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Gryphius, Andreas: Teutsche Reim-Gedichte. Frankfurt (Main), 1650.

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Das Erste Buch.
Soll ich HERR/ dein antlitz nicht mehr schawen?
Hab ich nicht O Heylandt/) mein vertrawen
Stets auff dich gegründet fest?
2. Ach/ wie lange soll in tausendt plagen/
Vnter deines grimmes donnerkeilen/
Vnd Höllenheissen Schwefel pfeilen
Jch mein jmmerwehrendt weh beklagen?
Ach wie müd' ist mein gemüt von sorgen!
Welches plötzlich alle morgen/
Angst vnd Elendt vberfält.
Jst wol eine trübsal zu ergründen/
Wirdt man auch ein vnglück können finden.
Das mich nicht in klawen hält?
3. Doch ich möchte dis noch alles leiden:
Das sich aber meine feind' erheben
Weil ich in höchster qual muß leben/
Daß so frölich jauchtzen/ die mich neiden;
Dis/ dis wil mir leib vnd Geist durchdringen/
Vnd mich zum verzweifeln bringen.
Mein GOTT! ach mein grosser GOtt!
Wofern dein gemüte zu erweichen:
Wofern eine gnade zu erreichen
Schawe doch auff meinen spott.
4. Welt ade es ist vmb mich geschehen!
Meine krafft weicht/ vnd die Augen brechen/
Die Zunge kan kein wort mehr sprechen:
Der Todt hat mich jhm zum raub' ersehen.
Ach HERR! einen strall nur/ deiner gütte/
Wündtscht mein sterbendes gemüte
Brich doch an du lebens licht!
Mein feind wird es seiner macht zu schreiben/
Wo ich muß im staube liegen bleiben.
Dulde doch sein pochen nicht.
5. Nun ich weis/ du wirst mir nicht abschlagen/
Was ich jtzt/ mit halberstarter zungen/
Vnd pfnüchtzend habe vorgedrungen.
Deine gnade kennet kein versagen/
Alle welt weis deine trew zu preisen/
Die
G v
Das Erſte Buch.
Soll ich HERR/ dein antlitz nicht mehr ſchawen?
Hab ich nicht O Heylandt/) mein vertrawen
Stets auff dich gegruͤndet feſt?
2. Ach/ wie lange ſoll in tauſendt plagen/
Vnter deines grimmes donnerkeilen/
Vnd Hoͤllenheiſſen Schwefel pfeilen
Jch mein jmmerwehrendt weh beklagen?
Ach wie muͤd’ iſt mein gemuͤt von ſorgen!
Welches ploͤtzlich alle morgen/
Angſt vnd Elendt vberfaͤlt.
Jſt wol eine truͤbſal zu ergruͤnden/
Wirdt man auch ein vngluͤck koͤnnen finden.
Das mich nicht in klawen haͤlt?
3. Doch ich moͤchte dis noch alles leiden:
Das ſich aber meine feind’ erheben
Weil ich in hoͤchſter qual muß leben/
Daß ſo froͤlich jauchtzen/ die mich neiden;
Dis/ dis wil mir leib vnd Geiſt durchdringen/
Vnd mich zum verzweifeln bringen.
Mein GOTT! ach mein groſſer GOtt!
Wofern dein gemuͤte zu erweichen:
Wofern eine gnade zu erꝛeichen
Schawe doch auff meinen ſpott.
4. Welt ade es iſt vmb mich geſchehen!
Meine krafft weicht/ vnd die Augen brechen/
Die Zunge kan kein wort mehr ſprechen:
Der Todt hat mich jhm zum raub’ erſehen.
Ach HERR! einen ſtrall nur/ deiner guͤtte/
Wuͤndtſcht mein ſterbendes gemuͤte
Brich doch an du lebens licht!
Mein feind wird es ſeiner macht zu ſchreiben/
Wo ich muß im ſtaube liegen bleiben.
Dulde doch ſein pochen nicht.
5. Nun ich weis/ du wirſt mir nicht abſchlagen/
Was ich jtzt/ mit halberſtarter zungen/
Vnd pfnuͤchtzend habe vorgedrungen.
Deine gnade kennet kein verſagen/
Alle welt weis deine trew zu preiſen/
Die
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[97/0109] Das Erſte Buch. Soll ich HERR/ dein antlitz nicht mehr ſchawen? Hab ich nicht O Heylandt/) mein vertrawen Stets auff dich gegruͤndet feſt? 2. Ach/ wie lange ſoll in tauſendt plagen/ Vnter deines grimmes donnerkeilen/ Vnd Hoͤllenheiſſen Schwefel pfeilen Jch mein jmmerwehrendt weh beklagen? Ach wie muͤd’ iſt mein gemuͤt von ſorgen! Welches ploͤtzlich alle morgen/ Angſt vnd Elendt vberfaͤlt. Jſt wol eine truͤbſal zu ergruͤnden/ Wirdt man auch ein vngluͤck koͤnnen finden. Das mich nicht in klawen haͤlt? 3. Doch ich moͤchte dis noch alles leiden: Das ſich aber meine feind’ erheben Weil ich in hoͤchſter qual muß leben/ Daß ſo froͤlich jauchtzen/ die mich neiden; Dis/ dis wil mir leib vnd Geiſt durchdringen/ Vnd mich zum verzweifeln bringen. Mein GOTT! ach mein groſſer GOtt! Wofern dein gemuͤte zu erweichen: Wofern eine gnade zu erꝛeichen Schawe doch auff meinen ſpott. 4. Welt ade es iſt vmb mich geſchehen! Meine krafft weicht/ vnd die Augen brechen/ Die Zunge kan kein wort mehr ſprechen: Der Todt hat mich jhm zum raub’ erſehen. Ach HERR! einen ſtrall nur/ deiner guͤtte/ Wuͤndtſcht mein ſterbendes gemuͤte Brich doch an du lebens licht! Mein feind wird es ſeiner macht zu ſchreiben/ Wo ich muß im ſtaube liegen bleiben. Dulde doch ſein pochen nicht. 5. Nun ich weis/ du wirſt mir nicht abſchlagen/ Was ich jtzt/ mit halberſtarter zungen/ Vnd pfnuͤchtzend habe vorgedrungen. Deine gnade kennet kein verſagen/ Alle welt weis deine trew zu preiſen/ Die G v

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Zitationshilfe: Gryphius, Andreas: Teutsche Reim-Gedichte. Frankfurt (Main), 1650, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_leoarmenius_1650/109>, abgerufen am 28.11.2024.