Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Samuel Greifnson vom Hirschfeld [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Exempel Der unveränderlichen Vorsehung Gottes. [Nürnberg], 1667.

Bild:
<< vorherige Seite

schlosse sie sich die aller deutlichste
Sprach zu gebrauchen/ damit man
auch dem gröbsten Menschen in der
Welt ein so köstliche Wahr/ die sie zu
haben glaubte/ anbieten könte; sie paste
nur auff/ biß Potiphar den gantzen Tag
bey Hof seyn muste/ alsdann getraute
sie schon zu recht zu kommen.

Als solche erwünschte Zeit kam/ zierte
sie sich auffs beste/ und ließ den Joseph
zu sich kommen; so bald sahe sie ihn nicht
an; so bald ward auch ihr Angesicht so
roth wie ein glüende Kohl/ und bald
wider so blaß als ein weiß Tuch: Also
daß Joseph aus solcher Veränderung
wohl lesen konte/ was ihr Meinung
war? Wann sie gleich kein einzigs
Wort gered hätte; Ach Joseph! sagte
sie mit einem hertzbrechenden Seuffzen/
nach dem sie ihn zuvor ein gute weil mit
höchster Andacht angeschauet. Du hast
mich vor deinen Herrn erworben; Aber
wisse/ das mein Hertz sich dir vermählt
hat! Ach Liebstes mein! Wann du seit
derselben Zeit weder meiner Liebbezeu-

gen-
D iiij

ſchloſſe ſie ſich die aller deutlichſte
Sprach zu gebrauchen/ damit man
auch dem groͤbſten Menſchen in der
Welt ein ſo koͤſtliche Wahr/ die ſie zu
haben glaubte/ anbieten koͤnte; ſie paſte
nur auff/ biß Potiphar den gantzen Tag
bey Hof ſeyn muſte/ alsdann getraute
ſie ſchon zu recht zu kommen.

Als ſolche erwuͤnſchte Zeit kam/ zierte
ſie ſich auffs beſte/ und ließ den Joſeph
zu ſich kommen; ſo bald ſahe ſie ihn nicht
an; ſo bald ward auch ihr Angeſicht ſo
roth wie ein gluͤende Kohl/ und bald
wider ſo blaß als ein weiß Tuch: Alſo
daß Joſeph aus ſolcher Veraͤnderung
wohl leſen konte/ was ihr Meinung
war? Wann ſie gleich kein einzigs
Wort gered haͤtte; Ach Joſeph! ſagte
ſie mit einem hertzbrechenden Seuffzen/
nach dem ſie ihn zuvor ein gute weil mit
hoͤchſter Andacht angeſchauet. Du haſt
mich vor deinen Herrn erworben; Aber
wiſſe/ das mein Hertz ſich dir vermaͤhlt
hat! Ach Liebſtes mein! Wann du ſeit
derſelben Zeit weder meiner Liebbezeu-

gen-
D iiij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0079" n="75.[75]"/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ie &#x017F;ich die aller deutlich&#x017F;te<lb/>
Sprach zu gebrauchen/ damit man<lb/>
auch dem gro&#x0364;b&#x017F;ten Men&#x017F;chen in der<lb/>
Welt ein &#x017F;o ko&#x0364;&#x017F;tliche Wahr/ die &#x017F;ie zu<lb/>
haben glaubte/ anbieten ko&#x0364;nte; &#x017F;ie pa&#x017F;te<lb/>
nur auff/ biß Potiphar den gantzen Tag<lb/>
bey Hof &#x017F;eyn mu&#x017F;te/ alsdann getraute<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;chon zu recht zu kommen.</p><lb/>
        <p>Als &#x017F;olche erwu&#x0364;n&#x017F;chte Zeit kam/ zierte<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich auffs be&#x017F;te/ und ließ den Jo&#x017F;eph<lb/>
zu &#x017F;ich kommen; &#x017F;o bald &#x017F;ahe &#x017F;ie ihn nicht<lb/>
an; &#x017F;o bald ward auch ihr Ange&#x017F;icht &#x017F;o<lb/>
roth wie ein glu&#x0364;ende Kohl/ und bald<lb/>
wider &#x017F;o blaß als ein weiß Tuch: Al&#x017F;o<lb/>
daß Jo&#x017F;eph aus &#x017F;olcher Vera&#x0364;nderung<lb/>
wohl le&#x017F;en konte/ was ihr Meinung<lb/>
war? Wann &#x017F;ie gleich kein einzigs<lb/>
Wort gered ha&#x0364;tte; Ach Jo&#x017F;eph! &#x017F;agte<lb/>
&#x017F;ie mit einem hertzbrechenden Seuffzen/<lb/>
nach dem &#x017F;ie ihn zuvor ein gute weil mit<lb/>
ho&#x0364;ch&#x017F;ter Andacht ange&#x017F;chauet. Du ha&#x017F;t<lb/>
mich vor deinen Herrn erworben; Aber<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;e/ das mein Hertz &#x017F;ich dir verma&#x0364;hlt<lb/>
hat! Ach Lieb&#x017F;tes mein! Wann du &#x017F;eit<lb/>
der&#x017F;elben Zeit weder meiner Liebbezeu-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D iiij</fw><fw place="bottom" type="catch">gen-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[75.[75]/0079] ſchloſſe ſie ſich die aller deutlichſte Sprach zu gebrauchen/ damit man auch dem groͤbſten Menſchen in der Welt ein ſo koͤſtliche Wahr/ die ſie zu haben glaubte/ anbieten koͤnte; ſie paſte nur auff/ biß Potiphar den gantzen Tag bey Hof ſeyn muſte/ alsdann getraute ſie ſchon zu recht zu kommen. Als ſolche erwuͤnſchte Zeit kam/ zierte ſie ſich auffs beſte/ und ließ den Joſeph zu ſich kommen; ſo bald ſahe ſie ihn nicht an; ſo bald ward auch ihr Angeſicht ſo roth wie ein gluͤende Kohl/ und bald wider ſo blaß als ein weiß Tuch: Alſo daß Joſeph aus ſolcher Veraͤnderung wohl leſen konte/ was ihr Meinung war? Wann ſie gleich kein einzigs Wort gered haͤtte; Ach Joſeph! ſagte ſie mit einem hertzbrechenden Seuffzen/ nach dem ſie ihn zuvor ein gute weil mit hoͤchſter Andacht angeſchauet. Du haſt mich vor deinen Herrn erworben; Aber wiſſe/ das mein Hertz ſich dir vermaͤhlt hat! Ach Liebſtes mein! Wann du ſeit derſelben Zeit weder meiner Liebbezeu- gen- D iiij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_vorsehung_1667
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_vorsehung_1667/79
Zitationshilfe: Samuel Greifnson vom Hirschfeld [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Exempel Der unveränderlichen Vorsehung Gottes. [Nürnberg], 1667, S. 75.[75]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_vorsehung_1667/79>, abgerufen am 24.11.2024.