Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gryphius, Andreas: Horribilicribrifax. Breslau, 1665.

Bild:
<< vorherige Seite
Horribilicribrifax
Florian. Jch will sehen/ ob gut Wetter ist/ Jungfrau Sele-
nissa,
umb welche Zeit des Abends schlägt es
sechse.
Anton. Wenn es vier Viertel nach fünffen geschlagen
hat.
Selenissa. Bringest du mir keinen Brieff/ mein Kind?
Florian. Bin ich euer Kind? so seyd ihr meine Mutter:
warumb habt ihr mich den keinmal geküsset?
Selenissa. Wo du mir einen guten Brieff bringst/ so will
ich dich zweymahl küssen!
Florian. O ich habe einen schönen Brieff mit rothem Lack
zugesiegelt. Jn meines Herren Schreibekam-
mer ligen etliche tausend Brieffe; wo Jhr
mich für jedweden küssen wollet/ wil ich euch mor-
gen beyde Hosen Säcke und mein Hembde voll
bringen/ aber für die grossen/ an welchen die Schö-
nen Siegel hangen/ müsset ihr mich viermal küs-
sen.
Selenissa. Hast du denn letzunder keinen Brieff bey dir?
Florian. Ja/ ja/ mein Herr hat mir einen gegeben.
Selenissa. Laß mich den Brieff sehen!
Florian. Jhr müsset mir zuvor Tranckgeld geben.
Selen. Du solt auff meiner Hochzeit mit mir tantzen.
Florian. Nein/ ich tantze nur mit meiner Rosinen! dis ist
der Brieff.
Anton. Es ist seine eigne Hand.
Florian. Guten tag/ guten Tag! ich muß fort! Morgen
umb zwey zu Mittage/ wenn Mitternacht ist/
wil ich widerkommen/ und mehr Brieffe mitbrin-
gen.
Antonia. Laß schauen/ was hat er geschrieben.
Selenissa. O ich bin des Todes!
Florian. Lustig ihr Himmel/ ich habe gewonnen
Sie/ die Durchlauchtigste unter der Sonnen:
Lustig ihr Sternen/ ich werde sie haben:
Welche die Götter und Geister begaben.

Gehet singend hinein.
Sele-
Horribilicribrifax
Florian. Jch will ſehen/ ob gut Wetter iſt/ Jungfrau Sele-
niſſa,
umb welche Zeit des Abends ſchlaͤgt es
ſechſe.
Anton. Wenn es vier Viertel nach fuͤnffen geſchlagen
hat.
Seleniſſa. Bringeſt du mir keinen Brieff/ mein Kind?
Florian. Bin ich euer Kind? ſo ſeyd ihr meine Mutter:
warumb habt ihr mich den keinmal gekuͤſſet?
Seleniſſa. Wo du mir einen guten Brieff bringſt/ ſo will
ich dich zweymahl kuͤſſen!
Florian. O ich habe einen ſchoͤnen Brieff mit rothem Lack
zugeſiegelt. Jn meines Herren Schreibekam-
mer ligen etliche tauſend Brieffe; wo Jhr
mich fuͤr jedweden kuͤſſen wollet/ wil ich euch mor-
gen beyde Hoſen Saͤcke und mein Hembde voll
bringen/ aber fuͤr die groſſen/ an welchen die Schoͤ-
nen Siegel hangen/ muͤſſet ihr mich viermal kuͤſ-
ſen.
Seleniſſa. Haſt du denn letzunder keinen Brieff bey dir?
Florian. Ja/ ja/ mein Herr hat mir einen gegeben.
Seleniſſa. Laß mich den Brieff ſehen!
Florian. Jhr muͤſſet mir zuvor Tranckgeld geben.
Selen. Du ſolt auff meiner Hochzeit mit mir tantzen.
Florian. Nein/ ich tantze nur mit meiner Roſinen! dis iſt
der Brieff.
Anton. Es iſt ſeine eigne Hand.
Florian. Guten tag/ guten Tag! ich muß fort! Morgen
umb zwey zu Mittage/ wenn Mitternacht iſt/
wil ich widerkommen/ und mehr Brieffe mitbrin-
gen.
Antonia. Laß ſchauen/ was hat er geſchrieben.
Seleniſſa. O ich bin des Todes!
Florian. Luſtig ihr Himmel/ ich habe gewonnen
Sie/ die Durchlauchtigſte unter der Sonnen:
Luſtig ihr Sternen/ ich werde ſie haben:
Welche die Goͤtter und Geiſter begaben.

Gehet ſingend hinein.
Sele-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0088" n="72"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#aq">Horribilicribrifax</hi> </fw><lb/>
          <sp who="#FLO">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Florian.</hi> </speaker>
            <p>Jch will &#x017F;ehen/ ob gut Wetter i&#x017F;t/ Jungfrau <hi rendition="#aq">Sele-<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;a,</hi> umb welche Zeit des Abends &#x017F;chla&#x0364;gt es<lb/>
&#x017F;ech&#x017F;e.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ANT">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Anton.</hi> </speaker>
            <p>Wenn es vier Viertel nach fu&#x0364;nffen ge&#x017F;chlagen<lb/>
hat.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#SEL">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Seleni&#x017F;&#x017F;a.</hi> </speaker>
            <p>Bringe&#x017F;t du mir keinen Brieff/ mein Kind?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#FLO">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Florian.</hi> </speaker>
            <p>Bin ich euer Kind? &#x017F;o &#x017F;eyd ihr meine Mutter:<lb/>
warumb habt ihr mich den keinmal geku&#x0364;&#x017F;&#x017F;et?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#SEL">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Seleni&#x017F;&#x017F;a.</hi> </speaker>
            <p>Wo du mir einen guten Brieff bring&#x017F;t/ &#x017F;o will<lb/>
ich dich zweymahl ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<hi rendition="#i">!</hi></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#FLO">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Florian.</hi> </speaker>
            <p>O ich habe einen &#x017F;cho&#x0364;nen Brieff mit rothem Lack<lb/>
zuge&#x017F;iegelt. Jn meines Herren Schreibekam-<lb/>
mer ligen etliche tau&#x017F;end Brieffe; wo Jhr<lb/>
mich fu&#x0364;r jedweden ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wollet/ wil ich euch mor-<lb/>
gen beyde Ho&#x017F;en Sa&#x0364;cke und mein Hembde voll<lb/>
bringen/ aber fu&#x0364;r die gro&#x017F;&#x017F;en/ an welchen die Scho&#x0364;-<lb/>
nen Siegel hangen/ mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;et ihr mich viermal ku&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#SEL">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Seleni&#x017F;&#x017F;a.</hi> </speaker>
            <p>Ha&#x017F;t du denn letzunder keinen Brieff bey dir?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#FLO">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Florian.</hi> </speaker>
            <p>Ja/ ja/ mein Herr hat mir einen gegeben.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#SEL">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Seleni&#x017F;&#x017F;a.</hi> </speaker>
            <p>Laß mich den Brieff &#x017F;ehen!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#FLO">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Florian.</hi> </speaker>
            <p>Jhr mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;et mir zuvor Tranckgeld geben.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#SEL">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Selen.</hi> </speaker>
            <p>Du &#x017F;olt auff meiner Hochzeit mit mir tantzen.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#FLO">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Florian.</hi> </speaker>
            <p>Nein/ ich tantze nur mit meiner Ro&#x017F;inen! dis i&#x017F;t<lb/>
der Brieff.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ANT">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Anton.</hi> </speaker>
            <p>Es i&#x017F;t &#x017F;eine eigne Hand.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#FLO">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Florian.</hi> </speaker>
            <p>Guten tag/ guten Tag! ich muß fort! Morgen<lb/>
umb zwey zu Mittage/ wenn Mitternacht i&#x017F;t/<lb/>
wil ich widerkommen/ und mehr Brieffe mitbrin-<lb/>
gen.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ANT">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Antonia.</hi> </speaker>
            <p>Laß &#x017F;chauen/ was hat er ge&#x017F;chrieben.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#SEL">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Seleni&#x017F;&#x017F;a.</hi> </speaker>
            <p>O ich bin des Todes!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#FLO">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Florian.</hi> </speaker>
            <p>Lu&#x017F;tig ihr Himmel/ ich habe gewonnen<lb/>
Sie/ die Durchlauchtig&#x017F;te unter der Sonnen:<lb/>
Lu&#x017F;tig ihr Sternen/ ich werde &#x017F;ie haben:<lb/>
Welche die Go&#x0364;tter und Gei&#x017F;ter begaben.</p><lb/>
            <stage>Gehet &#x017F;ingend hinein.</stage><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq">Sele-</hi> </fw>
          </sp><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[72/0088] Horribilicribrifax Florian. Jch will ſehen/ ob gut Wetter iſt/ Jungfrau Sele- niſſa, umb welche Zeit des Abends ſchlaͤgt es ſechſe. Anton. Wenn es vier Viertel nach fuͤnffen geſchlagen hat. Seleniſſa. Bringeſt du mir keinen Brieff/ mein Kind? Florian. Bin ich euer Kind? ſo ſeyd ihr meine Mutter: warumb habt ihr mich den keinmal gekuͤſſet? Seleniſſa. Wo du mir einen guten Brieff bringſt/ ſo will ich dich zweymahl kuͤſſen! Florian. O ich habe einen ſchoͤnen Brieff mit rothem Lack zugeſiegelt. Jn meines Herren Schreibekam- mer ligen etliche tauſend Brieffe; wo Jhr mich fuͤr jedweden kuͤſſen wollet/ wil ich euch mor- gen beyde Hoſen Saͤcke und mein Hembde voll bringen/ aber fuͤr die groſſen/ an welchen die Schoͤ- nen Siegel hangen/ muͤſſet ihr mich viermal kuͤſ- ſen. Seleniſſa. Haſt du denn letzunder keinen Brieff bey dir? Florian. Ja/ ja/ mein Herr hat mir einen gegeben. Seleniſſa. Laß mich den Brieff ſehen! Florian. Jhr muͤſſet mir zuvor Tranckgeld geben. Selen. Du ſolt auff meiner Hochzeit mit mir tantzen. Florian. Nein/ ich tantze nur mit meiner Roſinen! dis iſt der Brieff. Anton. Es iſt ſeine eigne Hand. Florian. Guten tag/ guten Tag! ich muß fort! Morgen umb zwey zu Mittage/ wenn Mitternacht iſt/ wil ich widerkommen/ und mehr Brieffe mitbrin- gen. Antonia. Laß ſchauen/ was hat er geſchrieben. Seleniſſa. O ich bin des Todes! Florian. Luſtig ihr Himmel/ ich habe gewonnen Sie/ die Durchlauchtigſte unter der Sonnen: Luſtig ihr Sternen/ ich werde ſie haben: Welche die Goͤtter und Geiſter begaben. Gehet ſingend hinein. Sele-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Das Exemplar stellt den ersten datierten Druck da… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_horribilicribrifax_1663
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_horribilicribrifax_1663/88
Zitationshilfe: Gryphius, Andreas: Horribilicribrifax. Breslau, 1665, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_horribilicribrifax_1663/88>, abgerufen am 22.11.2024.