aufge-<lb/>
hoben und offenbar eine Uebermacht vorhanden. Die<lb/>
Gegner die&#x017F;es Sy&#x017F;tems nehmen von den Schwierig-<lb/>
keiten in Be&#x017F;timmung der Machtverha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e einen<lb/>
Haupteinwand her, der iedoch auf irrigen Voraus&#x017F;etz-<lb/>
ungen beruht <hi rendition="#aq"><hi rendition="#sup">a</hi></hi>].</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">X 5</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[329/0355] und deren Gleichgewicht. b] Am ang O. S. 9. heißt es: Cette balance politique n’ eſt autre choſe que l’ union contractée ſoit formelle- ment ſoit tacitement entre certains Etats d’une moin- dre puiſſance, pour mettre en ſûreté leur exiſtence, leur liberté et leurs poſſeſſions en empêchant par leurs forces réunies les progrès ulterieurs et les deſſins trop vaſtes, réels ou poſſibles, de telle autre puiſſance qui eſt déja devenue preponderante par toutes ſortes de chances et d’ événemens, ou qui veut le devenir encore davantage. c] S. 141. u. f. d] Neyron L. I. c. 2. Art. 3. §. 37. u. f. §. 6. Beſtimmung der Uebermacht. Macht und Uebermacht ſind ſehr relative Begriffe, die blos in Vergleichung mit Mindermaͤchtigen beſtimt werden koͤnnen. Der Maasſtab, wornach man die vermeintliche Uebermacht einer Nazion aus der großen Voͤlkergeſelſchaft beurteilen muß, ſind die Kraͤfte der uͤbrigen mindermaͤchtigen Staaten, deren Erhaltung, Freiheit und Sicherheit erfodert, gemeinſchaftliche Sache gegen iene zu machen, wenn Gefahr der Unter- druͤckung ihnen bevorſtehn ſolte. Uebertrift die Macht der erſtern Nazion und ihrer Bundsgenoſſen die verei- nigte Macht mehrerer geringern Voͤlker dergeſtalt, daß ſie bei einem ienſeitigen gewaltſamen Angriffe nothwen- dig unterliegen muͤſten, ſo iſt das Gleichgewicht aufge- hoben und offenbar eine Uebermacht vorhanden. Die Gegner dieſes Syſtems nehmen von den Schwierig- keiten in Beſtimmung der Machtverhaͤltniſſe einen Haupteinwand her, der iedoch auf irrigen Vorausſetz- ungen beruht a]. Die X 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/355
Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/355>, abgerufen am 21.11.2024.