German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.Deß Abentheurl. Simplicissimi so gut als ein Schornsteinfeger in den Kaminen auffund ab steigen konte/ (als welches ich von Jugend auff in den holen Bäumen gelernet hatte) stiege ich selb ander auffs Dach/ welches von holen Ziegeln doppelt belegt/ und zu meinem Vorhaben sehr be- quem gebaut war: Jch wickelt meine lange Haar über dem Kopff auff einen Büschel zusammen/ ließ mich mit einem End deß Sails hinunder zu meinem geliebten Speck/ und band einen Schincken nach dem andern/ und eine Speckseite nach der andern an das Sail/ welches der auff dem Dach fein ordentlich zum Dach hinauß fischete/ und den Andern in das Beinhäußlein zu tragen gabe: Aber potz Unstern! da ich allerdings Feyrabend gemacht hatte/ und wie- der übersich wolte/ brach eine Stange mit mir/ also daß der arme Simplicius herunder fiele/ und der elen- de Jäger sich selbst/ wie in einer Maußfallen gefan- gen befande: Meine Cameraden auff dem Dach lies- sen das Sail herunder/ mich wieder hinauff zu zie- hen/ aber es zerbrach/ ehe sie mich vom Boden brach- ten. Jch gedachte/ nun Jäger/ jetzt must du eine Hatz außstehen/ in welcher dir selbst/ wie dem Actae- on, das Fell gewaltig zerrissen wird werden/ dann der Pfarrer war von meinem Fall erwacht/ und be- fohl seiner Köchin/ alsbald ein Liecht anzuzünden: Sie kam im Hemd zu mir in die Küchen/ hatte den Rock über der Achsel hangen/ und stunde so nahe neben mich/ daß sie mich damit rührte; sie griff nach einem Brand/ hielte das Liecht daran/ und fieng an zu blasen/ ich aber bliese viel stärcker zu/ als sie selb- sten/ davon das gute Mensch so erschrack/ daß sie Feur und Liecht fallen liesse/ und sich zu ihrem Herrn reti-
Deß Abentheurl. Simpliciſſimi ſo gut als ein Schornſteinfeger in den Kaminen auffund ab ſteigen konte/ (als welches ich von Jugend auff in den holen Baͤumen gelernet hatte) ſtiege ich ſelb ander auffs Dach/ welches von holen Ziegeln doppelt belegt/ und zu meinem Vorhaben ſehr be- quem gebaut war: Jch wickelt meine lange Haar uͤber dem Kopff auff einen Buͤſchel zuſammen/ ließ mich mit einem End deß Sails hinunder zu meinem geliebten Speck/ und band einen Schincken nach dem andern/ und eine Speckſeite nach der andern an das Sail/ welches der auff dem Dach fein ordentlich zum Dach hinauß fiſchete/ und den Andern in das Beinhaͤußlein zu tragen gabe: Aber potz Unſtern! da ich allerdings Feyrabend gemacht hatte/ und wie- der uͤberſich wolte/ brach eine Stange mit mir/ alſo daß der arme Simplicius herunder fiele/ und der elen- de Jaͤger ſich ſelbſt/ wie in einer Maußfallen gefan- gen befande: Meine Cameraden auff dem Dach lieſ- ſen das Sail herunder/ mich wieder hinauff zu zie- hen/ aber es zerbrach/ ehe ſie mich vom Boden brach- ten. Jch gedachte/ nun Jaͤger/ jetzt muſt du eine Hatz außſtehen/ in welcher dir ſelbſt/ wie dem Actæ- on, das Fell gewaltig zerꝛiſſen wird werden/ dann der Pfarꝛer war von meinem Fall erwacht/ und be- fohl ſeiner Koͤchin/ alsbald ein Liecht anzuzuͤnden: Sie kam im Hemd zu mir in die Kuͤchen/ hatte den Rock uͤber der Achſel hangen/ und ſtunde ſo nahe neben mich/ daß ſie mich damit ruͤhrte; ſie griff nach einem Brand/ hielte das Liecht daran/ und fieng an zu blaſen/ ich aber blieſe viel ſtaͤrcker zu/ als ſie ſelb- ſten/ davon das gute Menſch ſo erſchrack/ daß ſie Feur und Liecht fallen lieſſe/ und ſich zu ihrem Herꝛn reti-
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Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
ſo gut als ein Schornſteinfeger in den Kaminen auff
und ab ſteigen konte/ (als welches ich von Jugend
auff in den holen Baͤumen gelernet hatte) ſtiege ich
ſelb ander auffs Dach/ welches von holen Ziegeln
doppelt belegt/ und zu meinem Vorhaben ſehr be-
quem gebaut war: Jch wickelt meine lange Haar
uͤber dem Kopff auff einen Buͤſchel zuſammen/ ließ
mich mit einem End deß Sails hinunder zu meinem
geliebten Speck/ und band einen Schincken nach dem
andern/ und eine Speckſeite nach der andern an das
Sail/ welches der auff dem Dach fein ordentlich
zum Dach hinauß fiſchete/ und den Andern in das
Beinhaͤußlein zu tragen gabe: Aber potz Unſtern!
da ich allerdings Feyrabend gemacht hatte/ und wie-
der uͤberſich wolte/ brach eine Stange mit mir/ alſo
daß der arme Simplicius herunder fiele/ und der elen-
de Jaͤger ſich ſelbſt/ wie in einer Maußfallen gefan-
gen befande: Meine Cameraden auff dem Dach lieſ-
ſen das Sail herunder/ mich wieder hinauff zu zie-
hen/ aber es zerbrach/ ehe ſie mich vom Boden brach-
ten. Jch gedachte/ nun Jaͤger/ jetzt muſt du eine
Hatz außſtehen/ in welcher dir ſelbſt/ wie dem Actæ-
on, das Fell gewaltig zerꝛiſſen wird werden/ dann
der Pfarꝛer war von meinem Fall erwacht/ und be-
fohl ſeiner Koͤchin/ alsbald ein Liecht anzuzuͤnden:
Sie kam im Hemd zu mir in die Kuͤchen/ hatte den
Rock uͤber der Achſel hangen/ und ſtunde ſo nahe
neben mich/ daß ſie mich damit ruͤhrte; ſie griff nach
einem Brand/ hielte das Liecht daran/ und fieng an
zu blaſen/ ich aber blieſe viel ſtaͤrcker zu/ als ſie ſelb-
ſten/ davon das gute Menſch ſo erſchrack/ daß ſie
Feur und Liecht fallen lieſſe/ und ſich zu ihrem Herꝛn
reti-
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Zitationshilfe: | German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/260>, abgerufen am 23.07.2024. |