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Gryphius, Andreas: Teutsche Reim-Gedichte. Frankfurt (Main), 1650.

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Das dritte Buch.
Thu Rechnung Mensch/ von Leib vnd Geist/ von reden/ le-
sen/ thun vnd schreiben.
Wen solte nicht dein harter Spruch in deß verzweifelns Ab-
grund treiben!
Doch wann/ du/ der in Knechts gestalt volkommen hat
sein Ampt vollbracht
Mir dein genung-thunselbst anbeutst/ wird wenn der heisse
zorn erwacht
Sich der so scharffen Kläger Schaar vmbsonst an diese
Seele reiben.
Waar ists/ daß ich deß Höchsten Gutt gar vnbedacht-
samb hier verschwendt
Doch schaw' ich Licht in dieser Nacht/ das alle trübe Wol-
cken treun't.
Wenn dein genungthun/ was mir fehlt/ Mein süsser IESu
wil ersetzen.
Gib vnter dessen/ gib daß ich dein Gutt so anwend in der
Welt
Daß wenn der abgelebte Leib hier nicht mehr Hauß auf
Erden hält
Der Geist sich für vnd für bey dir in ew'ger Hütten mög er-
getzen.
XLVII. Auf den Sontag deß mitleidenden Ey-
verers/ oder X. Sontag nach dem Fest der H.
Dreyeinigkeit. Lue. 19.
ACh mein Licht! wo rührt es her? daß du dich so hoch betrü-
best?
Meine Lust! was kräncket dich? was beschwehr't dein sanf-
tes Hertz
Bin ich schuld an dieser angst/ daß ich vnbedacht verschertz
Diese gnadenzeit in der du mir raum zur Busse giebest?
Jch erkenn' ich bin nicht werth/ daß du heimbsuchst; daß du
liebest
Meine blind vnd taube Seel! ach all-sichtb're Lebenskertz

Ach
P v
Das dritte Buch.
Thu Rechnung Menſch/ von Leib vnd Geiſt/ von reden/ le-
ſen/ thun vnd ſchreiben.
Wen ſolte nicht dein harter Spruch in deß verzweifelns Ab-
grund treiben!
Doch wann/ du/ der in Knechts geſtalt volkommen hat
ſein Ampt vollbracht
Mir dein genung-thunſelbſt anbeutſt/ wird wenn der heiſſe
zorn erwacht
Sich der ſo ſcharffen Klaͤger Schaar vmbſonſt an dieſe
Seele reiben.
Waar iſts/ daß ich deß Hoͤchſten Gutt gar vnbedacht-
ſamb hier verſchwendt
Doch ſchaw’ ich Licht in dieſer Nacht/ das alle truͤbe Wol-
cken treun’t.
Wenn dein genungthun/ was mir fehlt/ Mein ſuͤſſer IESu
wil erſetzen.
Gib vnter deſſen/ gib daß ich dein Gutt ſo anwend in der
Welt
Daß wenn der abgelebte Leib hier nicht mehr Hauß auf
Erden haͤlt
Der Geiſt ſich fuͤr vnd fuͤr bey dir in ew’ger Huͤtten moͤg er-
getzen.
XLVII. Auf den Sontag deß mitleidendẽ Ey-
verers/ oder X. Sontag nach dem Feſt der H.
Dreyeinigkeit. Lue. 19.
ACh mein Licht! wo ruͤhrt es her? daß du dich ſo hoch betruͤ-
beſt?
Meine Luſt! was kraͤncket dich? was beſchwehr’t dein ſanf-
tes Hertz
Bin ich ſchuld an dieſer angſt/ daß ich vnbedacht verſchertz
Dieſe gnadenzeit in der du mir raum zur Buſſe giebeſt?
Jch erkenn’ ich bin nicht werth/ daß du heimbſuchſt; daß du
liebeſt
Meine blind vnd taube Seel! ach all-ſichtb’re Lebenskertz

Ach
P v
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[225/0237] Das dritte Buch. Thu Rechnung Menſch/ von Leib vnd Geiſt/ von reden/ le- ſen/ thun vnd ſchreiben. Wen ſolte nicht dein harter Spruch in deß verzweifelns Ab- grund treiben! Doch wann/ du/ der in Knechts geſtalt volkommen hat ſein Ampt vollbracht Mir dein genung-thunſelbſt anbeutſt/ wird wenn der heiſſe zorn erwacht Sich der ſo ſcharffen Klaͤger Schaar vmbſonſt an dieſe Seele reiben. Waar iſts/ daß ich deß Hoͤchſten Gutt gar vnbedacht- ſamb hier verſchwendt Doch ſchaw’ ich Licht in dieſer Nacht/ das alle truͤbe Wol- cken treun’t. Wenn dein genungthun/ was mir fehlt/ Mein ſuͤſſer IESu wil erſetzen. Gib vnter deſſen/ gib daß ich dein Gutt ſo anwend in der Welt Daß wenn der abgelebte Leib hier nicht mehr Hauß auf Erden haͤlt Der Geiſt ſich fuͤr vnd fuͤr bey dir in ew’ger Huͤtten moͤg er- getzen. XLVII. Auf den Sontag deß mitleidendẽ Ey- verers/ oder X. Sontag nach dem Feſt der H. Dreyeinigkeit. Lue. 19. ACh mein Licht! wo ruͤhrt es her? daß du dich ſo hoch betruͤ- beſt? Meine Luſt! was kraͤncket dich? was beſchwehr’t dein ſanf- tes Hertz Bin ich ſchuld an dieſer angſt/ daß ich vnbedacht verſchertz Dieſe gnadenzeit in der du mir raum zur Buſſe giebeſt? Jch erkenn’ ich bin nicht werth/ daß du heimbſuchſt; daß du liebeſt Meine blind vnd taube Seel! ach all-ſichtb’re Lebenskertz Ach P v

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Zitationshilfe: Gryphius, Andreas: Teutsche Reim-Gedichte. Frankfurt (Main), 1650, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_leoarmenius_1650/237>, abgerufen am 27.04.2024.