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Gryphius, Andreas: Teutsche Reim-Gedichte. Frankfurt (Main), 1650.

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Leo Armenius
Bald für/ bald wider jhn/ vnd jhn vom hofe jagt/
Wenn sich das spiel verkehrt. Man muß den todtfeind ehren/
Mit blinden Augen sehn/ mit tauben ohren hören.
Man muß/ wie sehr das Hertz von zorn vnd eyver bren't/
Jn worten sittsam seyn/ vnd den/ der Regiment
Vnd Cron mit füssen tritt/ zu Ehrenämptern heben;
Wie offt ist diese schuld dem Lästerer vergeben!
Wie offt! was klagen wir! hie hilfft kein klagen nicht/
Nur ein geschwinder Rath:
Nicand. Brich eh' er selber
bricht:
Leo. Wer wird nicht wenn er stürb' ohn Vrtheil jn beklagen.
Nic. Ein Printz muß nicht so viel nach leichten wortenfragen!
Leo. Ein leichtes wort richt offt nicht leichten auffruhr an.
Exabol. Volck/ Haubtman/ Roß vnd Knecht siht nur auf
diesen Mann.
Man stell jhn auf der Burg gebunden für gerichte.
Leo. Wie? wenn er wie vorhin die klagen macht zu nichte?
Exabol. Die auflag ist zu klar! Leo. Nechst auch/ doch kam
er loß.
Nicand. Drumb schnaubt er Rach' vnd Mord. Leo. sein an-
hang ist zu groß.
Exabol. Wem man den Kopff abschlegt/ dem kan kein glid
mehr schaden.
Leo. Jch würde vieler haß vnd feindschafft auff mich laden.
Exab. Man sieht nach keinen haß/ wen's Cron vnd Zepter gilt.
Leo. Er hat Sud/ Ost vnd West mit seinem Ruhm erfüllt.
Exabol. Jtzt wird Sud/ Ost vnd West verfluchen sein ver-
brechen.
Leo. Wo fern nur Ost vnd West nicht seine Straffe rechen.
Exabol. Ein vogel fleucht den baum/ auf den der donner
schlägt.
Leo. Der grosse wüste wald wird durch den schlag bewegt.
Exabol. Bewegt vnd auch erschröckt. Man lernt die Klip-
pen meiden
An der ein frembder Mast hat müssen schiffbruch leiden.
Leo. Er hat den knopf deß schwerdts/ wir leider nur die scheid.
Exabol. Halt fest eh' alß er sticht. Es heist schneid oder leid.
Leo. Wer wird die freche Faust in eisen schliessen können?

Exabol.
Leo Armenius
Bald fuͤr/ bald wider jhn/ vnd jhn vom hofe jagt/
Wenn ſich das ſpiel verkehrt. Man muß den todtfeind ehren/
Mit blinden Augen ſehn/ mit tauben ohren hoͤren.
Man muß/ wie ſehr das Hertz von zorn vnd eyver bren’t/
Jn worten ſittſam ſeyn/ vnd den/ der Regiment
Vnd Cron mit fuͤſſen tritt/ zu Ehrenaͤmptern heben;
Wie offt iſt dieſe ſchuld dem Laͤſterer vergeben!
Wie offt! was klagen wir! hie hilfft kein klagen nicht/
Nur ein geſchwinder Rath:
Nicand. Brich eh’ er ſelber
bricht:
Leo. Wer wird nicht wenn er ſtuͤrb’ ohn Vrtheil jn beklagen.
Nic. Ein Printz muß nicht ſo viel nach leichten wortenfragẽ!
Leo. Ein leichtes wort richt offt nicht leichten auffruhr an.
Exabol. Volck/ Haubtman/ Roß vnd Knecht ſiht nur auf
dieſen Mann.
Man ſtell jhn auf der Burg gebunden fuͤr gerichte.
Leo. Wie? wenn er wie vorhin die klagen macht zu nichte?
Exabol. Die auflag iſt zu klar! Leo. Nechſt auch/ doch kam
er loß.
Nicand. Drumb ſchnaubt er Rach’ vnd Mord. Leo. ſein an-
hang iſt zu groß.
Exabol. Wem man den Kopff abſchlegt/ dem kan kein glid
mehr ſchaden.
Leo. Jch wuͤrde vieler haß vnd feindſchafft auff mich laden.
Exab. Man ſieht nach keinẽ haß/ wen’s Cron vnd Zepter gilt.
Leo. Er hat Sud/ Oſt vnd Weſt mit ſeinem Ruhm erfuͤllt.
Exabol. Jtzt wird Sud/ Oſt vnd Weſt verfluchen ſein ver-
brechen.
Leo. Wo fern nur Oſt vnd Weſt nicht ſeine Straffe rechen.
Exabol. Ein vogel fleucht den baum/ auf den der donner
ſchlaͤgt.
Leo. Der groſſe wuͤſte wald wird durch den ſchlag bewegt.
Exabol. Bewegt vnd auch erſchroͤckt. Man lernt die Klip-
pen meiden
An der ein frembder Maſt hat muͤſſen ſchiffbruch leiden.
Leo. Er hat dẽ knopf deß ſchwerdts/ wir leider nur die ſcheid.
Exabol. Halt feſt eh’ alß er ſticht. Es heiſt ſchneid oder leid.
Leo. Wer wird die freche Fauſt in eiſen ſchlieſſen koͤnnen?

Exabol.
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[6/0018] Leo Armenius Bald fuͤr/ bald wider jhn/ vnd jhn vom hofe jagt/ Wenn ſich das ſpiel verkehrt. Man muß den todtfeind ehren/ Mit blinden Augen ſehn/ mit tauben ohren hoͤren. Man muß/ wie ſehr das Hertz von zorn vnd eyver bren’t/ Jn worten ſittſam ſeyn/ vnd den/ der Regiment Vnd Cron mit fuͤſſen tritt/ zu Ehrenaͤmptern heben; Wie offt iſt dieſe ſchuld dem Laͤſterer vergeben! Wie offt! was klagen wir! hie hilfft kein klagen nicht/ Nur ein geſchwinder Rath: Nicand. Brich eh’ er ſelber bricht: Leo. Wer wird nicht wenn er ſtuͤrb’ ohn Vrtheil jn beklagen. Nic. Ein Printz muß nicht ſo viel nach leichten wortenfragẽ! Leo. Ein leichtes wort richt offt nicht leichten auffruhr an. Exabol. Volck/ Haubtman/ Roß vnd Knecht ſiht nur auf dieſen Mann. Man ſtell jhn auf der Burg gebunden fuͤr gerichte. Leo. Wie? wenn er wie vorhin die klagen macht zu nichte? Exabol. Die auflag iſt zu klar! Leo. Nechſt auch/ doch kam er loß. Nicand. Drumb ſchnaubt er Rach’ vnd Mord. Leo. ſein an- hang iſt zu groß. Exabol. Wem man den Kopff abſchlegt/ dem kan kein glid mehr ſchaden. Leo. Jch wuͤrde vieler haß vnd feindſchafft auff mich laden. Exab. Man ſieht nach keinẽ haß/ wen’s Cron vnd Zepter gilt. Leo. Er hat Sud/ Oſt vnd Weſt mit ſeinem Ruhm erfuͤllt. Exabol. Jtzt wird Sud/ Oſt vnd Weſt verfluchen ſein ver- brechen. Leo. Wo fern nur Oſt vnd Weſt nicht ſeine Straffe rechen. Exabol. Ein vogel fleucht den baum/ auf den der donner ſchlaͤgt. Leo. Der groſſe wuͤſte wald wird durch den ſchlag bewegt. Exabol. Bewegt vnd auch erſchroͤckt. Man lernt die Klip- pen meiden An der ein frembder Maſt hat muͤſſen ſchiffbruch leiden. Leo. Er hat dẽ knopf deß ſchwerdts/ wir leider nur die ſcheid. Exabol. Halt feſt eh’ alß er ſticht. Es heiſt ſchneid oder leid. Leo. Wer wird die freche Fauſt in eiſen ſchlieſſen koͤnnen? Exabol.

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Zitationshilfe: Gryphius, Andreas: Teutsche Reim-Gedichte. Frankfurt (Main), 1650, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_leoarmenius_1650/18>, abgerufen am 29.03.2024.