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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.

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Von der ursprünglichen Gleichheit
wechselung Statt finde. An dieser Einrichtung aber kan
keine andre Macht weiter Theil nehmen, und der Ver-
trag hört auf, wenn eins von beiden Reichen nicht mehr
von der burbonischen Familie beherscht werden solte. In
diesem Falle leben alle dermalige Rechte und Ansprüche
wieder auf. Kommen zufälligerweise beide Ministers
zu gleicher Zeit an, so sollen auch ausser den Familienhö-
fen die ältern Regenten den iüngern vorgezogen werden.

Auch Grosbritannien hat den Anmaßungen des
französischen Vorranges mehrmalen widersprochen, ob
Frankreich schon den erlangten Besitz vorwandte, und
hauptsächlich auf die persönliche Zusammenkunft der Kö-
nige Karl IV. von Frankreich und Richard II. von Eng-
land 1559 zwischen Calais und Andres. Bey den Ehe-
pacten aber zwischen dem Prinzen Karl I. von Wallis und
der französischen Prinzessin France Henriette Marie kam
man überein, daß in den englischen an Frankreich abzuge-
benden Urkunden, der Name und Titel des Prinzen von
Wallis und in den französischen Exemplarien für Eng-
land, Frankreich vorgesetzt werden solte. Dieser Abwech-
selung soll man sich auch nachher iederzeit bedient haben.

In Tractaten mit Portugal, versichert Real, wer-
de der allerchristlichste König iederzeit zuerst genant.
Widersprächen die Portugiesen auch schon immer dabey,
so wolte doch ein Widerspruch gegen eine freiwillige
Handlung nichts sagen e].

Was die Königreiche Hungarn und Böhmen anbe-
trift, so ward bey Gelegenheit der Allianz zwischen der
Kaiserin-Königin und Frankreich 1756, wo im dritten
Artickel die Kaiserin-Königin, im vierten aber Frankreich
genant waren, in einem Separatartickel festgesetzt, daß
die Ordnung des 3. und 4. Artickels der sonst zwischen
beiden Mächten beliebten Alternative nicht präiudiciren
solte f].

a]

Von der urſpruͤnglichen Gleichheit
wechſelung Statt finde. An dieſer Einrichtung aber kan
keine andre Macht weiter Theil nehmen, und der Ver-
trag hoͤrt auf, wenn eins von beiden Reichen nicht mehr
von der burboniſchen Familie beherſcht werden ſolte. In
dieſem Falle leben alle dermalige Rechte und Anſpruͤche
wieder auf. Kommen zufaͤlligerweiſe beide Miniſters
zu gleicher Zeit an, ſo ſollen auch auſſer den Familienhoͤ-
fen die aͤltern Regenten den iuͤngern vorgezogen werden.

Auch Grosbritannien hat den Anmaßungen des
franzoͤſiſchen Vorranges mehrmalen widerſprochen, ob
Frankreich ſchon den erlangten Beſitz vorwandte, und
hauptſaͤchlich auf die perſoͤnliche Zuſammenkunft der Koͤ-
nige Karl IV. von Frankreich und Richard II. von Eng-
land 1559 zwiſchen Calais und Andres. Bey den Ehe-
pacten aber zwiſchen dem Prinzen Karl I. von Wallis und
der franzoͤſiſchen Prinzeſſin France Henriette Marie kam
man uͤberein, daß in den engliſchen an Frankreich abzuge-
benden Urkunden, der Name und Titel des Prinzen von
Wallis und in den franzoͤſiſchen Exemplarien fuͤr Eng-
land, Frankreich vorgeſetzt werden ſolte. Dieſer Abwech-
ſelung ſoll man ſich auch nachher iederzeit bedient haben.

In Tractaten mit Portugal, verſichert Real, wer-
de der allerchriſtlichſte Koͤnig iederzeit zuerſt genant.
Widerſpraͤchen die Portugieſen auch ſchon immer dabey,
ſo wolte doch ein Widerſpruch gegen eine freiwillige
Handlung nichts ſagen e].

Was die Koͤnigreiche Hungarn und Boͤhmen anbe-
trift, ſo ward bey Gelegenheit der Allianz zwiſchen der
Kaiſerin-Koͤnigin und Frankreich 1756, wo im dritten
Artickel die Kaiſerin-Koͤnigin, im vierten aber Frankreich
genant waren, in einem Separatartickel feſtgeſetzt, daß
die Ordnung des 3. und 4. Artickels der ſonſt zwiſchen
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ſolte f].

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[234/0260] Von der urſpruͤnglichen Gleichheit wechſelung Statt finde. An dieſer Einrichtung aber kan keine andre Macht weiter Theil nehmen, und der Ver- trag hoͤrt auf, wenn eins von beiden Reichen nicht mehr von der burboniſchen Familie beherſcht werden ſolte. In dieſem Falle leben alle dermalige Rechte und Anſpruͤche wieder auf. Kommen zufaͤlligerweiſe beide Miniſters zu gleicher Zeit an, ſo ſollen auch auſſer den Familienhoͤ- fen die aͤltern Regenten den iuͤngern vorgezogen werden. Auch Grosbritannien hat den Anmaßungen des franzoͤſiſchen Vorranges mehrmalen widerſprochen, ob Frankreich ſchon den erlangten Beſitz vorwandte, und hauptſaͤchlich auf die perſoͤnliche Zuſammenkunft der Koͤ- nige Karl IV. von Frankreich und Richard II. von Eng- land 1559 zwiſchen Calais und Andres. Bey den Ehe- pacten aber zwiſchen dem Prinzen Karl I. von Wallis und der franzoͤſiſchen Prinzeſſin France Henriette Marie kam man uͤberein, daß in den engliſchen an Frankreich abzuge- benden Urkunden, der Name und Titel des Prinzen von Wallis und in den franzoͤſiſchen Exemplarien fuͤr Eng- land, Frankreich vorgeſetzt werden ſolte. Dieſer Abwech- ſelung ſoll man ſich auch nachher iederzeit bedient haben. In Tractaten mit Portugal, verſichert Real, wer- de der allerchriſtlichſte Koͤnig iederzeit zuerſt genant. Widerſpraͤchen die Portugieſen auch ſchon immer dabey, ſo wolte doch ein Widerſpruch gegen eine freiwillige Handlung nichts ſagen e]. Was die Koͤnigreiche Hungarn und Boͤhmen anbe- trift, ſo ward bey Gelegenheit der Allianz zwiſchen der Kaiſerin-Koͤnigin und Frankreich 1756, wo im dritten Artickel die Kaiſerin-Koͤnigin, im vierten aber Frankreich genant waren, in einem Separatartickel feſtgeſetzt, daß die Ordnung des 3. und 4. Artickels der ſonſt zwiſchen beiden Maͤchten beliebten Alternative nicht praͤiudiciren ſolte f]. a]

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/260>, abgerufen am 21.05.2024.