Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gryphius, Andreas: Großmüttiger Rechts-Gelehrter/ Oder Sterbender Æmilius Paulus Papinianus. Breslau, 1659.

Bild:
<< vorherige Seite
PAPINIANUS.
Reiß alle Grundfest umb anff die der Mörder baut!
320.Zuschmetter was Jhn schützt! zustoß auff was er traut!
Reyen. O Weh! O herbes Weh!
Iulia. Schau' ab von deiner Höh!
Schaw weiland mein Sever, numehr der Römer Gott!
Ja wol! Gott sonder Macht! dein Kind mein Sohn ist tod!
325.Soll man mit räuchren dich in so viel Tempeln ehren?
Und kanst nicht auff dein Blut/ auff Iulien nicht hören?
Jst diß was meinem Fleisch/ was Mir dein Mund versprochen?
Jst dises Reich und Cron?
Beherrschest du die Welt? Und lässest ungerochen
330.Dein' Eh-Gemahl und Sohn?
Reyen. O jmmer-neues Leid! O unerschöpffte Schmertzen!
Iulia. Wehm geht jhr Sterblichen mein Hertzeleid zu Hertzen?
Jst jemand der nicht weiß was Zepter und Paläste/
Der komm' und blick uns an! Wir sitzen Demant-feste/
335.Um bringt mit glantzem Stahl; verwahrt mit Tausend Wehren/
Umbschrenckt mit strenger Macht/ beschützt mit Tausend
Heeren/
Biß sich das schnelle Rad' umbwendet
Und ein schneller Augenblick
Die Herrlikeit in nichts: Die Cron in Band und Strick
340.Die Ehr' in Schmach/ die Lust in tiffste Schmertzen endet.
Reyen. Ach! hochgestürtzte Fraw!
Iulia. Ach hochgestürtztes
Kind!
Mein Geta! meine Lust! mein berrschen und mein hoffen!
Ach hätt' uns doch vor dich der raue Schlag getroffen!
Ach leider! Jch empfind
345.Nur mehr denn vil was eine Mutter sey!
Man stiß mein Hertz durch deine Wund' entzwey!
Mein eigen Blut sprützt vor auß deinen grimmen Wunden!
Jch fühle deine Qual! dich hat der Tod entbunden.
Dein Antlitz lebet noch/ in dem das mein erblast;
350.Der Wangen Purpur stralt; weil mich der Tod umbfast.
Wahr ists! ich fühl' an dir die Adern nicht mehr spilen/
Was machts! Jch bin erstarrt/ und fühle nicht mich fühlen.
O! könt
PAPINIANUS.
Reiß alle Grundfeſt umb anff die der Moͤrder baut!
320.Zuſchmetter was Jhn ſchuͤtzt! zuſtoß auff was er traut!
Reyen. O Weh! O herbes Weh!
Iulia. Schau’ ab von deiner Hoͤh!
Schaw weiland mein Sever, numehr der Roͤmer Gott!
Ja wol! Gott ſonder Macht! dein Kind mein Sohn iſt tod!
325.Soll man mit raͤuchren dich in ſo viel Tempeln ehren?
Und kanſt nicht auff dein Blut/ auff Iulien nicht hoͤren?
Jſt diß was meinem Fleiſch/ was Mir dein Mund verſprochen?
Jſt diſes Reich und Cron?
Beherꝛſcheſt du die Welt? Und laͤſſeſt ungerochen
330.Dein’ Eh-Gemahl und Sohn?
Reyen. O jmmer-neues Leid! O unerſchoͤpffte Schmertzen!
Iulia. Wehm geht jhr Sterblichen mein Hertzeleid zu Hertzẽ?
Jſt jemand der nicht weiß was Zepter und Palaͤſte/
Der komm’ und blick uns an! Wir ſitzen Demant-feſte/
335.Um bringt mit glantzem Stahl; verwahrt mit Tauſend Wehrē/
Umbſchrenckt mit ſtrenger Macht/ beſchuͤtzt mit Tauſend
Heeren/
Biß ſich das ſchnelle Rad’ umbwendet
Und ein ſchneller Augenblick
Die Herꝛlikeit in nichts: Die Cron in Band und Strick
340.Die Ehr’ in Schmach/ die Luſt in tiffſte Schmertzen endet.
Reyen. Ach! hochgeſtuͤrtzte Fraw!
Iulia. Ach hochgeſtuͤrtztes
Kind!
Mein Geta! meine Luſt! mein berꝛſchen und mein hoffen!
Ach haͤtt’ uns doch vor dich der raue Schlag getroffen!
Ach leider! Jch empfind
345.Nur mehr denn vil was eine Mutter ſey!
Man ſtiß mein Hertz durch deine Wund’ entzwey!
Mein eigen Blut ſpruͤtzt vor auß deinen grimmen Wunden!
Jch fuͤhle deine Qual! dich hat der Tod entbunden.
Dein Antlitz lebet noch/ in dem das mein erblaſt;
350.Der Wangen Purpur ſtralt; weil mich der Tod umbfaſt.
Wahr iſts! ich fuͤhl’ an dir die Adern nicht mehr ſpilen/
Was machts! Jch bin erſtarrt/ und fuͤhle nicht mich fuͤhlen.
O! koͤnt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#JUL">
            <p><pb facs="#f0055"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">PAPINIANUS.</hi></hi></hi></fw><lb/>
Reiß alle Grundfe&#x017F;t umb anff die der Mo&#x0364;rder baut!<lb/><note place="left">320.</note>Zu&#x017F;chmetter was Jhn &#x017F;chu&#x0364;tzt! zu&#x017F;toß auff was er traut!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#REYEN">
            <speaker>Reyen.</speaker>
            <p>O Weh! O herbes Weh!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#JUL">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Iulia.</hi> </speaker>
            <p>Schau&#x2019; ab von deiner Ho&#x0364;h!<lb/>
Schaw weiland mein <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Sever,</hi></hi> numehr der Ro&#x0364;mer Gott!<lb/>
Ja wol! Gott &#x017F;onder Macht! dein Kind mein Sohn i&#x017F;t tod!<lb/><note place="left">325.</note>Soll man mit ra&#x0364;uchren dich in &#x017F;o viel Tempeln ehren?<lb/><hi rendition="#fr">U</hi>nd kan&#x017F;t nicht auff dein Blut/ auff <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Iulien</hi></hi> nicht ho&#x0364;ren?<lb/>
J&#x017F;t diß was meinem Flei&#x017F;ch/ was Mir dein Mund ver&#x017F;prochen?<lb/>
J&#x017F;t di&#x017F;es Reich und Cron?<lb/>
Beher&#xA75B;&#x017F;che&#x017F;t du die Welt? <hi rendition="#fr">U</hi>nd la&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t ungerochen<lb/><note place="left">330.</note>Dein&#x2019; Eh-Gemahl und Sohn?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#REYEN">
            <speaker>Reyen.</speaker>
            <p>O jmmer-neues Leid! O uner&#x017F;cho&#x0364;pffte Schmertzen!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#JUL">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Iulia.</hi> </speaker>
            <p>Wehm geht jhr Sterblichen mein Hertzeleid zu Hertze&#x0303;?<lb/>
J&#x017F;t jemand der nicht weiß was Zepter und Pala&#x0364;&#x017F;te/<lb/>
Der komm&#x2019; und blick uns an! Wir &#x017F;itzen Demant-fe&#x017F;te/<lb/><note place="left">335.</note><hi rendition="#fr">U</hi>m bringt mit glantzem Stahl; verwahrt mit Tau&#x017F;end Wehre&#x0304;/<lb/><hi rendition="#fr">U</hi>mb&#x017F;chrenckt mit &#x017F;trenger Macht/ be&#x017F;chu&#x0364;tzt mit Tau&#x017F;end<lb/><hi rendition="#et">Heeren/</hi><lb/>
Biß &#x017F;ich das &#x017F;chnelle Rad&#x2019; umbwendet<lb/><hi rendition="#fr">U</hi>nd ein &#x017F;chneller Augenblick<lb/>
Die Her&#xA75B;likeit in nichts: Die Cron in Band und Strick<lb/><note place="left">340.</note>Die Ehr&#x2019; in Schmach/ die Lu&#x017F;t in tiff&#x017F;te Schmertzen endet.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#REYEN">
            <speaker>Reyen.</speaker>
            <p>Ach! hochge&#x017F;tu&#x0364;rtzte Fraw!</p>
          </sp>
          <sp who="#JUL">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Iulia.</hi> </speaker>
            <p>Ach hochge&#x017F;tu&#x0364;rtztes<lb/><hi rendition="#et">Kind!</hi><lb/>
Mein <hi rendition="#aq">Geta!</hi> meine Lu&#x017F;t! mein ber&#xA75B;&#x017F;chen und mein hoffen!<lb/>
Ach ha&#x0364;tt&#x2019; uns doch vor dich der raue Schlag getroffen!<lb/>
Ach leider! Jch empfind<lb/><note place="left">345.</note>Nur mehr denn vil was eine Mutter &#x017F;ey!<lb/>
Man &#x017F;tiß mein Hertz durch deine Wund&#x2019; entzwey!<lb/>
Mein eigen Blut &#x017F;pru&#x0364;tzt vor auß deinen grimmen Wunden!<lb/>
Jch fu&#x0364;hle deine Qual! dich hat der Tod entbunden.<lb/>
Dein Antlitz lebet noch/ in dem das mein erbla&#x017F;t;<lb/><note place="left">350.</note>Der Wangen Purpur &#x017F;tralt; weil mich der Tod umbfa&#x017F;t.<lb/>
Wahr i&#x017F;ts! ich fu&#x0364;hl&#x2019; an dir die Adern nicht mehr &#x017F;pilen/<lb/>
Was machts! Jch bin er&#x017F;tarrt/ und fu&#x0364;hle nicht mich fu&#x0364;hlen.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">O! ko&#x0364;nt</fw><lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0055] PAPINIANUS. Reiß alle Grundfeſt umb anff die der Moͤrder baut! Zuſchmetter was Jhn ſchuͤtzt! zuſtoß auff was er traut! Reyen. O Weh! O herbes Weh! Iulia. Schau’ ab von deiner Hoͤh! Schaw weiland mein Sever, numehr der Roͤmer Gott! Ja wol! Gott ſonder Macht! dein Kind mein Sohn iſt tod! Soll man mit raͤuchren dich in ſo viel Tempeln ehren? Und kanſt nicht auff dein Blut/ auff Iulien nicht hoͤren? Jſt diß was meinem Fleiſch/ was Mir dein Mund verſprochen? Jſt diſes Reich und Cron? Beherꝛſcheſt du die Welt? Und laͤſſeſt ungerochen Dein’ Eh-Gemahl und Sohn? Reyen. O jmmer-neues Leid! O unerſchoͤpffte Schmertzen! Iulia. Wehm geht jhr Sterblichen mein Hertzeleid zu Hertzẽ? Jſt jemand der nicht weiß was Zepter und Palaͤſte/ Der komm’ und blick uns an! Wir ſitzen Demant-feſte/ Um bringt mit glantzem Stahl; verwahrt mit Tauſend Wehrē/ Umbſchrenckt mit ſtrenger Macht/ beſchuͤtzt mit Tauſend Heeren/ Biß ſich das ſchnelle Rad’ umbwendet Und ein ſchneller Augenblick Die Herꝛlikeit in nichts: Die Cron in Band und Strick Die Ehr’ in Schmach/ die Luſt in tiffſte Schmertzen endet. Reyen. Ach! hochgeſtuͤrtzte Fraw! Iulia. Ach hochgeſtuͤrtztes Kind! Mein Geta! meine Luſt! mein berꝛſchen und mein hoffen! Ach haͤtt’ uns doch vor dich der raue Schlag getroffen! Ach leider! Jch empfind Nur mehr denn vil was eine Mutter ſey! Man ſtiß mein Hertz durch deine Wund’ entzwey! Mein eigen Blut ſpruͤtzt vor auß deinen grimmen Wunden! Jch fuͤhle deine Qual! dich hat der Tod entbunden. Dein Antlitz lebet noch/ in dem das mein erblaſt; Der Wangen Purpur ſtralt; weil mich der Tod umbfaſt. Wahr iſts! ich fuͤhl’ an dir die Adern nicht mehr ſpilen/ Was machts! Jch bin erſtarrt/ und fuͤhle nicht mich fuͤhlen. O! koͤnt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_rechtsgelehrter_1659
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_rechtsgelehrter_1659/55
Zitationshilfe: Gryphius, Andreas: Großmüttiger Rechts-Gelehrter/ Oder Sterbender Æmilius Paulus Papinianus. Breslau, 1659, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_rechtsgelehrter_1659/55>, abgerufen am 04.05.2024.