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Grosse, Julius: Vetter Isidor. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 103–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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an der Nordspitze des Lago maggiore. Ich weiß nicht, wie mir zu Muthe war. Wollte sie mich wirklich in das Paradies von Italien entführen und dort erst die Meine sein, wo wir in Sicherheit vor jeder störenden Begegnung mit Deutschen waren?

Endlich waren wir in Magadino -- das Dampfschiff von Arona braus't heran. Die Brücke wird angelegt. Endlich bin ich am Ziel, ruft Frau Julia und läßt ein weißes Tuch wehen: vorwärts, Vetter, sagte sie zu mir, wir eilen über die Brücke auf das Dampfschiff. Da drängt sich unter dem Gewühl der Aussteigenden uns ein Herr entgegen -- ein völlig unbekannter Herr, der schreit auf, als er Julien erblickt, und Julia -- stürzt sich in seine Arme!

Natürlich, und es wird kein Anderer gewesen sein, als Heister, ihr Gatte.

Aber woher wissen Sie, Frau Conrectorin?

Nun, das ließ sich doch schon lange errathen; sie wird doch die Herren einander vorgestellt haben?

Allerdings that sie das, und der Vetter wiederholte es pantomimisch, "mein lieber Mann," und dabei küßte sie ihn von Neuem, "und hier mein Befreier, mein Beschützer, mein Cavalier, Secretär Vetter Isidor Schnittlauch" -- sie hat mir keinen Tropfen des Giftes erspart. Ich muß dagestanden sein wie eine Heerde Schafe, wenn es donnert -- o ich muß eine unsterblich lächerliche Rolle gespielt haben, Frau Conrectorin; schonen Sie meiner nicht, lachen Sie nur zu, lachen Sie nur zu.

an der Nordspitze des Lago maggiore. Ich weiß nicht, wie mir zu Muthe war. Wollte sie mich wirklich in das Paradies von Italien entführen und dort erst die Meine sein, wo wir in Sicherheit vor jeder störenden Begegnung mit Deutschen waren?

Endlich waren wir in Magadino — das Dampfschiff von Arona braus't heran. Die Brücke wird angelegt. Endlich bin ich am Ziel, ruft Frau Julia und läßt ein weißes Tuch wehen: vorwärts, Vetter, sagte sie zu mir, wir eilen über die Brücke auf das Dampfschiff. Da drängt sich unter dem Gewühl der Aussteigenden uns ein Herr entgegen — ein völlig unbekannter Herr, der schreit auf, als er Julien erblickt, und Julia — stürzt sich in seine Arme!

Natürlich, und es wird kein Anderer gewesen sein, als Heister, ihr Gatte.

Aber woher wissen Sie, Frau Conrectorin?

Nun, das ließ sich doch schon lange errathen; sie wird doch die Herren einander vorgestellt haben?

Allerdings that sie das, und der Vetter wiederholte es pantomimisch, „mein lieber Mann,“ und dabei küßte sie ihn von Neuem, „und hier mein Befreier, mein Beschützer, mein Cavalier, Secretär Vetter Isidor Schnittlauch“ — sie hat mir keinen Tropfen des Giftes erspart. Ich muß dagestanden sein wie eine Heerde Schafe, wenn es donnert — o ich muß eine unsterblich lächerliche Rolle gespielt haben, Frau Conrectorin; schonen Sie meiner nicht, lachen Sie nur zu, lachen Sie nur zu.

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[0128] an der Nordspitze des Lago maggiore. Ich weiß nicht, wie mir zu Muthe war. Wollte sie mich wirklich in das Paradies von Italien entführen und dort erst die Meine sein, wo wir in Sicherheit vor jeder störenden Begegnung mit Deutschen waren? Endlich waren wir in Magadino — das Dampfschiff von Arona braus't heran. Die Brücke wird angelegt. Endlich bin ich am Ziel, ruft Frau Julia und läßt ein weißes Tuch wehen: vorwärts, Vetter, sagte sie zu mir, wir eilen über die Brücke auf das Dampfschiff. Da drängt sich unter dem Gewühl der Aussteigenden uns ein Herr entgegen — ein völlig unbekannter Herr, der schreit auf, als er Julien erblickt, und Julia — stürzt sich in seine Arme! Natürlich, und es wird kein Anderer gewesen sein, als Heister, ihr Gatte. Aber woher wissen Sie, Frau Conrectorin? Nun, das ließ sich doch schon lange errathen; sie wird doch die Herren einander vorgestellt haben? Allerdings that sie das, und der Vetter wiederholte es pantomimisch, „mein lieber Mann,“ und dabei küßte sie ihn von Neuem, „und hier mein Befreier, mein Beschützer, mein Cavalier, Secretär Vetter Isidor Schnittlauch“ — sie hat mir keinen Tropfen des Giftes erspart. Ich muß dagestanden sein wie eine Heerde Schafe, wenn es donnert — o ich muß eine unsterblich lächerliche Rolle gespielt haben, Frau Conrectorin; schonen Sie meiner nicht, lachen Sie nur zu, lachen Sie nur zu.

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T10:31:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T10:31:15Z)

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Zitationshilfe: Grosse, Julius: Vetter Isidor. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 103–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grosse_isidor_1910/128>, abgerufen am 23.11.2024.