Gryphius, Andreas: Großmüttiger Rechts-Gelehrter/ Oder Sterbender Æmilius Paulus Papinianus. Breslau, 1659.PAPINIANUS. So bald Jch/ was der Fürst Jhr durch mich an-liß sagen/Der ernsten schweigenden umbständlich vorgetragen; Strich Sie das schwartze Tuch von Jhrem Antlitz hin/ Das durch die Finsternüß deß traurens heller schin/ 95.Wie wenn Dian bey Nacht auff geht mit vollem Lichte; Und sprach mit etwas mehr ermuntertem Gesichte: Der ungeheure fall' und was jhr schrecklich acht/ Und frembd' und unerhört ins Pövels Ohren kracht/ Kommt uns nicht unverhofft. Als der die Welt erblicket; 100.Umb den man jtzund traurt: Ward Jhm der Tod beschicket. Es wuste schon Sever eh Jhn der Götter Schaar Auß unsern Armen riß daß Geta kurtze Jahr Zu herrschen angesetzt. Uns ist er stets verstorben: Biß unser Furcht jhr End' in seinem End' erworben/ 105.Die nun nichts weiter sorgt. Zwar eine Mutter schmertzt So rauer Untergang! doch Julie behertzt; Daß ungemeines Glück leid' ungemeine Stösse/ Und überlegt den Schlag nach Jhrer Hoheit Grösse. Hat das Verhängnüß uns in Römschen Thron gesetzt; 110.Hat der uns/ der nun Gott/ der Ehe werth geschatzt; Liß er den Antonin als eignes Kind uns küssen: Beschauten wir die Welt vor unsers Sohnes Füssen: Und solten/ nun die Zeit nichts höhers vor uns weiß/ Beklagen/ was uns läst? Die baut auff schwaches Eiß/ 115.Und ist nicht Zepters werth: Die weil Sie Zepter träget/ Was werther hält als sich. Die Erde wird beweget Das Stirnen-Band zureist. Man bringt die Todten-Baar Für Kinder/ für Gemahl/ für Freunde. Ja die Schaar Der Libsten wechselt offt und freut sich zu verletzen: 120.Vor die Sie vor den Hals entschlossen auff zu setzen. Ein unverzagt Gemüt steht wenn der Himmel fällt/ Und steigt im Untergang/ und trotzt die grosse Welt. So/ ob die Mutter zwar verleurt was Sie geboren: Hat Iulie doch nichts bey der Verlust verloren. Bassian. C jv
PAPINIANUS. So bald Jch/ was der Fuͤrſt Jhr durch mich an-liß ſagen/Der ernſten ſchweigenden umbſtaͤndlich vorgetragen; Strich Sie das ſchwartze Tuch von Jhrem Antlitz hin/ Das durch die Finſternuͤß deß traurens heller ſchin/ 95.Wie wenn Dian bey Nacht auff geht mit vollem Lichte; Und ſprach mit etwas mehr ermuntertem Geſichte: Der ungeheure fall’ und was jhr ſchrecklich acht/ Und frembd’ und unerhoͤrt ins Poͤvels Ohren kracht/ Kom̃t uns nicht unverhofft. Als der die Welt erblicket; 100.Umb den man jtzund traurt: Ward Jhm der Tod beſchicket. Es wuſte ſchon Sever eh Jhn der Goͤtter Schaar Auß unſern Armen riß daß Geta kurtze Jahr Zu herꝛſchen angeſetzt. Uns iſt er ſtets verſtorben: Biß unſer Furcht jhr End’ in ſeinem End’ erworben/ 105.Die nun nichts weiter ſorgt. Zwar eine Mutter ſchmertzt So rauer Untergang! doch Julie behertzt; Daß ungemeines Gluͤck leid’ ungemeine Stoͤſſe/ Und uͤberlegt den Schlag nach Jhrer Hoheit Groͤſſe. Hat das Verhaͤngnuͤß uns in Roͤmſchen Thron geſetzt; 110.Hat der uns/ der nun Gott/ der Ehe werth geſchatzt; Liß er den Antonin als eignes Kind uns kuͤſſen: Beſchauten wir die Welt vor unſers Sohnes Fuͤſſen: Und ſolten/ nun die Zeit nichts hoͤhers vor uns weiß/ Beklagen/ was uns laͤſt? Die baut auff ſchwaches Eiß/ 115.Und iſt nicht Zepters werth: Die weil Sie Zepter traͤget/ Was werther haͤlt als ſich. Die Erde wird beweget Das Stirnen-Band zureiſt. Man bringt die Todten-Baar Fuͤr Kinder/ fuͤr Gemahl/ fuͤr Freunde. Ja die Schaar Der Libſten wechſelt offt und freut ſich zu verletzen: 120.Vor die Sie vor den Hals entſchloſſen auff zu ſetzen. Ein unverzagt Gemuͤt ſteht wenn der Himmel faͤllt/ Und ſteigt im Untergang/ und trotzt die groſſe Welt. So/ ob die Mutter zwar verleurt was Sie geboren: Hat Iulie doch nichts bey der Verluſt verloren. Basſian. C jv
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PAPINIANUS.
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Der ernſten ſchweigenden umbſtaͤndlich vorgetragen;
Strich Sie das ſchwartze Tuch von Jhrem Antlitz hin/
Das durch die Finſternuͤß deß traurens heller ſchin/
Wie wenn Dian bey Nacht auff geht mit vollem Lichte;
Und ſprach mit etwas mehr ermuntertem Geſichte:
Der ungeheure fall’ und was jhr ſchrecklich acht/
Und frembd’ und unerhoͤrt ins Poͤvels Ohren kracht/
Kom̃t uns nicht unverhofft. Als der die Welt erblicket;
Umb den man jtzund traurt: Ward Jhm der Tod beſchicket.
Es wuſte ſchon Sever eh Jhn der Goͤtter Schaar
Auß unſern Armen riß daß Geta kurtze Jahr
Zu herꝛſchen angeſetzt. Uns iſt er ſtets verſtorben:
Biß unſer Furcht jhr End’ in ſeinem End’ erworben/
Die nun nichts weiter ſorgt. Zwar eine Mutter ſchmertzt
So rauer Untergang! doch Julie behertzt;
Daß ungemeines Gluͤck leid’ ungemeine Stoͤſſe/
Und uͤberlegt den Schlag nach Jhrer Hoheit Groͤſſe.
Hat das Verhaͤngnuͤß uns in Roͤmſchen Thron geſetzt;
Hat der uns/ der nun Gott/ der Ehe werth geſchatzt;
Liß er den Antonin als eignes Kind uns kuͤſſen:
Beſchauten wir die Welt vor unſers Sohnes Fuͤſſen:
Und ſolten/ nun die Zeit nichts hoͤhers vor uns weiß/
Beklagen/ was uns laͤſt? Die baut auff ſchwaches Eiß/
Und iſt nicht Zepters werth: Die weil Sie Zepter traͤget/
Was werther haͤlt als ſich. Die Erde wird beweget
Das Stirnen-Band zureiſt. Man bringt die Todten-Baar
Fuͤr Kinder/ fuͤr Gemahl/ fuͤr Freunde. Ja die Schaar
Der Libſten wechſelt offt und freut ſich zu verletzen:
Vor die Sie vor den Hals entſchloſſen auff zu ſetzen.
Ein unverzagt Gemuͤt ſteht wenn der Himmel faͤllt/
Und ſteigt im Untergang/ und trotzt die groſſe Welt.
So/ ob die Mutter zwar verleurt was Sie geboren:
Hat Iulie doch nichts bey der Verluſt verloren.
Basſian.
C jv
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