Gryphius, Andreas: Horribilicribrifax. Breslau, 1665.Horribilicribrifax Selen. Dem sey so! ich wil vor mich von keinem Gelehr- ten wissen. Ein Land-Juncker stünde mir besser an. Antonia. Der seine Hunde lieber siehet/ und die grosse Vieh Mago öffter küsset/ als sein redlich Weib. Jch weis/ daß dir das Maul nach dem Narren- fresser/ dem Auffschneider/ Capitain Lügner/ von der Bernhäuterey/ stincke. Selene. Warumb/ Frau Mutter/ daß sie den redlichen Cavalier verkleinert? ich sehe nicht/ warumb ich ihm nicht günstig seyn solle; Er vermag bey 30000. contenten, weis seine Person zu praesen- tiren, ist bey vornehmen Leuten berühmt und be- liebet. Er -- -- -- Antonia. Er hat dir vielleicht Brieff und Siegel über sein Vermögen gegeben. Selen. was solt er vor Vrsach haben ein mehrers von sich außzugeben als sich in der That befinden möchte? Antonia. Wer auff der Buler vergebenes Reichthumb trauet/ befindet sich in dem Ehestande mit leeren Händen. Selen. Nechst/ als er uns in den Garten tractiret/ war ja der gantze Tisch mit Gold und Silber besetzet. Er streuete Ducaten aus/ als wärens Stroh- Thaler: Die Diamantene Huttschnur und das Gehencke sind allein ein zehn oder zwölfftausend Reichsthaler werth. Antonia. Tochter/ Tochter! ich sehe dein Verderben vor Augen. Selen. Frau Mutter! könnet ihr mir nicht helffen/ so hin- dert mich auffs wenigste nicht an meinem Glück. Jhr werdet anderwerts erfahren müssen/ was euch nicht lieb ist. Antonia. Wehe den Eltern/ die ihre Töchterlin zusehr in der Jugend verzärteln! Selene. Wehe den Töchtern/ die nicht selber ihr bestes suchen/
Horribilicribrifax Selen. Dem ſey ſo! ich wil vor mich von keinem Gelehr- ten wiſſen. Ein Land-Juncker ſtuͤnde mir beſſer an. Antonia. Der ſeine Hunde lieber ſiehet/ und die groſſe Vieh Mago oͤffter kuͤſſet/ als ſein redlich Weib. Jch weis/ daß dir das Maul nach dem Narren- freſſer/ dem Auffſchneider/ Capitain Luͤgner/ von der Bernhaͤuterey/ ſtincke. Selene. Warumb/ Frau Mutter/ daß ſie den redlichen Cavalier verkleinert? ich ſehe nicht/ warumb ich ihm nicht guͤnſtig ſeyn ſolle; Er vermag bey 30000. contenten, weis ſeine Perſon zu præſen- tiren, iſt bey vornehmen Leuten beruͤhmt und be- liebet. Er — — — Antonia. Er hat dir vielleicht Brieff und Siegel uͤber ſein Vermoͤgen gegeben. Selen. was ſolt er vor Vrſach haben ein mehrers von ſich außzugeben als ſich in der That befinden moͤchte? Antonia. Wer auff der Buler vergebenes Reichthumb trauet/ befindet ſich in dem Eheſtande mit leeren Haͤnden. Selen. Nechſt/ als er uns in den Garten tractiret/ war ja der gantze Tiſch mit Gold und Silber beſetzet. Er ſtreuete Ducaten aus/ als waͤrens Stroh- Thaler: Die Diamantene Huttſchnur und das Gehencke ſind allein ein zehn oder zwoͤlfftauſend Reichsthaler werth. Antonia. Tochter/ Tochter! ich ſehe dein Verderben vor Augen. Selen. Frau Mutter! koͤnnet ihr mir nicht helffen/ ſo hin- dert mich auffs wenigſte nicht an meinem Gluͤck. Jhr werdet anderwerts erfahren muͤſſen/ was euch nicht lieb iſt. Antonia. Wehe den Eltern/ die ihre Toͤchterlin zuſehr in der Jugend verzaͤrteln! Selene. Wehe den Toͤchtern/ die nicht ſelber ihr beſtes ſuchen/
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Horribilicribrifax
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Antonia. Der ſeine Hunde lieber ſiehet/ und die groſſe
Vieh Mago oͤffter kuͤſſet/ als ſein redlich Weib.
Jch weis/ daß dir das Maul nach dem Narren-
freſſer/ dem Auffſchneider/ Capitain Luͤgner/ von
der Bernhaͤuterey/ ſtincke.
Selene. Warumb/ Frau Mutter/ daß ſie den redlichen
Cavalier verkleinert? ich ſehe nicht/ warumb ich
ihm nicht guͤnſtig ſeyn ſolle; Er vermag bey
30000. contenten, weis ſeine Perſon zu præſen-
tiren, iſt bey vornehmen Leuten beruͤhmt und be-
liebet. Er — — —
Antonia. Er hat dir vielleicht Brieff und Siegel uͤber ſein
Vermoͤgen gegeben.
Selen. was ſolt er vor Vrſach haben ein mehrers von ſich
außzugeben als ſich in der That befinden moͤchte?
Antonia. Wer auff der Buler vergebenes Reichthumb
trauet/ befindet ſich in dem Eheſtande mit leeren
Haͤnden.
Selen. Nechſt/ als er uns in den Garten tractiret/ war
ja der gantze Tiſch mit Gold und Silber beſetzet.
Er ſtreuete Ducaten aus/ als waͤrens Stroh-
Thaler: Die Diamantene Huttſchnur und das
Gehencke ſind allein ein zehn oder zwoͤlfftauſend
Reichsthaler werth.
Antonia. Tochter/ Tochter! ich ſehe dein Verderben vor
Augen.
Selen. Frau Mutter! koͤnnet ihr mir nicht helffen/ ſo hin-
dert mich auffs wenigſte nicht an meinem Gluͤck.
Jhr werdet anderwerts erfahren muͤſſen/ was euch
nicht lieb iſt.
Antonia. Wehe den Eltern/ die ihre Toͤchterlin zuſehr in
der Jugend verzaͤrteln!
Selene. Wehe den Toͤchtern/ die nicht ſelber ihr beſtes
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