German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.Zweytes Buch. allerhand Außflücht suchte/ und meine Wander-schafft vorwandte/ sagte der Meßner oder Glöckner: Du Kerl/ ich sehe dich ehe vor einen verloffenen Sol- daten-Jungen an/ als vor einen Mahler-Gesellen! Jch war solcher Reden nicht mehr gewohnet/ und solte sie doch verschmirtzen/ doch schüttelt ich nur den Kopff ein wenig/ und antwortet ihm: O du Kerl/ gib mir nur geschwind Benfel und Farben her/ so will ich dir in Huy einen Narrn daher gemahlt haben/ wie du einer bist; Der Pfarrer machte ein Gelächter da- rauß/ und sagte zu uns beyden/ es gezieme sich nicht an einem so heiligen Ort einander wahr zu sagen; gab damit zu verstehen/ daß er uns beyden glaubte/ ließ uns noch einen Trunck langen/ und also dahin ziehen. Jch aber liesse mein Hertz bey den Knack- würsten. Wir kamen noch vor Nacht zu unsern Gesellen/ so
Zweytes Buch. allerhand Außfluͤcht ſuchte/ und meine Wander-ſchafft vorwandte/ ſagte der Meßner oder Gloͤckner: Du Kerl/ ich ſehe dich ehe vor einen verloffenen Sol- daten-Jungen an/ als vor einen Mahler-Geſellen! Jch war ſolcher Reden nicht mehr gewohnet/ und ſolte ſie doch verſchmirtzen/ doch ſchuͤttelt ich nur den Kopff ein wenig/ und antwortet ihm: O du Kerl/ gib mir nur geſchwind Benfel und Farben her/ ſo will ich dir in Huy einen Narꝛn daher gemahlt haben/ wie du einer biſt; Der Pfarꝛer machte ein Gelaͤchter da- rauß/ und ſagte zu uns beyden/ es gezieme ſich nicht an einem ſo heiligen Ort einander wahr zu ſagen; gab damit zu verſtehen/ daß er uns beyden glaubte/ ließ uns noch einen Trunck langen/ und alſo dahin ziehen. Jch aber lieſſe mein Hertz bey den Knack- wuͤrſten. Wir kamen noch vor Nacht zu unſern Geſellen/ ſo
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Zweytes Buch.
allerhand Außfluͤcht ſuchte/ und meine Wander-
ſchafft vorwandte/ ſagte der Meßner oder Gloͤckner:
Du Kerl/ ich ſehe dich ehe vor einen verloffenen Sol-
daten-Jungen an/ als vor einen Mahler-Geſellen!
Jch war ſolcher Reden nicht mehr gewohnet/ und
ſolte ſie doch verſchmirtzen/ doch ſchuͤttelt ich nur den
Kopff ein wenig/ und antwortet ihm: O du Kerl/ gib
mir nur geſchwind Benfel und Farben her/ ſo will
ich dir in Huy einen Narꝛn daher gemahlt haben/ wie
du einer biſt; Der Pfarꝛer machte ein Gelaͤchter da-
rauß/ und ſagte zu uns beyden/ es gezieme ſich nicht
an einem ſo heiligen Ort einander wahr zu ſagen;
gab damit zu verſtehen/ daß er uns beyden glaubte/
ließ uns noch einen Trunck langen/ und alſo dahin
ziehen. Jch aber lieſſe mein Hertz bey den Knack-
wuͤrſten.
Wir kamen noch vor Nacht zu unſern Geſellen/
da ich meine Kleider und Gewehr wieder nam/ dem
Hauptmann meine Verꝛichtung erehlet/ und ſechs
gute Kerl außlaſe/ die das Brod heim tragen ſolten
helffen/ wir kamen umb Mitternacht ins Dorff/ und
huben in aller Stille das Brod auß dem Ofen/ weil
wir einen bey uns hatten/ der die Hund bannen konte/
und da wir bey dem Pfarꝛhof voruͤber wolten/ konte
ichs nicht uͤbers Hertz bringen/ ohne Speck weiters
zu paſſirn; Jch ſtund einsmals ſtill/ und betrachtete
mit Fleiß/ ob nicht in deß Pfaffen Kuͤchen zu kom-
men ſeyn moͤchte? ſahe aber keinen andern Eingang
als das Kamin/ welches vor dißmal meine Thuͤr
ſeyn muſte; Wir trugen Brod und Gewehr auff den
Kirchhof ins Beinhauß/ und brachten ein Laiter
und Sail auß einer Scheur zuwegen/ und weil ich
ſo
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