Gryphius, Andreas: Großmüttiger Rechts-Gelehrter/ Oder Sterbender Æmilius Paulus Papinianus. Breslau, 1659.Sterbender Er strebt nach Ehr und Preis; man raub' jhm Ambt undStand! 190.Libt Freyheit über Geld/ es schreck' Jhn Stock und Band. Wie lang ists daß sein Kind das grosse Rom erfreuet? Warumb nicht seinen Tod dem Vater angedräuet? Man bringe Plautien ein raues Elend vor. Man spreng auß daß er sich auff unser Haubt verschwor. 195.Recht! es taug alles hir doch wird am schärffsten schneiden Daß Er beschuldigt soll als Ertz-Verräther leiden. Papinianus. Plautia. Papiniani Sohn. Plautia. O stets gewisse Furcht! wo steh/ wo fall Jch hin! Nun mir mein Heil entfällt! Nun Jch verlassen bin! Nun Jch! wo find Jch Wort ein Elend außzusprechen/ 200.Das unaußsprechlich ist? Die müden Augen brechen/ Weil mir das Hertz entzwey. Der matte Geist vergeht: Weil meine Seele schmacht. O die jhr/ was erhöht/ Nicht sonder heissen Neid auß eurer Tiff anblicket: Schaut wie von Kindheit an mich Angst und Ach umbstricket! 205.Schaut wie das freche Glück weit über alle führ: Damit man was man fand zu aller Lust verlihr. Was hat der grosse Ruhm dem Vater je gegeben? Der hir in Rom verfil könt an dem Nilus leben/ Und lebte noch anjtzt/ wenn Jhm AEgypten mehr 210.Jn stiller Ruh' erquickt/ und nicht der frembden Ehr Geschminckter Dunst verführt. Warumb deß Käysers Bette Plautille so gewüntscht! O Schwester! fleuch und rette Den schon verdammten Hals! Nun dich ein wüstes Feld Ein unbewohnter Strand fest in Bestrick nüß hält; 215.Bist du mehr frey als vor ins Römschen Fürsten Armen/ Doch dürfft auch Freund und Feind sich über dich erbarmen/ Wenn ein geringer Mann der nichts begüttert ist Doch mit sich selbst vergnügt dich zu der Braut erkiest. Mein Hertz! O ich vergeh! Mein Kind heist diß Beginnen! 220.Heist diß der Römer Hold und treue Gunst gewinnen? Das
Sterbender Er ſtrebt nach Ehr und Preis; man raub’ jhm Ambt undStand! 190.Libt Freyheit uͤber Geld/ es ſchreck’ Jhn Stock und Band. Wie lang iſts daß ſein Kind das groſſe Rom erfreuet? Warumb nicht ſeinen Tod dem Vater angedraͤuet? Man bringe Plautien ein raues Elend vor. Man ſpreng auß daß er ſich auff unſer Haubt verſchwor. 195.Recht! es taug alles hir doch wird am ſchaͤrffſten ſchneiden Daß Er beſchuldigt ſoll als Ertz-Verraͤther leiden. Papinianus. Plautia. Papiniani Sohn. Plautia. O ſtets gewiſſe Furcht! wo ſteh/ wo fall Jch hin! Nun mir mein Heil entfaͤllt! Nun Jch verlaſſen bin! Nun Jch! wo find Jch Wort ein Elend außzuſprechen/ 200.Das unaußſprechlich iſt? Die muͤden Augen brechen/ Weil mir das Hertz entzwey. Der matte Geiſt vergeht: Weil meine Seele ſchmacht. O die jhr/ was erhoͤht/ Nicht ſonder heiſſen Neid auß eurer Tiff anblicket: Schaut wie von Kindheit an mich Angſt und Ach umbſtricket! 205.Schaut wie das freche Gluͤck weit uͤber alle fuͤhr: Damit man was man fand zu aller Luſt verlihr. Was hat der groſſe Ruhm dem Vater je gegeben? Der hir in Rom verfil koͤnt an dem Nilus leben/ Und lebte noch anjtzt/ wenn Jhm Ægypten mehr 210.Jn ſtiller Ruh’ erquickt/ und nicht der frembden Ehr Geſchminckter Dunſt verfuͤhrt. Warumb deß Kaͤyſers Bette Plautille ſo gewuͤntſcht! O Schweſter! fleuch und rette Den ſchon verdam̃ten Hals! Nun dich ein wuͤſtes Feld Ein unbewohnter Strand feſt in Beſtrick nuͤß haͤlt; 215.Biſt du mehr frey als vor ins Roͤmſchen Fuͤrſten Armen/ Doch duͤrfft auch Freund und Feind ſich uͤber dich erbarmen/ Wenn ein geringer Mann der nichts beguͤttert iſt Doch mit ſich ſelbſt vergnuͤgt dich zu der Braut erkieſt. Mein Hertz! O ich vergeh! Mein Kind heiſt diß Beginnen! 220.Heiſt diß der Roͤmer Hold und treue Gunſt gewinnen? Das
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#ABC"> <p><pb facs="#f0094"/><fw place="top" type="header">Sterbender</fw><lb/> Er ſtrebt nach Ehr und Preis; man raub’ jhm Ambt und<lb/><hi rendition="#et">Stand!</hi><lb/><note place="left">190.</note>Libt Freyheit uͤber Geld/ es ſchreck’ Jhn Stock und Band.<lb/> Wie lang iſts daß ſein Kind das groſſe Rom erfreuet?<lb/> Warumb nicht ſeinen Tod dem Vater angedraͤuet?<lb/> Man bringe <hi rendition="#aq">Plautien</hi> ein raues Elend vor.<lb/> Man ſpreng auß daß er ſich auff unſer Haubt verſchwor.<lb/><note place="left">195.</note>Recht! es taug alles hir doch wird am ſchaͤrffſten ſchneiden<lb/> Daß Er beſchuldigt ſoll als Ertz-Verraͤther leiden.</p> </sp><lb/> <stage> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#aq">Papinianus. Plautia. Papiniani</hi> <hi rendition="#fr">Sohn.</hi> </hi> </stage><lb/> <sp who="#PLA"> <speaker> <hi rendition="#aq">Plautia.</hi> </speaker> <p>O ſtets gewiſſe Furcht! wo ſteh/ wo fall Jch hin!<lb/> Nun mir mein Heil entfaͤllt! Nun Jch verlaſſen bin!<lb/> Nun Jch! wo find Jch Wort ein Elend außzuſprechen/<lb/><note place="left">200.</note>Das unaußſprechlich iſt? Die muͤden Augen brechen/<lb/> Weil mir das Hertz entzwey. Der matte Geiſt vergeht:<lb/> Weil meine Seele ſchmacht. O die jhr/ was erhoͤht/<lb/> Nicht ſonder heiſſen Neid auß eurer Tiff anblicket:<lb/> Schaut wie von Kindheit an mich Angſt und Ach umbſtricket!<lb/><note place="left">205.</note>Schaut wie das freche Gluͤck weit uͤber alle fuͤhr:<lb/> Damit man was man fand zu aller Luſt verlihr.<lb/> Was hat der groſſe Ruhm dem Vater je gegeben?<lb/> Der hir in Rom verfil koͤnt an dem <hi rendition="#aq">Nilus</hi> leben/<lb/><hi rendition="#fr">U</hi>nd lebte noch anjtzt/ wenn Jhm <hi rendition="#aq">Æ</hi>gypten mehr<lb/><note place="left">210.</note>Jn ſtiller Ruh’ erquickt/ und nicht der frembden Ehr<lb/> Geſchminckter Dunſt verfuͤhrt. Warumb deß Kaͤyſers Bette<lb/><hi rendition="#aq">Plautille</hi> ſo gewuͤntſcht! O Schweſter! fleuch und rette<lb/> Den ſchon verdam̃ten Hals! Nun dich ein wuͤſtes Feld<lb/> Ein unbewohnter Strand feſt in Beſtrick nuͤß haͤlt;<lb/><note place="left">215.</note>Biſt du mehr frey als vor ins Roͤmſchen Fuͤrſten Armen/<lb/> Doch duͤrfft auch Freund und Feind ſich uͤber dich erbarmen/<lb/> Wenn ein geringer Mann der nichts beguͤttert iſt<lb/> Doch mit ſich ſelbſt vergnuͤgt dich zu der Braut erkieſt.<lb/> Mein Hertz! O ich vergeh! Mein Kind heiſt diß Beginnen!<lb/><note place="left">220.</note>Heiſt diß der Roͤmer Hold und treue Gunſt gewinnen?<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Das</fw><lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0094]
Sterbender
Er ſtrebt nach Ehr und Preis; man raub’ jhm Ambt und
Stand!
Libt Freyheit uͤber Geld/ es ſchreck’ Jhn Stock und Band.
Wie lang iſts daß ſein Kind das groſſe Rom erfreuet?
Warumb nicht ſeinen Tod dem Vater angedraͤuet?
Man bringe Plautien ein raues Elend vor.
Man ſpreng auß daß er ſich auff unſer Haubt verſchwor.
Recht! es taug alles hir doch wird am ſchaͤrffſten ſchneiden
Daß Er beſchuldigt ſoll als Ertz-Verraͤther leiden.
Papinianus. Plautia. Papiniani Sohn.
Plautia. O ſtets gewiſſe Furcht! wo ſteh/ wo fall Jch hin!
Nun mir mein Heil entfaͤllt! Nun Jch verlaſſen bin!
Nun Jch! wo find Jch Wort ein Elend außzuſprechen/
Das unaußſprechlich iſt? Die muͤden Augen brechen/
Weil mir das Hertz entzwey. Der matte Geiſt vergeht:
Weil meine Seele ſchmacht. O die jhr/ was erhoͤht/
Nicht ſonder heiſſen Neid auß eurer Tiff anblicket:
Schaut wie von Kindheit an mich Angſt und Ach umbſtricket!
Schaut wie das freche Gluͤck weit uͤber alle fuͤhr:
Damit man was man fand zu aller Luſt verlihr.
Was hat der groſſe Ruhm dem Vater je gegeben?
Der hir in Rom verfil koͤnt an dem Nilus leben/
Und lebte noch anjtzt/ wenn Jhm Ægypten mehr
Jn ſtiller Ruh’ erquickt/ und nicht der frembden Ehr
Geſchminckter Dunſt verfuͤhrt. Warumb deß Kaͤyſers Bette
Plautille ſo gewuͤntſcht! O Schweſter! fleuch und rette
Den ſchon verdam̃ten Hals! Nun dich ein wuͤſtes Feld
Ein unbewohnter Strand feſt in Beſtrick nuͤß haͤlt;
Biſt du mehr frey als vor ins Roͤmſchen Fuͤrſten Armen/
Doch duͤrfft auch Freund und Feind ſich uͤber dich erbarmen/
Wenn ein geringer Mann der nichts beguͤttert iſt
Doch mit ſich ſelbſt vergnuͤgt dich zu der Braut erkieſt.
Mein Hertz! O ich vergeh! Mein Kind heiſt diß Beginnen!
Heiſt diß der Roͤmer Hold und treue Gunſt gewinnen?
Das
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |