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Grosse, Julius: Vetter Isidor. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 103–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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blaue Brillen gegen die Blendung des Schnees. Frau Julia wollte zwar anfangs Umstände machen, daß wir in Einen Schlitten zusammen kämen, aber sie mußte sich darein ergeben, und überhaupt hatte sie seit dem letzten Auftritt in Thusis mildere Saiten aufgezogen -- sie duldete es, daß ich meinen Arm um sie legte, als wir durch die unermeßliche Schneewüste fuhren. Ich weiß nicht, was ich in diesen Stunden Alles zu ihr gesagt habe; sie hörte Alles ruhig an und flüsterte nur einmal, indem sie sich wegen ihrer Zurückhaltung entschuldigte: "Morgen werde dieser Zwang zu Ende sein und sich jedes Räthsel lösen." Erst spät in der Nacht erreichten wir Bellinzona, nachdem wir auf der südlichen Höhe des Bernardin abermals die Post bestiegen. Dort war es, wo uns das erste buona sera entgegenklang. -- In dem elenden Albergo all' angelo zu Bellinzona erhielten wir abermals zwei Zimmer mit verblichener Pracht -- kein Fenster und keine Thür schloß vollständig; als dies Frau Julia entdeckte, erklärte sie, aufbleiben zu wollen; sie bestellte Lichter und ein -- Dominospiel, was sagen Sie dazu, Frau Conrectorin? ich war todtmüde und mußte Domino spielen noch die ganze Nacht hindurch; o es war eine Qual ohne Gleichen; aber ich kann sagen, daß mich weniger der Zorn wach hielt als die Neugier, was nun am andern Tage eigentlich geschehen solle. Noch bis gegen Mittag blieben wir in dem verwünschten Nest; endlich sagte Frau Julia: es sei Zeit zum See zu fahren nach Magadino. Der kleine Ort liegt

blaue Brillen gegen die Blendung des Schnees. Frau Julia wollte zwar anfangs Umstände machen, daß wir in Einen Schlitten zusammen kämen, aber sie mußte sich darein ergeben, und überhaupt hatte sie seit dem letzten Auftritt in Thusis mildere Saiten aufgezogen — sie duldete es, daß ich meinen Arm um sie legte, als wir durch die unermeßliche Schneewüste fuhren. Ich weiß nicht, was ich in diesen Stunden Alles zu ihr gesagt habe; sie hörte Alles ruhig an und flüsterte nur einmal, indem sie sich wegen ihrer Zurückhaltung entschuldigte: „Morgen werde dieser Zwang zu Ende sein und sich jedes Räthsel lösen.“ Erst spät in der Nacht erreichten wir Bellinzona, nachdem wir auf der südlichen Höhe des Bernardin abermals die Post bestiegen. Dort war es, wo uns das erste buona sera entgegenklang. — In dem elenden Albergo all' angelo zu Bellinzona erhielten wir abermals zwei Zimmer mit verblichener Pracht — kein Fenster und keine Thür schloß vollständig; als dies Frau Julia entdeckte, erklärte sie, aufbleiben zu wollen; sie bestellte Lichter und ein — Dominospiel, was sagen Sie dazu, Frau Conrectorin? ich war todtmüde und mußte Domino spielen noch die ganze Nacht hindurch; o es war eine Qual ohne Gleichen; aber ich kann sagen, daß mich weniger der Zorn wach hielt als die Neugier, was nun am andern Tage eigentlich geschehen solle. Noch bis gegen Mittag blieben wir in dem verwünschten Nest; endlich sagte Frau Julia: es sei Zeit zum See zu fahren nach Magadino. Der kleine Ort liegt

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[0127] blaue Brillen gegen die Blendung des Schnees. Frau Julia wollte zwar anfangs Umstände machen, daß wir in Einen Schlitten zusammen kämen, aber sie mußte sich darein ergeben, und überhaupt hatte sie seit dem letzten Auftritt in Thusis mildere Saiten aufgezogen — sie duldete es, daß ich meinen Arm um sie legte, als wir durch die unermeßliche Schneewüste fuhren. Ich weiß nicht, was ich in diesen Stunden Alles zu ihr gesagt habe; sie hörte Alles ruhig an und flüsterte nur einmal, indem sie sich wegen ihrer Zurückhaltung entschuldigte: „Morgen werde dieser Zwang zu Ende sein und sich jedes Räthsel lösen.“ Erst spät in der Nacht erreichten wir Bellinzona, nachdem wir auf der südlichen Höhe des Bernardin abermals die Post bestiegen. Dort war es, wo uns das erste buona sera entgegenklang. — In dem elenden Albergo all' angelo zu Bellinzona erhielten wir abermals zwei Zimmer mit verblichener Pracht — kein Fenster und keine Thür schloß vollständig; als dies Frau Julia entdeckte, erklärte sie, aufbleiben zu wollen; sie bestellte Lichter und ein — Dominospiel, was sagen Sie dazu, Frau Conrectorin? ich war todtmüde und mußte Domino spielen noch die ganze Nacht hindurch; o es war eine Qual ohne Gleichen; aber ich kann sagen, daß mich weniger der Zorn wach hielt als die Neugier, was nun am andern Tage eigentlich geschehen solle. Noch bis gegen Mittag blieben wir in dem verwünschten Nest; endlich sagte Frau Julia: es sei Zeit zum See zu fahren nach Magadino. Der kleine Ort liegt

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T10:31:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T10:31:15Z)

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Zitationshilfe: Grosse, Julius: Vetter Isidor. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 103–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grosse_isidor_1910/127>, abgerufen am 23.11.2024.