Gryphius, Andreas: Teutsche Reim-Gedichte. Frankfurt (Main), 1650.TrawrSpiel. Ken't mich der Fürst nicht mehr! wird nun kein freund ge-funden Der vor mich bitten darff! kom't feinde! kom't vnd schawt Wie dieser Armen macht vor welcher euch gegrawt Wie der/der ewer Reich mit schrecken hat beweget/ Der furcht in ewrer Fest' vnd Seelen hat erreget: So jämmerlich verfall. Jhr grausen geister rufft/ Rufft frölich über mir! zu brecht die feste grufft/ Jn die euch sterben schleußt! kom't längst-erblaß'te Helden! Die diese Faust entseel't. Helfft durch gantz Persen melden: Das allzuhartes Recht! daß haß vnd toller neydt Den holtz stoß auffgesez't/ auf dem die tapfferkeit/ Vnd tugend/ vnd was wir den grund der Throne nennen; Ein vnverzagtes Hertz/ wird mit mir jetzt verbrennen. I. Richt. Nun fort! Mich. Ach noch ein wort. II. Vmb- sonst. Mich. Ein wort mein Fürst. Ein wort Leo. sag an. Mich. Dein Knecht den du vertil- gen wirst/ Vorhin dein renchter Arm! vorhin der Feinde zittern. Eh' jhn deß Himmels zorn mit schweren Vngewittern So grausamb überfiel/ sinckt vor dir auf die Knie/ Vnd wündscht/ (nicht daß man jhn dem vntergang entzih'. (doch ach! wo denck ich hin!) er wündscht/ nicht daß man mind're Der langen marter grim/ daß man dieschmertzenlind're. Er wündsch't vor so viel dienst nur ein kurtze zeit! Man gönu' in dem mein grab/ die flamme/ wird bereit/ Daß ich zu guter letzt an meine Kinder schreibe: Vnd lehre/ durch papier/ wo ich/ jhr Vater bleibe. Wofern dein hoher zorn/ nicht wil daß es gescheh. Daß ich die süsse schar vor meinem ende seh. II. Richt. Er such't nur außflucht! Mich. Ach! wie wolt' ich doch entflihen! II. Richt. Jch sag er wil der Pein durch aufschub sich ent- ziehen. Mich. Die zeit ist viel zu eng/ zu einer solchen that. III. Richt. Jn einem augenblick schafft offt die boßheit rath. Mich. Der/ den die boßheit schreck't/ muß stets in argwohn zagen. IV. Richt.
TrawrSpiel. Ken’t mich der Fuͤrſt nicht mehr! wird nun kein freund ge-funden Der vor mich bitten darff! kom’t feinde! kom’t vnd ſchawt Wie dieſer Armen macht vor welcher euch gegrawt Wie der/der ewer Reich mit ſchrecken hat beweget/ Der furcht in ewrer Feſt’ vnd Seelen hat erꝛeget: So jaͤmmerlich verfall. Jhr grauſen geiſter rufft/ Rufft froͤlich uͤber mir! zu brecht die feſte grufft/ Jn die euch ſterben ſchleußt! kom’t laͤngſt-erblaß’te Helden! Die dieſe Fauſt entſeel’t. Helfft durch gantz Perſen melden: Das allzuhartes Recht! daß haß vnd toller neydt Den holtz ſtoß auffgeſez’t/ auf dem die tapfferkeit/ Vnd tugend/ vnd was wir den grund der Throne nennen; Ein vnverzagtes Hertz/ wird mit mir jetzt verbrennen. I. Richt. Nun fort! Mich. Ach noch ein wort. II. Vmb- ſonſt. Mich. Ein wort mein Fuͤrſt. Ein wort Leo. ſag an. Mich. Dein Knecht den du vertil- gen wirſt/ Vorhin dein rẽchter Arm! vorhin der Feinde zittern. Eh’ jhn deß Himmels zorn mit ſchweren Vngewittern So grauſamb uͤberfiel/ ſinckt vor dir auf die Knie/ Vnd wuͤndſcht/ (nicht daß man jhn dem vntergang entzih’. (doch ach! wo denck ich hin!) er wuͤndſcht/ nicht daß man mind’re Der langen marter grim/ daß man dieſchmertzenlind’re. Er wuͤndſch’t vor ſo viel dienſt nur ein kurtze zeit! Man goͤnu’ in dem mein grab/ die flamme/ wird bereit/ Daß ich zu guter letzt an meine Kinder ſchreibe: Vnd lehre/ durch papier/ wo ich/ jhr Vater bleibe. Wofern dein hoher zorn/ nicht wil daß es geſcheh. Daß ich die ſuͤſſe ſchar vor meinem ende ſeh. II. Richt. Er ſuch’t nur außflucht! Mich. Ach! wie wolt’ ich doch entflihen! II. Richt. Jch ſag er wil der Pein durch aufſchub ſich ent- ziehen. Mich. Die zeit iſt viel zu eng/ zu einer ſolchen that. III. Richt. Jn einem augenblick ſchafft offt die boßheit rath. Mich. Der/ den die boßheit ſchreck’t/ muß ſtets in argwohn zagen. IV. Richt.
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TrawrSpiel.
Ken’t mich der Fuͤrſt nicht mehr! wird nun kein freund ge-
funden
Der vor mich bitten darff! kom’t feinde! kom’t vnd ſchawt
Wie dieſer Armen macht vor welcher euch gegrawt
Wie der/der ewer Reich mit ſchrecken hat beweget/
Der furcht in ewrer Feſt’ vnd Seelen hat erꝛeget:
So jaͤmmerlich verfall. Jhr grauſen geiſter rufft/
Rufft froͤlich uͤber mir! zu brecht die feſte grufft/
Jn die euch ſterben ſchleußt! kom’t laͤngſt-erblaß’te Helden!
Die dieſe Fauſt entſeel’t. Helfft durch gantz Perſen melden:
Das allzuhartes Recht! daß haß vnd toller neydt
Den holtz ſtoß auffgeſez’t/ auf dem die tapfferkeit/
Vnd tugend/ vnd was wir den grund der Throne nennen;
Ein vnverzagtes Hertz/ wird mit mir jetzt verbrennen.
I. Richt. Nun fort!
Mich. Ach noch ein wort.
II. Vmb-
ſonſt.
Mich. Ein wort mein Fuͤrſt.
Ein wort
Leo. ſag an.
Mich. Dein Knecht den du vertil-
gen wirſt/
Vorhin dein rẽchter Arm! vorhin der Feinde zittern.
Eh’ jhn deß Himmels zorn mit ſchweren Vngewittern
So grauſamb uͤberfiel/ ſinckt vor dir auf die Knie/
Vnd wuͤndſcht/ (nicht daß man jhn dem vntergang entzih’.
(doch ach! wo denck ich hin!) er wuͤndſcht/ nicht daß man
mind’re
Der langen marter grim/ daß man dieſchmertzenlind’re.
Er wuͤndſch’t vor ſo viel dienſt nur ein kurtze zeit!
Man goͤnu’ in dem mein grab/ die flamme/ wird bereit/
Daß ich zu guter letzt an meine Kinder ſchreibe:
Vnd lehre/ durch papier/ wo ich/ jhr Vater bleibe.
Wofern dein hoher zorn/ nicht wil daß es geſcheh.
Daß ich die ſuͤſſe ſchar vor meinem ende ſeh.
II. Richt. Er ſuch’t nur außflucht!
Mich. Ach! wie wolt’
ich doch entflihen!
II. Richt. Jch ſag er wil der Pein durch aufſchub ſich ent-
ziehen.
Mich. Die zeit iſt viel zu eng/ zu einer ſolchen that.
III. Richt. Jn einem augenblick ſchafft offt die boßheit rath.
Mich. Der/ den die boßheit ſchreck’t/ muß ſtets in argwohn
zagen.
IV. Richt.
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